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Schmidts Einsicht

Schmidts Einsicht

Titel: Schmidts Einsicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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eigentlich noch sinken? Du bringst deinen Ägypter dazu, Irv Grausam anzurufen, damit er mir Druck macht? In einer Angelegenheit, die weder mit dem Ägypter noch mit meiner Kanzlei zu tun hat? Nur um mich in die Scheiße zu reiten. Du bist und bleibst ein Mistkerl, also laß dir sagen, wo für mich Schluß ist. Ich werde deiner schönen Tochter weder das Appartement noch das Haus überlassen, wenn und solange mir nicht alles, was ich in die Instandsetzung investiert und für die Hypothek und das Darlehen auf das Appartement bezahlt habe, bis zum letzten Cent mit Zinsen zurückerstattet wird. Daß sie kein Geld hat, weiß ich, also mußt du blechen. Hast du das verstanden?
    Ja. Und du kannst deinem Anwalt sagen, daß dir das Geld sicher ist, sobald du die Immobilien auf Charlotteüberschreibst und eine Trennungsvereinbarung unterzeichnest, die Joe Black in Ordnung findet.
    Charlotte rief ungefähr zwei Wochen danach an. Schmidt war in seinem Büro.
    Dad, Joe Black sagt, die Papiere sind fertig, die mir das Appartement und Claverack zurückgeben, und die Trennungsvereinbarung liegt auch bereit, aber Jon will nicht unterschreiben, bis ihm erstattet wird, was er bezahlt hat. Warum soll der Scheißkerl irgendwas bekommen? Er hat doch in dem Appartement und in Claverack gewohnt, oder?
    Jon wird bezahlt, damit dies erledigt ist, damit er verschwindet. Ist es nicht das, was du und Mr. White wollen? fragte Schmidt.
    Ja, aber er sollte bezahlen, was er mir schuldet. Gibst du mir das Geld für ihn?
    Ja.
    Sie sagte, dann ist es wohl O.K., dann muß ich dir wohl dankbar sein, und legte auf.
    Weil Charlotte ihn im Lauf eines Telefongesprächs nach dem Namen eines Maklers fragte, dem sie den Verkauf ihres Appartements anvertrauen könne, zog Schmidt den Schluß, daß die Trennungsvereinbarung unterzeichnet war. Er nannte ihr den Namen einer jungen Frau, die in seinem Auftrag einen Käufer für seine Wohnung an der Fifth Avenue gesucht hatte, als er in den Ruhestand gegangen war. Sie hatte einen für damalige Verhältnisse spektakulären Preis erzielt. Als er fragte, ob Charlotte auch einen Makler für Claverack brauche, sagte sie, sie kenne schon jemanden in Hudson. Schmidt hatte Josh White noch nicht gesehen, Charlotte hatte jedesmal, wenn er um ein Treffen zu dritt bat, mit einer extra langgedehnten Aussprache des Wortes Dad reagiert. Übersetzung laut Schmidt: Laßmich in Ruhe. Unterdessen bezahlte er pflichtschuldig Dr. Townsends Rechnungen, die jetzt direkt an ihn geschickt wurden, dazu Charlottes Unterhalt, die Miete für ihr Appartement und die unverschämt hohen Prämien für ihre individuelle Krankenversicherung. Daß sie sich nicht die Mühe gemacht hatte, ihrem Vater ausdrücklich zu danken, statt sich nur ein widerwilliges »ich muß dir wohl dankbar sein« abzuringen, war eine Ruppigkeit, auf die er sich eingestellt hatte. Sie hatte aber auch versäumt, Mr. Mansour zu danken, ohne dessen Hilfe die Pattsituation im Krieg der Rikers zweifellos bestehengeblieben wäre, und das kränkte ihn. Jedesmal, wenn er daran dachte, schämte er sich.
    Die Briefe, die er Charlotte seit Marys Tod immer dann geschrieben hatte, wenn sein Ärger den Siedepunkt erreichte, hatten nicht bewirkt, daß sie sich besser benahm, so gesehen, waren sie kein Erfolg gewesen. Aber ihm ging es danach besser. Er wußte, was er tat, als er schrieb:
    Liebe Charlotte,
    ich bin sehr froh, daß Du Dir Dein Eigentum wieder verschaffen konntest und auf dem Weg bist, eine alleinstehende Frau zu werden. Ohne Mike Mansour hättest Du das nicht erreicht. Ich habe Dir erzählt, was er getan hat. Es war allein seine Idee. Er verdient Deine Dankbarkeit und einen Brief von Dir, in dem Du sie deutlich machst. Zufällig bin ich sicher, daß Du ihm nicht geschrieben hast, weil ihm Dein Wohlergehen so wichtig ist, daß er es mir erzählt hätte, wenn ein Brief von Dir gekommen wäre.
    Wie Du Dir vorstellen kannst, wünsche ich mir auch weiterhin, Josh White kennenzulernen. Bitte denk darüber nach, wie sich das einrichten ließe. Mir wäre alles recht, angefangen mit einer Tasse Kaffee im Village,Dinner in einem Restaurant, in dem Ihr beide gern seid, bis hin zu einem kurzen oder langen Wochenende in Bridgehampton.
    In Liebe,
Dein Vater.
    Dies war keine seiner feineren Arbeiten. Trotzdem schickte er den Brief ab. Etwa sechs Monate später rief ihn die Maklerin an, die er Charlotte empfohlen hatte, und meldete, sie habe einen vollkommen vertrauenswürdigen Käufer

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