Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)
einem Abend, den ich nie vergessen
würde.«
»Was ist
das für ein Freund? Wie heißt er?« John entging nicht diese gewisse Erregung, die
ihn gepackt hatte. Wie aus dem Nichts rauschte da tatsächlich ein Lichtpunkt am
Ende dieses trostlosen Tunnels auf ihn zu. Oder war er zu euphorisch? Cool bleiben,
ermahnte er sich.
»Sein Name
ist Peter Eisenring. Alle nennen ihn Piet.« Metzler schnaufte einmal durch. »Hören
Sie, ich habe nichts getan, ich gehe nur ab und zu in die Belfortstraße …«
»Dann können
Sie ja umso entspannter berichten«, schnitt John ihm das Wort ab. »Piet Eisenring.
Wer ist das?«
»Ihm gehört
eine kleine Autowerkstatt in Littenweiler. Ich kenne ihn aus der Bar, in der ich
bediene. Die WunderBar.«
»Sie sind
also nicht immer im Karpfen?«, warf John ein.
»Nein, nur
an zwei oder manchmal drei Tagen die Woche.« Metzler winkte ab. »Davon könnte ich
nicht überleben. Ich habe mehrere Jobs. Am Wochenende stehe ich meistens in der
WunderBar hinterm Tresen.« Er betrachtete seine Schuhspitzen, genau wie am Tag zuvor.
»Piet ist ein Chaot. Am einen Tag hat er Geld wie Heu und schmeißt damit um sich,
am nächsten keinen einzigen Cent. Ich hab oft mit ihm gequatscht. Und ich hab ihn
auch anschreiben lassen, obwohl’s der Chef mir verboten hat.«
»So kamen
Piets Schulden zustande.«
Ein stummes
Nicken.
»Womit wir
bei der ›Party‹ wären. Oder dem ›Abend‹ oder wie auch immer Sie es nennen möchten.«
»Piet hat
ziemlich Sprüche geklopft. Das macht er sowieso jedes Mal, aber wenn’s um diesen
Abend ging, dann erst recht. Er gibt immer an, erzählt, dass er nur die tollsten
Leute kennen würde und solche Sachen. Er meinte, er würde mich da reinbringen, ich
hätte mehr Spaß als in meinem ganzen bisherigen Leben zusammengenommen. Also hab
ich mich darauf eingelassen.«
John sah
ihn an. »War’s denn so spaßig?«
Metzler
wich Johns Blick aus. »Na ja. Irgendwie schon. Jedenfalls hatte ich so was noch
nie erlebt. Das Ganze fand in einem gewöhnlichen Haus statt. Anfangs dachte ich,
wir würden wirklich nur auf eine normale Fete gehen. Es war allerdings mehr als
das.«
»Was war
›mehr‹?«
»Einfach
alles.« Metzler lachte auf und sah erneut auf seine Schuhspitzen. »Wahnsinnseinrichtung.
Wahnsinnsbüfett. Austern, Champagner, eisgekühlter finnischer Wodka. Was weiß ich
nicht alles. Sauteure Lederpolster, Teppiche, in denen man ertrinkt. Und nur Männer,
bei denen das Geld aus den Nasenlöchern rauskommt.«
»Männer?
Also keine Wahnsinnsfrauen?«
»Doch, doch.
Aber die eigentlichen Gäste, das waren ausschließlich Männer.«
Die Sonne
schien, ein paar Wolkenfetzen wurden von einem leichten herbstlichen Wind vor sich
hergetrieben, und John verspürte immer noch dasselbe Gefühl wie am Vortag, als würde
sein Puls schneller gehen, beinahe rasen. »Was für Männer?«, hörte er sich fragen.
Dieses Gespräch verlief anders als alle zuvor, ganz anders. Endlich.
»Herren
der Gesellschaft. Piet und ich waren mit Abstand die Jüngsten, ich außerdem der
Ärmste. Herren, die sich leise unterhielten, die Witzchen rissen und uns kaum beachteten.«
»Wie hießen
sie?«
»Nicht die
leiseste Ahnung. Ehrlich. Mir fiel sofort auf, dass sich niemand mit Namen anredete.
Da fiel kein einziger Vorname, kein Spitzname. Einen der Männer erkannte ich. Einen
Politiker, der einen Sitz im Landtag hat, oder was weiß ich. Seinen Namen kenne
ich nicht einmal, ich sah nur sein Bild öfter mal in der Zeitung und erinnerte mich
an ihn. Keiner sagte mir, dass er es wirklich ist, aber ich war mir sicher.« Erneut
dieses Auflachen. »Jedenfalls alles Typen, die sich für wahnsinnig wichtig halten.
Alle so um die 50, bestimmt jeder mit Familie und mindestens drei Kindern. Rechtschaffene
Herren der guten Gesellschaft. Genau die, die man bei einer solchen Veranstaltung
nicht erwarten würde.«
»Was wurde
denn geboten?«
Der Kellner
schob seine Hände tief in die Hosentaschen, als würde ihm das irgendwie Schutz bieten.
Seine ansonsten auffällig bleichen Wangen hatten sich gerötet. »Och, so einiges.«
»Drogen?«
»Nö.« Metzler
verdrehte die Augen. »Kann natürlich sein, dass sich der eine oder andere eine Nase
durchgezogen hat.«
»Also Koks.«
»Ja. Aber
darum ging’s nicht.«
»Jetzt kommen,
schätze ich mal, die Wahnsinnsfrauen ins Spiel?«
Noch tiefer
das Rot, das Metzlers Wangen färbte. »Zuerst waren nur die Männer da, und ich dachte
schon, Mensch, wo hat mich Piet denn
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