Schmetterlingsgeschichten - Chronik III - One (German Edition)
wurde. Dann müssen wir nicht so weit
gehen.«
»Fliegen, ich muss nicht so weit fliegen. Ihr müsst ja gehen. Das ist viel
anstrengender. Ich hoffe nur, dass hier auch wirklich so viele Bars und Cafes
sind.«
»Du
willst doch nur mit deiner neuen Entdeckung, dem Zapfhahn, in aller Ruhe
spielen, während wir die beiden Originalfahnen aus dem Plenarsaal holen.«
»Das vermute ich allerdings auch. Ich hab dich gesehen, wie du dich bei der
Aktion in New Orleans unter den Hahn hinter meinem Rücken geklemmt und ihn dann
laufen lassen hast.« »Scheiße«, grummelte Johnny jetzt. War er doch erwischt
worden.
In
dem Moment verharrten alle Neuankömmlinge. Sie hatten die vier Personen entdeckt.
Drei
zielten mit ihren Waffen auf sie.
Doch
Uwe Leidenvoll erkannte sie sofort: »Hallo Frau Bundeskanzlerin.«
******
43.
W ie viele Stunden, ja Tage, hatte er jetzt schon hier
unten verbracht? Professor Kuhte zauste sich die Haare. Er hatte einen Teppich
auf der Zunge, und seine Zähne fühlten sich belegt an. Er konnte nicht genau
sagen, wie oft er gegessen hatte. Für Duschen und Waschen war auf jeden Fall
keine Zeit mehr geblieben. Einem Ritter hatte er auch noch nicht Bescheid
gesagt. Das würde er zu gegebener Zeit nachholen.
Was
er hier gefunden hatte, war revolutionär. Phänomenal geradezu. Wenn er dies
alles durchgegangen war, wollte er diese Information auf jeden Fall der breiten
Öffentlichkeit zugänglich machen. Das war seine Pflicht. Es war ein Erbe. Hier
ging es um die Vergangenheit. Die Männer und Frauen, die diese Texte verfasst
hatten, konnten unmöglich wollen, dass ihre Geschichten hier unten verkamen.
Und dazu jetzt, wo alle nun von der Existenz der Ritter wussten. Außerdem
kannte er das Verlangen von Menschen, beachtet zu werden, Aufmerksamkeit zu
erregen, damit die Blicke, das Interesse ihrer Umwelt auf sie gerichtet wurde,
damit die Gesellschaft Notiz von ihnen nahm. Was konnte er da anderes machen,
als diese Geschichten zu veröffentlichen. Vielleicht am Anfang nur einem
kleinen Kreis offerieren. Man konnte ja Kopien erstellen, um die Originale zu
schützen. Aber hiervon mussten die Menschen erfahren. Ja, das wollte er machen.
Aber erst musste er noch weiterlesen.
Professor
Kuhte legte sein aktuelles Buch »Die Bewohner von Amerika vor dem Datum Null«
beiseite. Er hatte zwei Wasserflaschen dabei, damit sein Verstand nicht
austrocknete. Die erste hatte er bereits geleert. Also griff er zur zweiten
Flasche, schraubte den Deckel auf und nahm einen kräftigen Schluck. Sein Blick
ging wieder zu den Büchern des Thomas Crocket und blieb bei dem Band
»1401-1478« hängen. Jetzt sah er den Untertitel: »Insomnia« - der ihm aber
nichts sagte. Wenn so ein Mehrband endete, dann bekam er vielleicht auch hier
was über das Ende der Ritter, ihrem »Schlafen gehen«, heraus. Auch wenn es nur
ein kleiner Hinweis über das Verteidigungssystem wäre.
Wieder
kratzte er sich am Kopf und schlug das Buch dann auf. Schade, dass die Ritter-Autoren
keine Inhaltsverzeichnisse angelegt hatten. Vielleicht war das ja eine
Erfindung, die die Menschen alleine auf die Beine bekommen hatten?
Jetzt
schaute der Professor wieder in die Linien der Buchstaben hinein und tauchte
dabei in eine Welt, die er realer noch nie gelesen hatte:
»Findest du es nicht ein wenig komisch, dass du als Engländer gegen deine
eigenen Landsleute kämpfst«, fragte das Mädchen Jeanne ihren Begleiter, der
neben ihr ritt. »Nenn mich doch einfach Jacques. He?
Wie wärs? Dann hast du dabei auch kein komisches Gefühl.« »In deiner Gegenwart
hab ich niemals ein komisches Gefühl«, antwortete die Teenagerin, die in
Männerkleidung gehüllt war. »Ganz im Gegenteil…«, dachte sie still weiter. »…es
gibt kein schöneres Gefühl, als wenn du da bist.« Sie seufzte einmal leise und
dann drehte sie sich um. Sie hatte gestern erst einen Nahrungsmitteltransport
anvertraut bekommen, den sie nach Orleans bringen sollte. Sie schrieben das
Jahr 1429. Direkt hinter ihr ritten die beiden Adligen Jeanne de Metz und Bertrand
de Poulengey, die ihnen von Karl VII. mitgegeben worden waren. In der Tasche
hatte sie einen direkten Auftrag, die belagerte Stadt Orleans mit Proviant zu
versorgen. Dazu mussten sie allerdings durch besetzte Teile Frankreichs reiten.
Eigentlich
war es ein Himmelfahrtskommando, das Karl VII. einer sehr jungen Frau
anvertraut hatte, die vorgab, mit dreizehn Jahren Visionen gehabt
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