Schmetterlingsscherben
wahrgenommen worden, denn keine zwei Minuten später klopfte es an der Tür und Alex betrat den Raum. Wie schön, ein bekanntes Gesicht. So wie es aussah, war ich im Hause Anderson. Quasi zu Hause.
«Gut geschlafen?» Alex schnitt eine Grimasse und ich schenkte ihm ein gehässiges Lächeln. «Wie eine Prinzessin.» Obwohl ich beide von Lennards Cousins nicht besonders leiden konnte, war mir Alex immer noch lieber und ich war froh, dass er alleine hergekommen war und nicht wie sonst immer im Doppel mit Martin. Ich wusste nicht genau, warum er mir sympathischer war, immerhin hatte er mich vor einigen Tagen noch mit Gewalt versucht in sein Auto zu zwingen. Aber Martin hatte den Schmetterling zerbrochen und Alex war es gewesen, der Lennard immerhin noch versucht hatte, mit Überredung zur Vernunft zu bringen und nicht mit Drohungen und Verratsvorwürfen wie Martin. Also mochte ich Alex vielleicht nur einfach nicht sonderlich, während Martin schon stark den Unausstehlichkeitsfaktor ansteuerte.
«Was machen die Hoden?», fragte ich spöttisch und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Alex lachte los und fasste sich in den Schritt. «Sitzt noch alles, wie es soll.»
«Und für was genau bist du jetzt hergekommen? Willst du mich festketten, damit ich nicht abhauen kann?»
«Äh, nein. Du bist Gast, keine Gefangene. Morten möchte dich sehen, ich bring dich zu ihm.»
«Morten», wiederholte ich ungläubig. Wir hatten einen Morten in Hannover in der Parallelklasse gehabt und das war ein ziemlich pubertierender Idiot gewesen. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass Alex den meinte.
«Richtig.» Alex grinste schief und hielt mir eine Hand entgegen. Ich würdigte die Geste mit einem abwertenden, angewiderten Blick, stand aber dennoch vorsichtig auf und tapste Richtung Tür.
«Wer ist Morten?», fragte ich, als wir einen Flur betraten. Offenbar befanden wir uns im Keller. Wie nett. Und da sollte nochmal einer behaupten, ich wäre hier Gast und keine Gefangene. Ich kannte niemanden, der seine Gäste im Keller einquartierte.
«Dein Gastgeber», erklärte Alex und bedeutete mir, die Treppe hoch voranzugehen. Ich war immer noch ziemlich wackelig auf den Beinen und hielt mich am Geländer fest, an dem ich mich mehr hochzog, als dass ich selbstständig ging.
Oben war es gleich wesentlich gemütlicher. Der Flur, der sich dort erstreckte, war mit rotem Teppichboden ausgelegt und an den Wänden hingen teuer aussehende Bilder und Lampen. Ich hatte ehrlich gestanden keine Ahnung, wo genau wir hier waren. Die Anderson-Villa in Hoya war es definitiv nicht, die kannte ich fast so gut wie mein eigenes Zuhause.
«Wo ist Lennard?», fragte ich, weil ich ihn wirklich gerne sehen würde. Mit ihm wäre es nur halb so schlimm, das alles hier durchstehen zu müssen.
«Nicht hier», antwortete Alex und verzog das Gesicht. Er schien darüber eher enttäuscht und traurig, als wütend.
«Was soll das heißen, nicht hier?!», rief ich, weil ich eigentlich davon ausgegangen war, dass Blaze auf jeden Fall in der Nähe sein musste. Immerhin war das hier seine Familie.
«Keine Ahnung, wo er hin ist, wir haben nur dich vom Feld aufgegabelt und mitgenommen und, nachdem der zweite Adler von den Radikalen auch noch in Stücke gehauen wurde, haben wir zugesehen, dass wir dich in Sicherheit bringen.»
«IHR HABT IHN DA EINFACH ZURÜCKGELASSEN?!» Ich war stehen geblieben und starrte Alex rot vor Wut an. Vielleicht war er doch nicht besser als Martin. Und dass beide Adler in diesem grässlichen Kampf gefallen waren, traf mich unerwartet hart. Sie hatten ihr Leben für uns auf Spiel gesetzt. Weil ich es ihnen eingetrichtert hatte. Das war grausam.
«Der kann schon auf sich selber aufpassen», murmelte Alex verlegen und senkte den Blick. «Außerdem hätte er die ganze Mission versaut!»
«Die Mission, mich zu entführen und in einem Keller einzusperren?» Ich kreuzte die Arme vor der Brust und konzentrierte mich auf meine Wut, anstatt auf die Trauer. «Komisch, wieso hätte er das nur verhindern wollen!»
«Wir haben dich gerettet, ja?!» Alex sah jetzt ebenfalls verärgert aus. «Du könntest dich ruhig mal etwas dankbarer zeigen!»
Ich schnaubte laut auf und Alex packte mich am Arm und zog mich weiter mit sich. Widerwillig lief ich neben ihm her einen weiteren Korridor entlang. Dieses Haus war riesig, offenbar noch größer als das Anderson-Haus in Hoya. Offenbar hatten immer die schlechten Menschen zu viel Geld. Gerecht war das nicht.
Alex blieb
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