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Schmidts Einsicht

Schmidts Einsicht

Titel: Schmidts Einsicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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erzählt.
    Ich weiß. Er ist sehr intelligent.
    Neben dem Bett stand ein Stuhl. Er setzte sich und küßte ihr noch einmal die Hand.
    Ich möchte dich nicht ermüden, sagte er. Was für ein Glück, dich zu sehen. Im Flugzeug hatte ich solche Angst. Ich dachte, wir würden es nie über den Atlantik schaffen, und als wir den St.-Lorenz-Strom überflogen hatten, fürchtete ich, wir würden nie nach Albany kommen.
    Dad, ich kann keine Kinder mehr bekommen. Sie haben mir die Gebärmutter wegoperiert. Ich wollte den kleinen Jungen so sehr! Jetzt verläßt mich Jon bestimmt. Was soll er mit einer Frau, die keine Kinder haben kann? Wozu braucht man dann eine Ehe?
    Nein, das tut er nicht, mein Herz, es gibt viele glückliche kinderlose Ehen. Du wirst schon sehen.
    Sicher. Wir können uns einen Hund anschaffen. Oder zwei. Oder einen Hund und eine Katze. Wir können adoptieren!
    Viele Leute adoptieren und lieben ihre adoptierten Kinder so sehr, daß es keinen Unterschied macht. Daran sollst du jetzt noch nicht denken. Jetzt mußt du dich erst einmal so weit erholen, daß du das Krankenhaus verlassen und wieder Kräfte sammeln kannst.
    Klar, Dad.
    Sie fing an zu weinen. Er beruhigte sie, so gut er konnte, mit all den Kosenamen aus ihrer Kindheit.
    Dad, sagte sie nach einer Weile, meinst du, du könntest bis Freitag nachmittag bleiben? Jon muß in die Stadt zurück – er hat einen Prozeß, und es ist ein wichtiger Fall –, und Renata und Myron müssen wieder zu ihren Patienten.
    Aber ja, nichts lieber als das. Ich komme heute nachmittag wieder. Ruh du dich jetzt ordentlich aus. Die Schwester macht mir schon alle möglichen Zeichen, damit ich verschwinde.
    Dieser Tag und der nächste, der Freitag, waren für ihn die glücklichste Zeit, die er mit Charlotte seit Marys Tod verbracht hatte. Er las ihr Nachrichten aus der Times vor.Sie fingen mit der Lektüre von The Warden an, den er zum Wiederlesen in seinen Koffer gepackt hatte. Sie erzählten einander Geschichten von früher, an die sie sich genauer erinnerte als er, Geschichten, die alle mit Mary zu tun hatten und Zeugnisse für die Harmonie in ihrem häuslichen Leben waren; sie unterhielt ihn mit Klatsch aus dem Radcliffe-Studentenheim, der ihn zum Lachen brachte, auch wenn er die Namen der Mädchen, die in Charlottes Anekdoten die wichtigsten Rollen spielten, längst vergessen hatte. Entspannte Vertrautheit entstand, und in dieser Stimmung einigten sie sich darauf, daß er übers Wochenende nach Bridgehampton zurückfahren würde, schon früh, bevor die Rikers eintrafen, damit er nicht in den schlimmsten Freitagnachmittag- und abendverkehr geriet, aber am Montag wiederkommen und bis zu ihrer Entlassung bei ihr bleiben würde. Der Chirurg meinte, wenn sie weiter so gute Fortschritte mache, könne sie wahrscheinlich am Mittwoch entlassen werden. Dann würden entweder Schmidt und Jolanda oder ein oder mehrere Rikers sie nach Hause bringen.
    Am Freitag gegen Mittag spielten sie Scrabble und waren kurz vor dem Ende einer Runde, als Renata anrief. Obwohl Charlotte nichts gesagt und auch nicht mit einem Zeichen angedeutet hatte, sie wolle allein sein, ging er hinaus auf den Korridor, damit sie freier sprechen konnte. Das Gespräch dauerte lang. Endlich hörte er, wie sie den Hörer auflegte, und ging wieder zu ihr ins Zimmer, um zu fragen, was sie sich als Abschiedsessen wünsche. Man durfte ihr Essen von außerhalb mitbringen, Suppen und leicht verdauliches Fleisch, zum Beispiel Brathühnchen, waren erlaubt. Schmidt hatte in der Nähe ein Lebensmittel- und Delikatessengeschäft gefunden, das genau diese Waren verkaufte.
    Sie starrte ihn mit leerem Blick an und sagte: Gegendrei Uhr kommen sie, das heißt Renata und Myron. Jon kann erst spät fahren. Vielleicht schafft er es heute gar nicht mehr.
    Wie schade, erwiderte Schmidt. Hast du dir überlegt, was du gern zum Lunch haben möchtest? Hühnersuppe und kaltes Huhn? Es ist zweimal das gleiche, aber beides schmeckt gut. Vanilleeis zum Nachtisch?
    Egal. Was du willst!
    Sie wirkte verdüstert, deshalb fragte er: Liebes, was ist denn los?
    Oh, nichts weiter. Ich mache mir nur klar, was ich geworden bin!
    Er beeilte sich mit seinen Einkäufen, hielt noch an einem Blumengeschäft, um eine Vase mit weißen und rosa Pfingstrosen zu erwerben, und traf schwerbeladen wieder in Charlottes Zimmer ein. Er merkte, daß sie geweint hatte.
    Sie aßen schweigend. Sie hatte einen Blick auf die Blumen geworfen, aber nichts gesagt. Als er die Teller

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