Schmetterlingsgeschichten - Chronik IV - Schmoon Lawa (German Edition)
Tischkante baumelten. Er hatte die ganze Übung mitverfolgt
und kein Wort gesagt. Darauf war Lukas ziemlich stolz. Wie er fand, konnte das
ein Schmetterling auch sein, wenn er so was erlebt hatte.
Der
junge Mann legte das Schwert auf den Tisch, schaute den Schmetterling an, und
klappte mit seinem Zeigefinger den Mund des Schmetterlings zu. Die Gedanken von
Lukas bewegten sich immer noch wild und unkoordiniert, aber sein Körper hatte
immer noch diese Faszinationsstarre eingenommen, die ihn überkam, wenn Sebastian
Feuerstiel übte.
Und
das Schöne daran war: das war SEIN Ritter. Und er SEIN Schmetterling.
Das
konnte ihm niemand jemals nehmen. Hehe.
Und
er war auch der Einzige, der diese Schattenkämpfe sehen durfte.
Pech
war nur, und das war wirklich die Hölle, eine Qual, die Sebastian niemals
nachvollziehen konnte: Lukas durfte über das Gesehene NICHTS erzählen.
Für
einen Schmetterling das Schlimmste, was es überhaupt im Universum gab - absolut
und vollkommen grausam.
Da
sah er schon solche Wunderwerke und…
Ach,
Lukas hatte schon längst aufgehört, sich darüber aufzuregen. So war das Leben.
Vielleicht durfte er irgendwann ja mal, hielt er sich in seinem kleinen
Hinterköpfchen fest.
Denn…
die Hoffnung stirbt nicht zuletzt, sondern nie.
Und
Zufälle gab es auch keine.
So
wie dieser kleine Lichtpunkt, der anscheinend nicht mit den Tausenden anderen
aus dem Raum in den Himmel geflogen war, sondern sich einen Platz unter der
Decke neben der blauen Rose gesucht hatte. Langsam, aber stetig bewegte sich die
fliegende Murmel über Lukas.
Als
Sebastian Sismael, den Herrn der Schwerter, auf den nackten Holztisch gelegt
hatte, fragte sein Schmetterling: »Und? War es das, was du erreichen wolltest?«
»Ja«,
antwortete Sebastian.
»Allerdings
habe ich das ja selber noch nie gemacht, und ob das das Richtige war, werden
wir erst viel später erfahren – wenn über- haupt.«
»Aber
du hast das Mädchen doch in ihren Träumen besucht? Oder?« Lukas zog das erste
Beinchen hoch, dann das zweite und stand auf. Verspielt wie ein Seiltänzer trat
er mit seinen Füßchen auf Sismael und versuchte, über die eingravierten Linien
zu balancieren.
Sebastian
nahm sich ein Handtuch, das auch in der Dunkelheit versteckt war, und wischte
sich die Stirn ab.
»Ja.
Aber ich weiß nicht genau, wo sie ist. Nur ungefähr. Und sie braucht mich. Das
kann ich spüren.«
»Also
ich finde, wir machen genau das Richtige, wenn wir ihr helfen. Kein Mensch kann
freiwillig so schlecht sein. Werden ihre Wunden denn heilen? Oder kommen wir zu
spät?«
Sebastian
legte das Handtuch beiseite, schaute liebevoll seinen Schmetterling an, wie er
da über Sismael tänzelte – er konnte fast das missmutige Grummeln des Herrn der
Schwerter hören – und nahm einen Schluck Wasser direkt aus einer Karaffe, die
dort stand, wo auch das Handtuch herkam.
Nachdem
er das Gefäß wieder abgestellt hatte, zogen sich Sorgenfalten über sein
Gesicht. Er hatte die vielen Verletzungen an ihrem Körper gespürt. Noch mehr
hatte er allerdings einen anderen Schaden an ihr festgestellt, der ihm wirklich
zu denken gab: den ihrer Seele.
»Das
Fleisch wird heilen, aber wie es mit ihrem Geist steht, kann ich dir nicht
sagen.«
Lukas
blieb stehen, machte einen Schritt von Sismael runter und lächelte Sebastian
mit einer sorgenfreien Unbekümmertheit an.
»Hihi.
Du bist der Geist - der blaue. Jetzt wird alles gut.«
»Das
würde ich auch gerne sagen, wenn ich könnte«, bemerkte Sebastian und drehte
sich um. Sie hatten hier schon recht lange für ihre Übungen gebraucht, und
mittlerweile war er schon fast überrascht, dass noch niemand nach ihm gefragt
hatte.
Und
als hätte er diesen Gedanken als eine Aufforderung ausgesprochen, klopfte es an
der Tür. Der leuchtende kleine Punkt an der Decke hatte bis jetzt da oben
verharrt und ließ sich gerade lautlos hinter Lukas runter. Der wiederum konnte
die zweifelnde Antwort von Sebastian allerdings so gar nicht akzeptieren. Schnell
sprang er in die Luft, flog vor das Gesicht des jungen Mannes, stemmte ein Ärmchen
in die Hüfte und zeigte mit dem anderen auf Sebastians Nase.
»Damit
mal eines klar ist: Billiarden von Lebewesen kannst du helfen, aber einem
einzelnen Mädchen, das dich mehr braucht als jeder andere, daran hast du Zweifel.
Sebastian Feuerstiel! Lass dir eines gesagt sein: Du kannst das!! Ist das
klar?«, schimpfte das fliegende
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