Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition)
sie, etwas zu wissen, was sie nicht wissen durfte. Oder beides. Oder vielleicht war sie auch einfach schon komplett paranoid. „Weil ich schon ein Weilchen hier bin und ihn bisher nicht gesehen habe, dabei rennt er doch sonst immer hier herum, hast du gesagt, oder?“ schob sie daher erklärend hinterher, und er seufzte. „Er ist verschwunden. Sein Herrchen ist zutiefst unglücklich, er sagt, der Hund wäre schon immer bei ihm gewesen, schon seit er klein war. Was natürlich unmöglich ist, so alt werden Hunde nicht... Aber jedenfalls scheint er weggelaufen zu sein oder vielleicht hat ihn ja jemand mitgenommen, es gibt ja solche Leute, die nicht daran denken, was sie damit auslösen.“ Erneut warf er ihr einen prüfenden Blick zu, und Sabrìanna hatte alle Mühe, sich das schlechte Gewissen nicht anmerken zu lassen.
„Musst du gleich wieder los?“ wechselte er dann jedoch das Thema, und sie stieg dankbar darauf ein: „Nein, ich habe noch bis Sonntag Urlaub. Deshalb habe ich mir hier ein Cottage genommen. Ich mag diesen Strand einfach.“ Sie lächelte unwillkürlich und sah an ihm vorbei aufs Meer hinaus. Hier hatte sie so viele schöne Stunden verlebt... und Scary Gary kennen gelernt. Sie erinnerte sich plötzlich wieder daran, wie er ihr über die Hand geschlabbert hatte. Hatte er sie dabei markiert, hatte er ihr deshalb folgen können? Gut möglich, und ihr Blick kehrte abrupt zu Ethan zurück. Ihn hatte sie dabei auch kennen gelernt, und er hatte ihr von dem Hund erzählt. Ob er vielleicht wusste, dass mehr dahinter steckte? „Fein. Dann sehen wir uns ja vielleicht öfter!“ freute sich Ethan, ohne sich anmerken zu lassen, dass er ihren misstrauischen Blick sehr wohl bemerkt hatte. Seine so offensichtliche Freude erwischte sie jedoch völlig unvorbereitet, und ihre Gedanken zerschmolzen wie Eis in der Sonne. „Ja? Das finde ich auch… um, fein!“ gab sie ein wenig stotternd zurück, sein Lächeln wärmte sie durch und durch. „Hast du heute denn schon etwas vor? Ich könnte meine Geige holen und einen Picknickkorb, und wir machen uns einen schönen Tag am Strand? So herrlich sonnig und warm wie es heute ist?“ „Gerne!“ freute sich Sabrìanna offen. Sie mochte Geigenmusik, sie mochte den Strand, sie saß gern in der Sonne und dann noch so nette Gesellschaft - wer könnte da Nein sagen? Auch wenn der Gedanke an einen gewissen Drachen und was der wohl davon halten würde zuerst rigoros für lächerlich erklärt und beiseite geschoben werden musste, damit sie sich ungestört freuen konnte.
Ethan zwinkerte ihr zu, und schon war er den Strand entlang verschwunden, also suchte sie eine schöne Stelle zum Hinsetzen und wartete brav. Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis er zurück war, seinen Geigenkasten unter dem einen Arm und einen großen Picknickkorb am anderen. Zuerst breitete er eine Decke aus, darauf stellte er eine Auswahl Sandwiches, Cookies, Obst und ein paar Flaschen Wasser und Softdrinks. „Ich wusste nicht, was du lieber magst!“ erklärte er dazu grinsend, „also habe ich einfach mal von allem etwas mitgebracht.“ „Sehr zuvorkommend und gedankenvoll von dir!“ gab Sabrìanna lachend zurück und setzte sich. „Das sieht alles sehr lecker aus, da weiß man ja gar nicht, wo man zuerst zugreifen soll!“ Ethan schmunzelte zufrieden. „Du suchst aus, ich sorge für die musikalische Untermalung!“ Er hob die Geige ans Kinn, stimmte sie rasch und setzte übergangslos zu einem beschwingten Reel an, der ihr die Füße zucken ließ, so sehr rief er zum Tanzen auf. Also stampfte sie damit im Takt, während sie sich an den Leckereien gütlich tat, die er aufgeboten hatte. Als sie halbwegs satt war, sprang sie auf und tanzte durch den Sand, worauf er sich ebenfalls erhob und mitmachte, lachend und den Bogen schwingend. Seine Musik war wirklich unwiderstehlich mitreißend.
Schließlich ließ sie sich atemlos auf die Decke fallen. „Ich bin am Ende!“ verkündete sie und trank rasch von dem Wasser, das er mitgebracht hatte, „ich brauche eine Pause!“ „Das lässt sich einrichten“, war seine Antwort, und er fiedelte über ein paar Schnörkel und Ausschweifungen von dem schnellen Tanzrhythmus zu einer langsamen Ballade, einer zu der Sabrìanna die Worte kannte. Bevor sie selbst merkte, was sie tat, sang sie mit ihm, lächelnd und ganz ohne ihre übliche Zurückhaltung. Ihre Stimmen harmonierten perfekt, und ein Gefühl tiefer Zufriedenheit durchzog sie, während sie
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