Schmidts Einsicht
ein Problem mit dem Baby. Als er Bryan nach einer Weile wieder anrief, zeichneten sich keine neuen Entwicklungen ab; Jason war noch bei Carrie. Ich gehe vielleicht aus, sagte Schmidt. Wenn du mich zu Hause nicht erreichst, ruf mich bitte auf meinem Handy an.
Er mischte sich einen Martini und trank ihn langsam. Die New York Times lag auf dem Küchentisch. Sie interessierte ihn nicht. Im Kühlschrank war vielleicht genug Essen für sein Abendbrot, vielleicht auch nicht. Er sahnicht nach, es war ihm egal. Die Gefühle, die ihn in Wellen überrollten, waren zu stark für die Einsamkeit seiner Küche. Er pfiff nach Sy. Der kleine Kater kam würdevoll und ohne Hast durch die Fliegengittertür, die Schmidt ihm offenhielt, und nahm seinen Lohn in Empfang. Eine halbe Scheibe Oscar-Meyer-Schinken, in kleine Stücke geschnitten. Nachdem diese Transaktion erledigt war, schloß Schmidt die Katzentür für die Nacht, rasierte sich, nahm ein Bad, zog frische Kleidung an und fuhr zu O’Henry’s. Er hatte überlegt, Gil Blackman anzurufen und ihn, falls er in Wainscott war, zu fragen, ob sie sich treffen könnten. Wenn Elaine ihre Drohung wahrgemacht und die Mumie auf Dauer ins Haus geholt hatte, wäre Gil wahrscheinlich nichts auf der Welt lieber als eine Verabredung mit Schmidt. Oder vielleicht würden Elaine oder Gil daran denken, ihn zum Abendessen einzuladen. Nein, Gil anzurufen war keine gute Idee. Er wollte nicht von seinem Besuch in Claverack erzählen: jedenfalls noch nicht. Und er sah keinen Weg, Gil an seinen Gefühlen für Carrie teilhaben zu lassen. Sie waren zu fragil, zu wichtig. Und wie sollte er verhindern, daß Gil sie in einen Topf warf mit seinen Sturm-und-Drang-Gefühlen für DT?
Er schwankte, ob er sich einen Martini bestellen sollte – wenn er nun in aller Eile in die Klinik fahren mußte? –, zuckte die Achseln und ließ sich einfach einen bringen, trank ihn zu hastig und wartete auf sein Steak. Jetzt war ein Kompromiß nötig. Ein Glas Wein mußte reichen.
Mary hatte fast dreißig Stunden lang Wehen, bis Charlotte geboren wurde. Er konnte nicht begreifen, wie sie das aushielt, und flehte den Geburtshelfer an, einen Kaiserschnitt zu machen. Der rohe Kerl – ein Dr. Bubis, Schmidt wußte den Namen noch – weigerte sich. Endlich holte Bubis das Baby mit der Zange. Weder das Baby noch Mary wurden dabei verletzt, Gott sei Dank. Es war schieres Glück. Schmidt konnte sich nicht überwinden zu glauben, daß Geschicklichkeit dabei irgendeine Rolle gespielt hatte. Es gab viele mögliche Erklärungen, warum Mary nicht noch ein Kind haben wollte, aber die lange Quälerei war mit Sicherheit eine der wichtigsten. Wer konnte es ihr verdenken, vor allem, da Bubis sie zur Lamaze-Methode überredet hatte und sich erst wenige Stunden vor der Zangengeburt zu einer Periduralanästhesie entschloß? Schmidt hatte nicht gefragt, wer den kleinen Albert entbinden würde. Nun wünschte er, er hätte es getan. Er hätte Erkundigungen über den Arzt oder die Ärztin einholen können. Jetzt war es zu spät. Vielleicht war es ganz gut, keinen Wirbel zu machen. Carrie war jung und gesund.
Der Anruf kam kurz nach drei Uhr morgens. Es war Jason. Möchtest du mit Carrie sprechen? fragte er. Hier ist sie.
Schmidtie, flüsterte sie, er ist ein häßlicher kleiner Kraftmeier mit roten Haaren. Der wird dir gefallen, glaube ich. Ich liebe ihn jetzt schon.
XIII
Dies irae.
Mike Mansours Maschine kam am Mittwoch abend ein paar Minuten nach neunzehn Uhr auf dem Flughafen Le Bourget im Norden der Stadt an, wo fast alle Privatflugzeuge mit Ziel Paris landeten. Alice erwartete Schmidt um halb zehn in ihrer Wohnung. Paß- und Zollkontrollen in Le Bourget waren nicht nennenswert, und Mr. Mansours Pariser Rolls-Royce stand auf dem Rollfeld bereit. Selbst wenn sie auf dem Weg zur Stadt in stockenden Verkehr geraten sollten, blieb ihm noch genug Zeit, sich zu duschen und umzuziehen, bevor er zu Alice ging; vielleicht würde er sogar anrufen und fragen, ob er eher kommen dürfe. Da er während des achtstündigen Flugs viel geschlafen hatte, fühlte er sich ausgeruht. In zwei Stunden würde er sie sehen! Sein ganzer Körper kribbelte vor Erregung.
Die Frage ist, ob du mich heute abend zum Dinner mit deiner liebenswürdigen Dame einlädst oder ob ich allein essen muß, hatte Mike Mansour gesagt.
O Mike, hatte Schmidt zur Antwort gegeben, ich wünschte, ich könnte dich einladen, aber ich werde bei ihr zu Hause essen. Ein andermal, machen wir es
Weitere Kostenlose Bücher