Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition)
die Entscheidung jedoch auch schon abgenommen, denn der Drache kehrte zur Höhle zurück, beladen mit Fleischrationen, die offensichtlich für ihn und den verfressenen Hund gedacht waren. Als er sah, wer da in seiner Höhle saß, fiel ihm allerdings alles aus den Pranken, und der Mund blieb ihm offen stehen. Doch seine Augen leuchteten auf, und man konnte deutlich darin lesen, welchen Ansturm an Gefühlen er zu überstehen hatte. Ungläubiges Staunen, begeisterte Freude, Erleichterung, Glück - Liebe? Sabrìanna spürte, wie Wärme sie erfüllte bei diesem Blick, und ihre Mundwinkel verzogen sich ohne ihr Zutun zu einem strahlenden Lächeln. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, doch da wechselte der Ausdruck in seinen Augen auch schon zu Sorge und direkter Panik. „Was tust du hier? Wenn man dich findet!“ rief er erschrocken aus und sah sich um, als erwarte er, dass die Wachen des Landes schon auf sie einstürmten und sie gefangen nehmen oder direkt gleich standrechtlich erschießen würden.
„Ich bin wieder einmal durch einen Spiegel gefallen!“ gab Sabrìanna trocken zurück und regte sich schon wieder über ihn auf. Was musste er aber auch immer so... drachig zu ihr sein? Das hatte sie von Anfang an genervt, an dem Mann auch, das wurde ihr gerade klar. „Durch einen Fernsehbildschirm!“ korrigierte Scary Gary und heimste sich damit böse Blicke von beiden Seiten ein. Instinktiv klemmte er den Schwanz zwischen die Hinterbeine und winselte leicht, bevor er sich rückwärts von den beiden zurückzog, keine Spur mehr von dem stolzen Kriegstreiber von einst. Doch sein Gejammer blieb deutlich zu hören: „Da macht man mal was Nettes und bekommt nur Ärger. Keine gute Tat bleibt ungesühnt, das ist tatsächlich wahr. Unfassbar, echt! Undank ist der Welten Lohn, die wissen mich doch überhaupt nicht zu würdigen, wo wären die denn ohne mich!“ „Aus!“ donnerte Aidan ihm hinterher, und mit einem letzten Winsellaut verstummte der Hund und war verschwunden. Der Drache wandte sich wieder seinem unverhofften Besuch zu, der gerade Luft holte, um ihm zu erklären, was er von seiner Art hielt. Doch sein Blick ließ sie verstummen und hilflos die Luft wieder ausstoßen, ohne Worte damit zu bilden. Die Hitze darin, die Tiefe seines Gefühls für sie, das überwältigte sie völlig. „Es ist verrückt, gefährlich, absolut unverantwortlich und strikt verboten, aber… bei der großen Göttin, ich bin froh, dass du hier bist!“ brachte er hervor, während seine Gestalt zu flimmern und zu glänzen begann, zerfloss und sich neu zusammensetzte. Bevor sie noch Zeit hatte, erneut einzuatmen, stand auch schon der Mann vor ihr, den sie in Waterville kennengelernt hatte, und schlang beide Arme um sie. „Bría!“ Der Kosename war wie ein Stoßseufzer auf seinen Lippen, und sie sah überwältigt zu ihm auf. Es war wie ein wahr gewordener Traum, doch noch um einiges schöner und intensiver, weil sie wusste, dass sie nicht träumte, dass hier endlich ihre wahre Realität lag, das worauf sie ihr Leben lang gewartet hatte. Perfekt. Vollständig. Richtig. Mit einem wohligen Laut sank sie gegen ihn und legte ihre Arme um seine Hüften. Sie passte in seine Arme, als wäre sie dafür geschaffen worden, sie wollte glauben, dass es genau so auch gewesen war. Lächelnd hob sie ihm ihr Gesicht entgegen und flüsterte: „Worauf wartest du, Aidan? Tu es doch einfach!“ Eine Sekunde war er verwirrt, doch dann erhellte sich seine Miene, seine Augen glitzerten frech, und er senkte seine Lippen auf die ihren. Diesmal würde ihn nichts aufhalten. Diesmal gab es keinen Grund zu zögern. Vielleicht war dies seine einzige Chance, die würde er sich von nichts und niemandem nehmen lassen.
Als sein Mund den ihren berührte, ging es wie ein Blitzschlag durch Sabrìanna hindurch. Als würde ihr ganzes Wesen sich ändern. Wie eine Blume zur Sonne neigte sie sich ihm entgegen und nahm den Kuss an, gab ihn zurück, sie verschmolzen förmlich miteinander. Nichts hätte mehr zwischen sie gepasst, und was sie fühlten, vermischte sich, teilte sich, strahlte auf beide zurück. Es war so viel intensiver als alles, was sie je zuvor gespürt hatten, einfach unvergleichlich. Als würden sie abheben und schweben, als wären sie in einer eigenen Sphäre, nur sie beide, miteinander verwoben und ineinander aufgegangen. Als hätten sie ihr Leben lang auf diesen Augenblick zugestrebt, und nun wären die beiden Hälften eines Ganzen wieder vereint. Nie, so
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