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Schmetterlinge im Gepaeck

Schmetterlinge im Gepaeck

Titel: Schmetterlinge im Gepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Perkins
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rot an. »Ach, ich weiß, das ist total blöd. Norah meinte, an Neujahr …«
    Er runzelt die Stirn und erhebt sich wieder. Sein Schatten streckt sich endlos lang und schmal hinter ihm aus. »Ich meinte es ernst. Es ist schön zu sehen, dass wieder ein bisschen Lola durchschimmert.« Das Stirnrunzeln verwandelt sich in ein sanftes Lächeln. »Das lässt mich hoffen.«
    Und ich kann nicht erklären, warum, aber auf einmal bin ich den Tränen nah. »Aber ich bin doch ich. Ich bemühe mich schon die ganze Zeit, ich zu sein. Ein besseres Ich als vorher.«
    Er zieht die Augenbrauen hoch. »Auf welchem Planeten trägt Lola Nolan denn … keine Farben?«
    Ich deute auf mein Outfit. »Ich hab das auch in Weiß, nur dass du’s weißt.«
    Der Witz verpufft. Cricket hat Mühe, nichts zu sagen. Abby läuft gegen sein linkes Bein und hält es mit aller Kraft fest. Er nimmt sie hoch und setzt sie sich auf die Hüfte.
    Â»Spuck’s aus«, sage ich zu ihm. »Was immer es ist.«
    Cricket nickt bedächtig. »Na schön.« Er ordnet seine Gedanken, bevor er weiterspricht, und sagt es ganz vorsichtig. »Ein guter oder besserer Mensch zu sein oder was immer es sonst ist, das dir Sorgen macht und das du zu kitten versuchst: Das sollte nichts daran ändern, wer du wirklich bist, sondern bedeuten, dass du mehr wie du selbst wirst. Aber diese Lola hier … kenne ich nicht.«
    Mir bleibt das Herz stehen. Ich glaube, ich werde ohnmächtig. Genau das hat Max auch immer gesagt.
    Â»Was?« Cricket merkt auf. »Wann hat er das gesagt?«
    Ich werde wieder rot und blicke ins Gras hinunter. Wenn ich doch nur nicht immer laut mit mir selbst reden würde, wenn ich down bin. »Ich habe ihn nicht mehr gesehen, falls du das meinst. Aber er hat … vorher … gesagt, dass er durch meine ständigen Verkleidungen nicht wüsste, wer ich wirklich bin.«
    Cricket schließt die Augen. Er zittert. Erst nach einem Moment begreife ich, dass er vor Wut zittert. Abby windet sich in seinen Armen. Es macht ihr zu schaffen, dass etwas nicht in Ordnung ist. »Weißt du noch, dass du mir mal gesagt hast, ich hätte eine Gabe, Lola?«
    Ich muss schlucken. »Ja.«
    Er macht die Augen wieder auf und sieht mich fest an. »Du hast auch eine. Und vielleicht glauben manche Leute, sich zu verkleiden würde bedeuten, seine wahre Identität zu verschleiern. Aber ich finde, eine Verkleidung ist wahrhaftiger, als es normale Kleidung je sein kann. Sie sagt nämlich etwas über den Menschen aus, der sie trägt. Ich kannte diese Lola, weil sie dadurch ihre Sehnsüchte, Wünsche und Träume ausgedrückt hat, und die ganze Stadt konnte es sehen. Ich konnte es sehen.«
    Mein Herz klopft mir laut in den Ohren, in der Lunge, in der Kehle.
    Â»Ich vermisse diese Lola«, sagt Cricket.
    Ich gehe einen Schritt auf ihn zu. Er hält den Atem an.
    Dann macht er einen Schritt auf mich zu.
    Â»Ooooh«, sagt Abby.
    Wir blicken nach unten und merken erstaunt, dass er sie noch auf der Hüfte hat, doch sie zeigt in den weißen Winterhimmel. In einem lebhaften Durcheinander aus grünen Federn taucht auf einmal San Franciscos berühmter Schwarm wilder Papageien über dem Dolores Park auf. Die Luft ist voll von schlagenden Flügeln und ohrenbetäubendem Gekreische, und alle Parkbesucher bleiben stehen, um sich das Schauspiel anzusehen. Dann verschwindet der plötzliche Wirbel genauso schnell über den Häusern, wie er gekommen ist.
    Ich drehe mich wieder zu Abby um. Der unerwartete Ausbruch von Farbe, Lärm und Schönheit in ihrer Welt hat sie in ehrfürchtiges Staunen versetzt.

Kapitel neunundzwanzig
    E s ist der Sonntagabend vor dem Schulanfang und meine Eltern haben eine Verabredung. Ich hänge mit Norah vor dem Fernseher rum. Wir gucken uns einen Marathon von Renoviershows an und verdrehen dabei aus unterschiedlichen Gründen die Augen. Norah findet, die umgestalteten Häuser sehen alle spießig und deshalb langweilig aus. Ich finde sie auch langweilig, aber nur weil jeder Ausstatter nach demselben überstrapazierten Handbuch modernen Wohnens zu arbeiten scheint.
    Â»Schön, dass du wieder wie du selbst aussiehst«, sagt Norah in einer Werbepause.
    Ich trage eine blaue Perücke, ein schweizerisches Heidi-Kleid mit Rüschen und dazu die Ärmel eines goldenen Glitzerpullovers aus einem

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