Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition)
Verdiente nicht jeder eine Chance, nach Hause kommen zu dürfen? „Na, wäre ja auch zu schön gewesen, wenn draußen nur ein leckeres Angusrind herumgestanden hätte.“ Die Stimme des Hundes klang ergeben, als hätte er sich schon in sein Schicksal gefügt. „Alles besser als verhungern, hm? Na los doch, Mädchen, trag mich raus.“ Sabrìanna atmete tief durch und schloss die Augen. Sie konnte die Dornen nicht von ihrem Gesicht abwehren, weil sie den Hund ja mit beiden Armen festhalten musste, also drückte sie dieses in sein Fell und ließ sich einfach nach vorn fallen – und es funktionierte, sie landeten tatsächlich auf der anderen Seite und Scary Garys lautes Heulen zeugte davon, dass er wohl die meisten Dornen abbekommen hatte.
„Sabrìanna!“ Erleichterung klang aus der Stimme des Drachen, während Herne die beiden nur schweigend anstarrte. Vorsichtig rappelte sie sich auf und stellte sich vor den Hund, der ihr beim Sturz aus den Armen gefallen war. „Er wollte nur nach Hause. Er hat mir nichts getan.“ „Er ist fast am Verhungern. Er ist in keiner Verfassung, jemandem etwas zu tun.“ Hernes Stimme war absolut mitleidslos, und Scary Gary krümmte sich zu ihren Füßen zusammen und winselte leise. Die junge Frau sah auf ihn herunter, er tat ihr so furchtbar leid. Da ertönte eine Stimme: „Ich werde dafür sorgen, dass er sich benimmt.“ Das kam für alle so überraschend, dass sie sich synchron zu dem Drachen umdrehten. „Wie war das bitte?“ Eindeutig keine Begeisterung von Seiten des Wächters, das hörte man ihm deutlich an. Sabrìanna dagegen würde Aidan am liebsten um den Hals fallen. Es war deutlich, dass er es nicht gern tat. Sein Blick ruhte dabei auf ihr, nicht auf dem Hund, obwohl der mühsam mit dem Schwanz wackelte, um seine Zustimmung zu dem Plan zu zeigen. „Nun gut. Wir werden sehen, ob das funktioniert. Du – geh nach Hause!“ wandte Herne sich der Menschenfrau zu. Bevor diese protestieren konnte, dass sie noch sicherstellen wollte, dass der Hund sich auch wirklich gut einlebte und dass sie außerdem einen Handel mit dem Drachen geschlossen und noch einen Flug offen hatte, drehten sich die Spiegel in seinem Geweih schon so, dass sie nicht mehr daran vorbeischauen konnte. Die Schmetterlinge erschienen, und sie fiel... und fiel... und fiel...
Sabrìannas Wutschrei war so spitz, dass sie sich wunderte, dass der Spiegel vor ihr nicht zerplatzte. „Alles in Ordnung, Mädchen?“ fragte die Verkäuferin verwirrt und setzte hinzu: „Du warst letztes Wochenende schon mal da, nicht wahr? Ich hab dich damals gar nicht gehen sehen. Bist du wegen der Ohrringe zurückgekommen? Sicher bist du das, die stehen dir ganz vorzüglich!“ Damit hob sie die Ohrringe hoch, die Sabrìanna fallen lassen hatte, als sie durch den Spiegel gestürzt war. „Letztes Wochenende?“ fragte diese verdutzt, „oh, ach so – ja. Wenn ich Urlaub habe, vergesse ich immer ganz die Zeit! Ich nehme sie. Dankeschön!“ Rasch zahlte sie für den wirklich sehr ansprechenden Schmuck, damit die Verkäuferin keine Zeit mehr hatte, sich über ihr seltsames Verhalten zu wundern, und verließ damit den Laden. Welches Datum war heute nur? Wie lange war sie fortgewesen? Hatte sie denn überhaupt noch Urlaub übrig oder vermisste man sie daheim schon? Ihr Handy begann zu summen und in rascher Folge trafen zwölf Nachrichten ein, alle von Danika oder Liam, zuerst entschuldigend, dann besorgt, schließlich genervt. Offensichtlich hatten ihre Freunde aus ihren fehlenden Antworten geschlossen, dass sie sauer war und nicht mehr mit ihnen reden wollte. Aber wie hätte sie sich denn bitte melden sollen? Wenigstens sagte ihr die Datumsanzeige auf ihrem Display, dass sie noch ein wenig Urlaub übrig hatte, nur etwas mehr als die Hälfte war verstrichen, während sie hinter den Spiegeln gewesen war.
„Es ist einfach nur unfair. Unfair, unfair, unfair!“ grummelte sie vor sich hin, während sie die Straße entlang lief. Ihr Magen knurrte synchron mit, als wäre ihm abrupt eingefallen, wie lange er eigentlich schon nichts mehr zu essen bekommen hatte. So suchte sie sich ein Fischrestaurant aus und setzte sich hinein. Auch wenn es sehr lecker war, schmeckte sie nichts von dem, was sie aß, zu sehr war sie mit den Gedanken noch bei Aidan. Er hatte den Hund einfach so unter seine Fittiche genommen. Den Hund, von dem er kurz zuvor noch überzeugt gewesen war, dass er der Bringer allen Übels wäre. Warum? Nur aufgrund
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