Schmidts Bewährung
hier. Ihr kommt oft zu mir. Sie lernt die Leute kennen, mit denen ich arbeite. Sie machen wichtige Sachen. Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber es sind immer ein paar junge Leute dabei. Nur für sie. Und was tust du für sie? Das kann ich dir sagen: gar nichts. Null. Du gehst nicht mal mit ihr ins Kino oder ins Restaurant. Ich habe mich mit ihr über die besten Restaurants hier in der Gegend unterhalten. Sie kennt sie nicht, sie ist nirgends gewesen. Und im September, denkst du, soll sie dann wieder weitermachen mit der College-Routine. Morgens Übungen, am Nachmittag Hausaufgaben, und nach einem frühen Essen dann ab ins Bett mit Schmidtie. Die Frage ist, machst du dir was vor oder ihr? Vielleicht meinst du ja, du wärst im Bett eine Art Michael Jordan.
Schmidt hoffte, daß er nicht sichtbar die Farbe wechselte. Dieser Flegel und seine Sensibilität! Um es mit Mr. Mansours Worten zu sagen: das Problem seiner unglaublichen Grobheit war das Verhältnis zwischen Sadismus und gutgemeinter Einmischung. Nein, gutgemeint war die Einmischung doch nicht, sie hatte Motive: Eitelkeit und zwanghafte Angeberei. Natürlich brachte Michael nichts vor, was Schmidt sich nicht selbst wieder und wieder gesagt hätte. Aber Schmidt wollte seine schmutzigen kleinen Geheimnisse unter der Decke seiner habituellen Selbstkritik und Selbstironie verborgen halten. Dank Mr. Mansour erwies sich nun, daß es gar keine Geheimnisse waren. Für Mr. Mansour lag alles klar vor Augen. Und deshalb auch für seinen Klientenschwarm. Für die polnische Putzkolonne. Für Gil und Elaine Blackman. Eines wußte Schmidt mit Gewißheit: Carrie hatte ihn nicht verraten. Sie hätte sich nie und nimmer bei Mansour beklagt. Möglicherweise hatte sie nicht genug Selbstzweifel – andererseits war ihre Weigerung, ihn zu heiraten, doch wohl ein Beweis für Selbsterkenntnis. Trotzdem meinte er, vorläufig – wenn auch vielleicht nicht für lange Zeit – sei dasLeben, das sie führten, ein Leben nach Carries Willen, auch wenn Mr. Mansour dies anders beurteilte. Seine Carrie mitten unter Glückspillenhändlern und Models mit Kokaingesichtern, die zu Wochenendpartys in die neuen Clubs in Southampton geschafft wurden? Auf keinen Fall! War das die Art Unterhaltung, die Mansour im Sinn hatte? Schmidts Vorstellung von solchen Etablissements setzte sich zusammen aus Berichten der Lokalpresse und Erinnerungen an Bordellszenen auf Bildern von Degas. Folglich war er überzeugt, sich die entsprechenden kleinen schwarzen Kleidungsstücke leicht ausmalen zu können, die mit dem tiefen Rückenausschnitt, die zu höchst obszönen Zärtlichkeiten einluden, dazu unerträglich lange Beine im Knäuel mit haarigen Männerbeinen, behaarten Männerhänden und fetten Männerfingern. Niemals! Wirklich, Schmidtie, niemals? Und warum eigentlich nicht?
Du sprichst beharrlich von Dingen, über die ich mich lieber nicht auslassen möchte, teilte er Mansour mit. Es war ein köstliches, aber sehr langes Essen. Ich glaube, ich gehe jetzt.
Mr. Mansour trug bestimmt irgendwo an seinem Körper versteckt ein elektronisches Gerät, das ihm die Möglichkeit gab, einen Leibwächter oder auch Manuel zu rufen, ohne auf einen sichtbaren Knopf drücken zu müssen. Schneller als man es für möglich gehalten hätte – aber vielleicht hatte er schon die ganze Zeit im Durchgang zu Mr. Mansours Studio gewartet, dessen Tür offenstand –, erschien Jason hinter Schmidts Stuhl und knetete ihm die Schultern durch.
Mr. Mansour sagte: Schmidtie, ich geb dir einen Rat unter Brüdern. Laß das Gezappel. Du kannst Jason nicht loswerden, bevor er dich ausläßt, also probiere es gar nicht erst. Und verkrampf dich nicht so. So ist es recht, entspanne dich, sonst tut er dir weh. Du solltest dir eine Wohnung in New York nehmen und der Kleinen ein Leben gönnen. Sie muß unter Menschen. Ich bin gern bereit, das für dich zu organisieren.
Wie Klauen bohrten sich die Finger genau in die Schmerzpunkte.
Michael, bitte sag Jason, er soll aufhören. Jason, hör auf. Ich weiß, es ist sehr wirksam, aber bitte hör auf.
Ein Lidschlag von Mr. Mansour. Jason drückte Schmidts Nacken zum Abschied noch einmal kräftig und verschwand.
Danke, Michael. Jason ist ein guter Masseur, aber im Augenblick möchte ich keine Massage. Weißt du, Carrie will nicht, daß wir ein Apartment in New York kaufen. Ich habe es ihr schon angeboten, aber sie hat nein gesagt.
Du machst dir was vor. Das Problem ist doch das: Will sie ein
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