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Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition)

Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition)

Titel: Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lexy Sky
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den Wald davon befreite. Sie musste es irgendwie schaffen! Zuerst unbemerkt, dann immer deutlicher wurde sie angeschoben, vom Efeu zu ihren Füßen, von den Ästen hinter ihr. Sie machte einen Schritt nach vorn, und das Getuschel setzte wieder ein, begleitete sie, während sie Zentimeter um Zentimeter vorwärts geleitet wurde. Sie erkannte nicht, wohin, es war zu düster und zu bewachsen, aber sie vertraute darauf, dass der Wald wusste, wohin er sie schob. Was blieb ihr auch anderes übrig?
     

Kapitel 12: Nicht mehr so scary Gary
     
       Nach einer gefühlten Ewigkeit stand sie vor einem riesigen Ameisenhaufen, der nur so wimmelte vor Insekten. Allein der Anblick reichte schon aus, um sie am ganzen Körper kribbeln zu lassen, doch sie hob den Kopf und fragte laut: „Wo ist Scary Gary? Ist er hier?“ Schweigen. So lange, dass sie schon dachte, sie bekäme überhaupt keine Antwort mehr. Doch dann hörte sie ein leises Winseln, und ihre Füße bewegten sich wie von selbst um den Ameisenhaufen herum. Auf der anderen Seite, ganz klein zusammen gerollt zu einem buchstäblichen Häufchen Elend, lag der mächtige Hund des Krieges und bekam vor Schwäche die Augen kaum mehr auf. In diesem Zustand schien er alles andere als furchteinflößend, und Sabrìannas Herz öffnete sich unwillkürlich für ihn. „Ach du armer kleiner Hund!“ rief sie aus, „was ist denn mit dir passiert?“ „Hungerrrrr“ kam es grollend aus seiner Kehle, was sie zusammenzucken und wieder einen Schritt rückwärts machen ließ. „Hunger?“ „Es gibt keine Pflanzenfresser in diesem Wald!“ Der jammernde Unterton war unverkennbar; und wenn es ihm nicht so schlecht ginge, sie könnte fast über ihn schmunzeln. „Das hattest du nicht bedacht, als du hier gelandet bist, hm?“ vermutete sie und hielt sicherheitshalber Abstand. „Man weiß nie, wo man landet, wenn man durch den Spiegel springt!“ erwiderte er knurrig, „aber nein, ich habe nicht damit gerechnet, dass ich hier überhaupt nichts zu essen finde. Ich wollte doch nur nach Hause!“ Der Satz endete in einem mitleiderregenden Heulen, und Sabrìanna presste sich die Hände auf die Ohren, doch trotzdem ging es ihr durch und durch. „Ich kann dich hier herausholen. Wenn du versprichst, mich nicht zu beißen!“ bot sie ihm an. Der Hund hob leicht den Kopf und betrachtete sie aus müden Augen. „Ich vertrage kein Menschenfleisch. Deshalb dachte man ja auch, ich wäre in deiner Welt so gut aufgehoben!“ Es klang nicht anklagend, sondern schicksalsergeben, und er ließ den Kopf auch gleich wieder auf die Vorderpfoten sinken. „Okay, dann... bringe ich dich hier heraus und du bekommst etwas zu essen. Jede Menge Essen. Du musst dich nur benehmen und – nichts anfallen!“ Sabrìanna dachte rasch nach, waren das genug Einschränkungen für einen erfolgreichen Handel? Würde sie den Hund wirklich aus dem Wald tragen können? Er sah ziemlich abgemagert aus, aber trotzdem war er noch sehr groß. Doch so wie er da lag, würde er selbst nicht mehr gehen können. Wie lange war er wohl schon ohne Nahrung? Scary Gary seufzte abgrundtief. „Ich würde alles machen für Futter. Bring mich raus, und ich bin dein Diener!“ „Abgemacht!“ nahm sie den Handel rasch an und näherte sich dem Hund vorsichtig. Doch der lag einfach nur still, also überwand sie mühsam ihre Angst und lud ihn sich auf die Arme, stolperte mit der schweren Last langsam wieder den Weg zurück, den sie gekommen war.
     
    Diesmal schob sie niemand, aber es stellte sich ihr auch nichts entgegen. Trotzdem war der Weg hart, der Hund doch fast zu schwer für sie. Aber sie weigerte sich, ihn fallen zu lassen, weigerte sich, stehen zu bleiben, biss einfach die Zähne zusammen und ging weiter, immer weiter, bis sie schließlich vor der Dornenhecke ankam. „Na geh schon durch!“ winselt Scary Gary, „da draußen gibt’s Frischfleisch. Ich kann es förmlich schon riechen.“ „Ja schon. Aber der – Durchgang ist nicht gerade angenehm. Außerdem warten da draußen Leute auf dich, die nicht sonderlich begeistert davon sind, dass du wieder hier bist!“ Warum sie das sagte, war ihr nicht klar, nicht einmal, dass sie es sagen würde, bis sie es sich aussprechen hörte. Warum warnte sie ihn vor? Hatte er nicht verdient, was immer er dort draußen bekommen würde? Aber er hatte gesagt, er wollte doch nur heim. Wie er es gesagt hatte, wie er sie dabei angesehen hatte. Sie glaubte ihm einfach. Das Heimweh war spürbar gewesen.

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