Schmetterlingsgeschichten - Chronik I - Genug geschlafen (German Edition)

können. Zusätzlich sollte
eine Evakuierungsstrategie für die Erde überlegt werden. Die verbleibenden Ritter
hier auf der Erde sollten sich im Übrigen schon einmal mit den Hinterlassenschaften
der »alten« Ritter vertraut machen. Wansul hat sich diesbezüglich nur sehr vage
geäußert, doch können wir davon ausgehen, dass hier ein unterirdisches
Verteidigungsareal lauert, mit dem die Union nicht rechnen dürfte.   
      Deswegen,
wenn wir alles zügig schaffen, dürfte die Erde zwar in Gefahr sein, aber nicht
verloren. Wir werden morgen Abend die Rückkehr in die Makau-Galaxie antreten,
sodass wir noch die Dinge erledigen können, die die Ritter und wir mit unserem
Erscheinen ausgelöst haben.«
      In
diesem Augenblick liefen auf ungefähr drei Fernsehsendern die Bilder, als Garth
sich in einen Drachen verwandelt hatte.
    Alle
Anwesenden außer Pharso mussten schmunzeln…Garth brachte ganz verlegen ein »Tschuldigung«
heraus.
      »Ich
denke, das war es vorerst einmal. Alle erhalten natürlich Gelegenheit, zur Erde
wieder runterzugehen und sich zu verabschieden«, beendete er seinen Satz und
schaute dabei Sebastian an. Er wirkte etwas melancholisch, ja abwesend.
      Das
Raumschiff hatte seine ursprünglich versteckte Position verlassen und kreiste
nun in einer näheren Umlaufbahn um die Erde.
      Als
Pharso die letzten Worte sprach, fuhren die Bildschirme nach oben und es
öffnete sich eine riesige Panoramawand mit Ausblick auf die Erde – dem Blauen
Planeten.
      Alle
Anwesenden gingen oder flogen an die Fensterfront und bewunderten den
strahlenden blauen Riesen.
    Blau
war in diesen Zeiten wieder etwas Schönes geworden.
      Die
Einzigen, die nicht sofort zum Fenster gingen, waren Jens und Sarah.
      Sie
gingen an der anderen Seite um den Tisch.
    Endlich
standen sie sich wieder gegenüber.
     
Ob die Zeit in diesem Augenblick wirklich wieder still stand, oder ob es nur
reine Einbildung war, das konnte Stephanus nie wirklich sagen.   
     
Als er jedoch diesen Moment wiedergeben wollte, schrieb er:
     
    Liebe
wird sie finden, Liebe wird sie binden.
     
Raum und Zeit schienen in diesem Augenblick nur ein Spielball der mächtigsten
Einheit des Universums zu sein. Als die Ritterin der Blauen Rose, Dornträgerin
von Asmor, und der Ritter der Blauen Rose, Beschützer von Ostar, sich
gegenüberstanden, schien der Atem jedes bewohnten und unbewohnten Planeten
still zu stehen. Glocken, die eigentlich ruhten, gaben einen einzigen Schlag.
Fahnen, die leblos herunterhingen, streckten sich vor Stolz – überall
passierten ungewöhnliche Dinge, als die beiden sich berührten.
     
Sie streckte ihre Hand aus, und er nahm sie zärtlich. Er führte ihre
Handfläche, die nach Rosen zu duften schien, zu seinem Mund und küsste sie
sanft. Sie hatte das Gefühl, als wäre ein sommerliches Kornfeld in der Nähe.
     
Dann zog er sie heran… und sie waren eins. Verschlungen mit der Zeit.
     
Sie warfen einen Blick zu dem Fenster.
    Ein
wahres Sternschnuppenmeer flog an ihrem Raumschiff vorbei und regnete goldglänzend,
unendlich lange auf die Erde nieder.
     
»Ich liebe dich«, schluchzte Gwendoline.
    »Ich
liebe dich«, hauchte Xamorphus.
     
 Sie waren wieder vereint.
     
    ******

41. Epilog
     
     D ie Techniker arbeiteten allesamt mit höchstem Einsatz.
Sie hatten keine einzige Pause eingelegt. Die Männer hatten eine Möglichkeit
gefunden, alle Speichermedien der Erde unbrauchbar zu machen, die an die Aktion
von den Rittern in Köln erinnerten.
      Indem
sie einen modifizierten elektromagnetischen Impuls in der Hemisphäre erzeugten,
wurden die Speichermedien untauglich. Außerdem hatte Garth seinen
Schmetterlingen einen klaren Auftrag gegeben: Findet alle Arten von
Aufzeichnungen, die von diesem Ereignis berichten. Das heißt: Alle Mitschnitte
der Fernsehsender und alle privaten Aufzeichnungen, die nach der
Reinigungsaktion noch übrig geblieben sind.
     –
Dinge kaputt machen, konnte Schmetterlingen ziemlich Spaß machen. –
      Die
Gruppe hatte sich später noch einmal zusammengefunden und dabei beschlossen,
sich einer speziellen Eigenart der Menschheit zu bedienen: dem Vergessen.
      Ihnen
war klar, dass sie die Erinnerungen nicht auslöschen konnten, und alle hatten
einstimmig gesagt, dass das auch gut wäre. Doch wenn sie zumindest die Bilder
verschwinden lassen könnten, dann würden ihre Gesichter, die der Ritter,
langsam, aber sicher mit der Zeit verschwimmen.
      Dass
das nicht sofort passierte, war ihnen