Schmetterlingsgeschichten - Chronik III - One (German Edition)
fragte: »Ist euer Vater irre?«
Und
wieder war es die Kleinste, die am unerschrockensten und mutigsten war, wie
Sebastian fand. Sie stand auf, und der Fahrt- besser Flugwind schoss ihr in die
langen Haare und die Kleidung. Dann bewegte sie sich sicher und stellte sich
einfach so an den Rand.
Sebastian
bekam große Augen.
»Mist! Wieder die Kleine. Warum immer nur die? Wenn das die Größeren wenigstens
machen würden, dann würde es einfacher sein, sich davor zu drücken. Aber so?«,
schimpfte er mit sich selbst. Er konnte doch nicht Angst davor haben, was sich
ein kleines Mädchen traute.
Und
dann folgte ein Bild, was diese Familie noch nie gesehen hatte und danach auch
nicht wieder vergessen würde. Sebastian drehte sich mit einem Ruck um… und
knallte sich selber mit dem Bauch auf den Boden. Hände und Arme streckte er
weit auseinander. Dann robbte er vorsichtig zuckend wie ein Krebs vor. Als er
am Rand ankam, standen die Füße des stehenden Mädchens unerschrocken neben
seinem deutlich verängstigten Gesicht.
Aber…
er schaute nach unten.
Hatte
er vorher nur den blauen Himmel mit ein paar Wolken gesehen, so konnte er jetzt
einen Blick auf die ganze Oberfläche des Planeten werfen. Zumindest auf den
Teil, der in seinem Sichtbereich war. Und was er dort sah, das wiederum würde
er, Sebastian Feuerstiel aus Meerbusch, nicht wieder vergessen können.
Als
erstes nahm er nur die Berge wahr, wie sie sich senkten und wieder erhoben. Wie
unzählige Ketten, die so viele Berge miteinander verbanden. Deutlich konnte er
den Schnee erkennen. Und wenn er Berg mit Berg verglich, dann fiel ihm sofort
auf, dass die Schneegrenze eine einheitliche Höhe hatte. Wie Puderzucker schien
der Schnee auf dem Planeten verteilt worden zu sein.
Dann
folgte fast überall ein karges Braun-Grau. Hier war von Pflanzenbewuchs
eigentlich keine Rede. Aber je tiefer er einen Berg verfolgte, wenn er sich
nicht auf der Hälfte wieder erhob, um zu einem neuen großen Koloss zu erwachsen,
dann setzte ab einer bestimmten Höhe, die wie mit einem Lineal an den Wänden
eines Berges markiert worden zu sein schien, das Grün ein.
Erst
begann leicht Rasen zu blühen, und dann kamen hier und da verstreut größere
Pflanzen hinzu, bis sie schließlich so dicht wurden, dass dort ganze Wälder
gediehen. Und wenn es dann wirklich ganz in ein Tal mündete, dann sah er in dem
einen, dass die Natur dort freien Lauf gehabt hatte und blühen konnte, wie sie
wollte, oder dass dort ein Eingriff stattgefunden hatte. Und dann konnte
Sebastian zwei Möglichkeiten erkennen, die dort anzufinden waren. Entweder war
das Tal vollgestopft mit einem Marktplatz oder ähnlichem, oder dort grasten
riesige Rinderherden auf großen Weideflächen. Als sie gerade über solch eine
Herde flogen, winkten ihnen zwei Kinder zu, die sie anscheinend in ihrer Langweile
entdeckt hatten, da sie den ganzen Tag auf zwei Heuhaufen lagen und zuschauten,
dass keins der Rinder wegrannte.
Sofort
fragte sich Sebastian: »Wohin auch?« Denn das Tal war einfach eingekreist von
Bergen, so dass sie wie in einer Schüssel gefangen waren.
»Pah,
die wollten tatsächlich Hirten werden«, sagte die Kleine verächtlich, als sie
die Hirten sah.
»Die wollen ihr ganzes Leben nur faul rum liegen. Aber zu Hause erzählen sie
dann, wie anstrengend der Tag gewesen war. Pah.«
Doch
so schnell sie Hirten mit ihren Rindern gesehen hatten, so schnell waren sie
auch wieder verschwunden. Immer wieder kam so ein Tal mit dem Fleischbestand
der Crox, und die Kleine schüttelte jedes Mal mit dem Kopf. Auffällig war aber
auch, dass fast jeder Berg irgendwie mit dem anderen verbunden zu sein schien.
Deutlich waren die künstlichen Eingriffe in die Natur zu sehen: die
eingetretenen Pfade im Schnee der Grenzpatrouillen, oder die Stolleneingänge
oder war es direkt ein ganzer Schnitt durch einen Kamm, der zwei Täler
miteinander verband.
Einmal
glaubte Sebastian, auch einen Stausee in der Entfernung zu sehen, dessen Wasser
mit einem Wasserfall in die Tiefe abgelassen wurde… aber da war er sich nicht
sicher.
Immer
wieder konnte er Crox sehen, die alleine oder in Gruppen wie Ameisen auf einem
Weg, einem Pfad entlanggingen. Er hatte das Gefühl, der ganze Planet war mit
Löchern, Tunneln und künstlichen Gängen nur so durchsiebt worden.
Ja,
Sebastian fand, eine Ameisenkolonie würde wohl dasselbe mit diesem Planeten
anstellen.
Es
dauerte eine Zeit, bis langsam, aber sicher
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