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Schmidts Einsicht

Schmidts Einsicht

Titel: Schmidts Einsicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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ganz normal, daß Ehepaare aus dem einen oder anderen Grund keine Kinder haben können. Sie stellen sich darauf ein.Charlotte und Jon sind jung. Geld ist kein Problem für sie. Wahrscheinlich werden sie adoptieren.
    Du hast sicher recht, antwortete Schmidt. Danke! Aber das ist noch nicht alles. Er hielt sich nicht an seinen Vorsatz, wieder konnte er nicht anders. Er erzählte Gil, welche Szenen Charlotte gemacht und wie sie ihn beschimpft und verunglimpft hatte, ließ nur die Bemerkungen aus, die mit dem kleinen Albert zu tun hatten. Die Folgen für das Baby und für Carrie und ihre Ehe wären zu bedrohlich gewesen. Dieses Risiko konnte er nicht eingehen. Aber er schilderte die abscheulichen Gespräche mit Jon Riker und dessen Mutter. Sie sind Monster, sagte er, gefährliche, bösartige Monster.
    Mr. Blackman schwieg lange. Nachdem er sein Weinglas geleert und die Kellnerin durch ein Zeichen gebeten hatte, eine neue Flasche zu bringen, schüttelte er endlich den Kopf und sagte, ja, sie sind Monster, gefährliche Manipulierer, und Charlotte ist schwächer, als ich gedacht hätte. Ich glaube, es wäre besser, wenn du sie so siehst: als eine Frau, die schwach und leicht zu beeinflussen ist. Wenn sie nicht so nach Rikers Pfeife tanzen würde, hätte sie gemerkt, daß niemand großzügiger mit seinem Geld umgeht als du. Sie würde auch sehen, daß ihr Ehemann eine doppelte Agenda hat: Er will an dein Geld kommen oder hohe Sicherheiten haben, daß es ihm wirklich zufließen wird, aber das reicht ihm nicht. Er hat auch das Bedürfnis, dich dazu zu zwingen, daß du es selbst hergibst; das Geld allein ist nicht genug, er will dich demütigen. Natürlich hast du den Rikers in die Hände gespielt, mein armer Freund, als du ihnen deinen verborgenen Antisemitismus gezeigt hast.
    Wie kannst du nur, Gil, schrie Schmidt auf.
    Ich kann, weil es wahr ist.
    Diese Worte erschütterten Schmidt. Er hörte darin eindeutliches Echo von Charlottes Vorwurf. Hatten sie sich alle gegen ihn verbündet?
    Hast du vergessen, wie zuwider es dir war, daß der Jude Jon dein Schwiegersohn werden sollte? fuhr Mr. Blackman fort. Wenn du meinst, das sei nicht deutlich geworden, irrst du dich. Jon hat die Zeichen nicht übersehen. Weißt du noch, wieviel Theater du gemacht hast, bis du zu einem Thanksgiving-Essen in das Haus der Eltern gingst? Ich kann dir garantieren, daß sie das nicht vergessen haben. Und dies sind nur die beiden Beispiele, an die ich mich erinnere. Es muß andere gegeben haben. Eine Art Leitmotiv.
    Ich hatte meine Gründe, unglücklich darüber zu sein, daß Jon erst mit meiner Tochter zusammengelebt und sie dann geheiratet hat, Gründe, die nicht damit zusammenhingen, daß er Jude ist. Unter anderem hatte ich gehofft, daß sie einfach einen besseren, feinfühligeren und vielseitigeren Mann fände. Wie albern das heute wirkt! Leider hat das, was danach passierte, mein Urteil über Jon bestätigt. Er hat sich schändlich betragen. Daß er unablässig versucht, mich zu reizen und zu demütigen, ist noch das wenigste. Auf diese charmante Neigung hast du gerade selbst hingewiesen!
    Das ist alles richtig. Aber du hast ihnen einen kleinen Zugang geöffnet, durch den sie ganze Laster gefahren haben, einen nach dem anderen. Vergiß – nein, vergiß nicht –, was ich dir über Antisemitismus gesagt habe. Paß einfach auf, daß du nicht wieder darüber ins Straucheln kommst. Ich weiß, du bist harmlos und trägst das Herz am rechten Fleck, aber ich kenne dich schon fast mein ganzes Leben lang, und du bist für mich wie ein Bruder. Diese Leute dagegen stilisieren dich nur zu gern als bigott. Gib ihnen nicht noch mehr Munition, laß sie in Ruhe. Alle Rikers, auch Charlotte. Das Leben hält alle möglichenÜberraschungen für uns bereit, manche sind schlecht oder schlimmer, und manche erfreulich. Vielleicht bringt eine davon eine Umkehr zu deinen Gunsten. Charlotte kann immer noch zurückkommen und anfangen, sich mehr oder weniger wie eine Tochter aufzuführen.
    Du hast recht, sagte Schmidt. Was soll ich auch sonst machen, mir fällt nichts ein.
    Nebenbei bemerkt oder vielleicht wegen DT, ich denke daran, auf der Grundlage von Joe Cannings neuem Buch Die Schlange einen Spielfilm zu drehen. Hast du das Buch gelesen?
    Schmidt schüttelte den Kopf.
    Das habe ich mir gedacht. Hier ist es. Ich habe es dir mitgebracht. Lies es bei Gelegenheit.
    Am nächsten Morgen rief Schmidt Alice in ihrem Büro an. Er hatte ein beinahe physisches Bedürfnis, mit ihr

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