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Schmetterlinge im Gepaeck

Schmetterlinge im Gepaeck

Titel: Schmetterlinge im Gepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Perkins
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Leben sein, dass seine Planung nichts mit der von Calliope zu tun hatte. »Ich hab sie letztes Jahr im Fernsehen gesehen«, sage ich und versuche, nicht so zu klingen, als würde mich die Aussicht beunruhigen, ihn regelmäßig zu sehen. »Weltmeisterschaft. Zweiter Platz, echt beeindruckend.«
    Â»Ja.« Cricket lehnt sich an den Fensterrahmen. Er kratzt sich den Nasenflügel, und ich erkenne eine Nachricht, die er sich auf den linken Handrücken geschrieben hat: WENDESCHALTUNG . »Aber lass sie das bloß nicht hören.«
    Â»Wieso nicht?« Ich betrachte seine Hand. Sieht surrealistisch aus. Er hat sich immer schon rätselhafte Gedächtnishilfen dort hingeschrieben und immer mit demselben schwarzen Filzstift. Manchmal habe ich mir auf meine auch etwas geschrieben, nur um wie er zu sein. Bei dem Gedanken zieht sich mir der Magen zusammen. Ob er das wohl bemerkt hat? Ob ihn Calliope wohl damit aufgezogen hat, wenn ich nicht dabei war?
    Â»Du kennst doch Cal. Alles andere als der erste Platz zählt nicht.« Er richtet sich wieder auf, ist wieder in Bewegung und streckt die Hände in meine Richtung aus. »Aber wie geht’s dir? Tut mir leid, ich habe diese Unterhaltung völlig an mich gerissen.«
    Â»Super. Mir geht’s super!«
    Mir geht’s super? Zwei Jahre voller Rachefantasien und was anderes fällt mir nicht ein? Aber natürlich trage ich in meinen Träumereien auch keine zusammenpassenden Pyjamateile.
    O nein. Ich trage zusammenpassende Pyjamateile.
    Und meine Haare! Ich habe Perückenhaare! Total platt und verschwitzt!
    Alles an diesem Augenblick ist falsch. Eigentlich sollte ich etwas bezaubernd Schönes, Außergewöhnliches tragen. Wir sollten in einem Raum voller Menschen sein, und es sollte ihm den Atem verschlagen, wenn er mich sieht. Ich würde lachen und er würde sich magisch zu mir hingezogen fühlen. Und ich würde überrascht sein, ihn zu sehen, aber vollkommen gleichgültig. Und dann würde Max auftauchen. Seinen Arm um mich legen. Dann würde ich mit wiederhergestellter Ehre gehen, und Cricket würde sich in den Hintern beißen, dass er sich nicht um mich bemüht hat, als er die Gelegenheit dazu hatte.
    Stattdessen sieht er mich ganz seltsam an. Seine Stirn ist gerunzelt, und seine Lippen sind geöffnet, aber das Lächeln ist verschwunden. Das Gesicht macht er immer, wenn er eine schwierige Gleichung lösen muss. Warum sieht er mich so an?
    Â»Und deiner Familie?«, erkundigt er sich. »Wie geht’s denen?«
    Das ist nervig. Dieses Gesicht.
    Â»Ã„hm, gut.« Ich bin selbstsicher und zufrieden. Und über dich hinweg. Vergiss nicht, ich bin über dich hinweg . »Andy hat seinen eigenen Betrieb aufgemacht, er backt ganz herrliche Kuchen in allen Sorten und liefert sie aus. Das läuft ziemlich gut. Und Nathan geht’s wie immer. Gut.« Ich blicke zur Seite, auf die dunkle Straße hinaus. Würde er doch nur aufhören, mich so anzusehen.
    Â»Und Norah?«, fragt er vorsichtig. Feinfühlig.
    Wieder entsteht eine verlegene Pause. Nur wenige Leute wissen von Norah, aber vor Nachbarn kann man bestimmte Dinge eben nicht verheimlichen. Dinge wie meine leibliche Mutter.
    Â»Sie ist … Norah halt. Sie ist unter die Wahrsager gegangen und sagt die Zukunft aus Teeblättern vorher.« Mir wird warm im Gesicht. Wie lange stehen wir hier noch höflich herum? »Sie hat eine Wohnung.«
    Â»Das ist toll, Lola. Ich bin froh, das zu hören.« Und weil er Cricket ist, klingt er wirklich froh. Das ist alles so seltsam. »Siehst du sie oft?«
    Â»Eigentlich nicht. Snoopy habe ich das ganze Jahr noch nicht gesehen.« Ich weiß nicht, warum ich das hinzufüge.
    Â»Ist er immer noch …?«
    Ich nicke. Sein richtiger Name ist Jonathan Head, aber ich habe ihn noch nie jemanden so nennen gehört. Snoopy hat Norah kennengelernt, als sie beide Teenager waren. Außerdem waren sie Alkoholiker, drogenabhängig und obdachlose Gossenpunks. Als er Norah schwängerte, bat sie ihren älteren Bruder um Hilfe. Nathan. Sie wollte mich nicht, aber sie wollte auch nicht abtreiben. Nathan und Andy waren dagegen schon sieben Jahre zusammen und wünschten sich ein Kind. Sie adoptierten mich, und Andy nahm Nathans Nachnamen an, damit wir alle denselben haben.
    Aber ja. Mein Vater Nathan ist biologisch gesehen mein Onkel.
    Meine Eltern haben versucht, Norah zu helfen.

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