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Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Ellison
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vor meinem inneren Auge: das strahlende Weiß ihres T-Shirts, das klare Grün von Orens Augen, ihre korallenfarbenen Lippen …
    Sie waren Kinder. Jetzt sind sie fort.
    Ich lasse meinen Blick über das Minenfeld schweifen, in das Dad mein Zimmer verwandelt hat. Zwischen den Gipsbrocken, den Glasscherben und all den kaputten Gegenständen scheint ihr sauberes Gesicht aufzutauchen. Es erhebt sich aus den Trümmern und schwebt im Halbdunkel, bevor es sich wieder in den Staub senkt.
    Ich sehe dich, Katherine , versuche ich ihm zu sagen – dem Boden und der Luft und dem Schutt – und bald werden es alle anderen ebenfalls tun .

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 28
    Ich starre das Handy in meiner Hand an, den Namen, den ich in Sapphires Adressliste gefunden habe, den Namen, der jetzt auf dem Bildschirm leuchtet: Anchor.
    Ich muss wissen, wer Anchor ist.
    Zuerst küsse ich wieder das Display, sechs Mal. Drei Atemzüge zwischen den Küssen. Achtzehn – die Zahl hüllt mich ein, drängt mich auf ruhige, gleichmäßige Art und Weise weiter.
    Nummer unterdrücken, anrufen .
    Zittrig halte ich den Atem an, das riiiiinnng riiiiinnng durchdringt mich. Ich warte, atme schnell aus und schlucke einen weiteren flachen Atemzug herunter. Riiiiinnng  – noch einmal. Ein leises Klicken, dann springt eine automatische Ansage an: Der Teilnehmer ist zurzeit nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es später noch einmal. Ich halte das Handy ans Ohr gedrückt und warte, dass sich jemand meldet und endlich seinen Namen sagt. Aber das geschieht nicht.
    Ich wende mich wieder Sapphires Adressbuch zu – als ich bis Bird gescrollt habe, muss ich das Display erneut sechs Mal küssen, damit ich überhaupt weitermachen kann – und dann finde ich die Nummer des Tens.
    Ihr Herz gehörte Bird. Vielleicht wusste Anchor das. Vielleicht hat es ihn in den Wahnsinn getrieben. Ob Anchor einer von Sapphires Stammkunden im Club war? Aus den Hunderten schmierigen SMS zu schließen, die er Sapphire geschickt hat, muss er sie dort getroffen haben. Der Club war sicher der Schauplatz fast aller, wenn nicht jeder ihrer Zusammentreffen.
    Die anderen Mädchen müssen ihn kennen – oder zumindest seinen Namen wiedererkennen, vielleicht sogar wissen, wer er ist.
    Ich muss noch einmal zurück ins Tens, zum letzten Mal. Ich habe jetzt eine Spur, einen Namen.
    Anchor.
    Aber ich brauche eine Tarnung. Sonst kann ich es nicht riskieren – kann nicht in den niedrigen Flur, in die stickigen dunklen Räume, deren Türen sich wie Schlünde öffnen, um mich zu verschlucken. Die Faust in meinem Mund.
    Ich bin genug gewarnt – der Mann mit der schwarzen Maske hat es mir selbst gesagt. Ich frage mich, ob es wohl Anchor war, der mich in der Dunkelheit fast erwürgt hätte.
    Aus meiner Schultasche nehme ich Sapphires Bustier. Make-up. Rock. Das ist alles, was ich habe, aber vielleicht reicht es nicht. Ich darf nicht wiederzuerkennen sein.
    Ich stehe auf und wische mir die Tränen aus den Augen, drei Wischer für jedes Auge, werfe einen Blick in einen der Spiegel an der Wand – alle neun sind zum Glück noch heil. Mein Pony ist auf die falsche Seite meiner Stirn gefallen und legt die weiße, heiße Narbe über meinem linken Auge frei.
    Ich versuche, ihn zur Seite zu schieben, lasse es dann aber – mir kommt ein Gedanke: Flynt. Der nicht Bird ist.
    Dessen Lippen ich gespürt habe – sanft, weich. Vielleicht hat er gar nicht gelogen. Vielleicht fand er mich wirklich schön .
    Ich schniefe und starre meine schneeweiße Haut an, die Wangen rot gefleckt, die dunkle, verwirrte Mähne, große Augen – grün, aber im Gegensatz zu Orens eher mit einem Stich ins Olivfarbene. Ich habe Flynt seit dem Tag nicht mehr gesehen, an dem wir uns geküsst haben und ich einfach so weggelaufen bin, ohne Erklärung, ohne alles.
    Flynt: Er ist derjenige, den ich jetzt brauche – Flynt – der Junge, der mich mag, trotz all meiner Narben und Wunden. Der Junge, der mich zusammenhält, der Junge, der Zuhause bedeutet. In meinem Bauch wird es ganz warm und kribbelig. Er ist es.
    Und ich schulde ihm eine sehr große Entschuldigung.
    ***
    Auf der Busfahrt nach Neverland schaue ich zu, wie die Verkehrszeichen an der Scheibe vorbeirasen. Ich drücke auf den Halteknopf in der Nähe der Werbetafel, auf der Cheeze Whiz – die unglaubliche Käsesauce! angepriesen wird, denn von hier aus ist Flynts provisorisches Zuhause nicht mehr weit entfernt. Der Bus hält quietschend an.
    Ich klopfe tip tip

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