Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition)
weiß es nicht!“ lautete die wenig beruhigende Antwort. Wieder herrschte eine Weile Schweigen, bevor sie vorsichtig anmerkte: „Ich könnte doch einfach durch einen Spiegel gehen? Wäre ich drüben nicht sicher?“ Sein ganzer Körper verkrampfte sich unter ihr, und er stieß einen Feuerball aus, der sie effektiver zum Schweigen brachte, als jedes Wort es vermocht hätte. Da ihr ohnehin nichts anderes übrig blieb, als sich festzuhalten und abzuwarten, tat sie genau dies: Sie schloss die Augen und versenkte sich in die Erinnerung an den Kuss, zog daraus Mut und Kraft und versuchte, die Panik dadurch auszuschalten. Nach und nach entspannte sich der Drache unter ihr, im gleichen Maße wie sie ruhiger wurde. Es war, als wären sie miteinander verbunden, und was die eine fühlte, das verstärkte noch die Gefühle des anderen und umgekehrt.
Das rief einen Gedankenfetzen in Sabrìanna hervor, und sie erkundigte sich ein wenig eingeschüchtert: „Aidan? Kannst du meine Gedanken lesen? Es kam mir so vor… als wir im Auto unterwegs waren.“ Sie war sich nicht sicher, wie sie dazu stand, es war doch ein recht privater Raum, den sie noch nie mit jemandem offen geteilt hatte. Vor allem weil er, wenn er es wirklich konnte, nicht vorher gefragt hatte, und das widerstrebte ihr zutiefst. Doch bevor sie sich da hinein steigern konnte, antwortete er ihr offen: „Nein. Ich kann deine Gesichtszüge lesen und daran viel von dem erkennen, was du denkst. Aber deine Gedanken gehören allein dir. Manchmal…“ Er hielt inne, als würde ihm das selbst gerade erst bewusst werden. „Manchmal ist es, als könnte ich deine Gefühle spüren. Die ungefähre Richtung deiner Gedanken, als wären wir… auf einer Wellenlänge?“ Das klang schon ganz anders. Angenehm. Annehmbar. Sie seufzte zufrieden. „Es ist schön, dass wir uns so gut verstehen. Du hast mich damals so angeblafft, weil ich der Wahrheit zu nahe gekommen war, und du dich nicht verraten durftest. Nicht wahr?“ Aidan brauchte nicht nachzufragen, er wusste genau, wovon sie sprach. „Es tut mir leid. Ich habe überreagiert, es war einfach... so schwer für mich, nicht mit dir teilen zu können, was ich weiß. Es hätte dir so gut gefallen, ich wollte dir so viel sagen. Aber ich konnte nicht, durfte nicht, also bin ich ausfallend geworden, um das Thema schnellstmöglich zu beenden. Das hätte ich nicht tun dürfen, ich hoffe, du kannst mir verzeihen.“ Seine Stimme klang ganz sanft und ging ihr durch und durch. Damals dachte sie, er wäre doch nicht so perfekt, doch nicht der Richtige. In den Tagen danach war deutlich geworden, dass er es sehr wohl war, und jetzt verstand sie auch, wieso er sich so verhalten hatte. Sie schmunzelte. „Manchmal bist du eben ein ganz schöner Drache!“ „Oh danke!“ „Das war kein Kompliment, Aidan!“ Aber es lag kein Vorwurf in ihrer Stimme, eher ein leises Lachen. Für einen Augenblick vergaß sie, dass sie auf der Flucht waren und ihre Lage im Grunde hoffnungslos. Er machte sie einfach glücklich, und sie war froh, in seiner Nähe sein zu können.
Wieder war es, als könne er ihre Gedanken lesen, denn er raunte gegen den Wind: „Es tut so gut, dass du bei mir bist. Mein Leben lang war ich allein. Drachen meiner Art legen ihre Eier in die Lava, und die Kleinen sind von Anfang an auf sich gestellt. Außer mir gibt es nur noch wenige – es scheint, als wären seit dem großen Krieg keine mehr geschlüpft. Ich hatte mich damit abgefunden, dass ich keine Partnerin finde… und dann habe ich dich gesehen und… Natürlich wusste ich, dass es unmöglich ist. Aber ich konnte mich nicht dagegen wehren. Ich musste dich wiedersehen, und ich musste dir zeigen, wer ich wirklich war.“ Sabrìanna spürte einen wohligen Schauer über ihren Rücken laufen, als er ihr damit eingestand, dass er sich vom ersten Augenblick an in sie verliebt hatte. Doch sie dachte über seine Worte nach und erwiderte schließlich mit einer sehr kleinen Stimme: „Aber wir können doch nicht zusammen sein, oder? Du bist ein Drache. Ich ein Mensch. Wir sind nicht wirklich kompatibel und…“ „Sag so etwas nicht!“ unterbrach er sie grollend und schlug heftig mit den Flügeln, trieb sie ein wenig schneller durch die Lüfte. Sabrìanna biss sich auf die Lippen, doch sie konnte die Worte nicht lange zurückhalten: „Du kannst mich nicht jedes Mal anblaffen, wenn ich etwas sage, was dir nicht passt!“ Sie sagte es sanft, doch mit einem eisernen Unterton. Sie
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