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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Knie und faltete die Hände zum Gebet.
    »Wir befinden uns im Innern eines Raumschiffs«, sagte die junge Frau. »Weiter unten gibt es Wohnräume. In einer kleinen Weile, vielleicht in ein paar Stunden, werden wir die Erde verlassen. Einige von Ihnen wissen das schon. Der Rest von Ihnen sollte Geduld haben und sich bitte nicht ängstigen.«
    Arthur ergriff die Hände seiner Frau und seines Sohnes und schloß die Augen. Er wußte nicht, ob er Angst hatte oder in Hochstimmung war, oder schon in Trauer. Wenn sie an Bord eines Raumschiffs waren und alle Arbeit, die er und die anderen im Netz ihren Lohn bekam, dann dürfte die Erde wohl bald sterben.
    Seine Familie könnte überleben. Aber sie würden nie wieder die frische, kühle, salzige Luft atmen oder unter der Sonne im Freien stehen. Hinter seinen geschlossenen Lidern zogen Gesichter vorbei: Verwandte, Freunde, Kollegen. Auch Harry, als er noch gesund gewesen war. Arthur dachte an Ithaca Feinman und fragte sich, ob sie an Bord einer Arche sein würde. Wahrscheinlich nicht. Es waren nur so wenige Plätze verfügbar, zumal jetzt, da die Schiffe in Charleston und Seattle vernichtet waren. Eine Brutpopulation, mehr nicht.
    Und alle übrigen…
    Der jüngere Mann betete laut, glühend, mit einem von Schmerz und Konzentration verzerrten Gesicht. Arthur wäre es leicht gefallen, ihm dabei Gesellschaft zu leisten.

 
67
     
    Eine lockere Gruppe von zehn Personen nahm am frühen Morgen den Four Mile Trail, unter ihnen Edward und Betsy. Sie stiegen auf im Schatten von Douglas-Fichten und Ponderosa-Kiefern. In der stillen Morgenluft roch es stark nach Kiefernharz. Der Weg war zunächst nicht sehr steil, stieg dann aber immer mehr an bis zum Sentinel Creek etwa fünfundsiebzig Meter über der Talsohle.
    Um elf waren sie auf dem steil ansteigenden Weg, der westlich vom Sentinel Rock in die Granitwand eingeschnitten war.
    Edward legte eine Pause ein, um sich hinzusetzen und Atem zu schöpfen. Er bewunderte Betsy in ihren kurzen Kletterhosen.
    »Früher mußte man für diese Tour bezahlen«, sagte Betsy und stemmte ein wohlgeformtes Bein gegen eine Felsplatte, um ihren Wanderstiefel neu zu schnüren.
    Edward schaute über die Kante auf die Distanz, die sie schon erstiegen hatten, und schüttelte den Kopf. Bis Mittag hatten sie ihre Sweatshirts ausgezogen und sich die Ärmel um die Hüften gebunden. Sie machten Halt, um Wasser zu trinken. Inzwischen hatten sich die zehn über dreiviertel Kilometer verteilt wie Ziegen in einem Tierpark mit Terrassenanlagen. Ein junger Mann einige Dutzend Meter oberhalb von Edward hatte genug Energie, um sich auf die Brust zu trommeln und einen machtheischenden Tarzanschrei auszustoßen. Dann grinste er blöde und winkte.
    »Ich Jane, er plemplem«, kommentierte Betsy.
    Die gute Stimmung dauerte an, als sie am Union Point standen und, gestützt auf das Eisengeländer, in das Tal hinabschauten. Der Himmel war nur leicht rauchig, und die Luft wurde im Zuge des Aufstiegs wärmer. »Hier könnten wir anhalten«, schlug Betsy vor. »Die Aussicht ist recht hübsch.«
    »Vorwärts!« Edward machte eine heldenhafte Miene und zeigte auf das Ziel. »Nur noch ein einziger schwerer Anstieg.«
    Um ein Uhr hatten sie auf anscheinend endlosen Zickzackwegen den kahlen Granithang erstiegen und machten eine kleine Rast, um den Bestand an Bärentrauben zu betrachten. Dann gingen sie auf einem angenehmeren und verhältnismäßig ebenen Weg zum Glacier Point weiter.
    Minelli und seine Gefährtin Inez hatten in dem Wald hinter den asphaltierten Wegen, die zu den eingezäunten Terrassen des Gipfels führten, schon Zelte aufgestellt. Sie winkten Edward und Betsy zu und wollten sie veranlassen, herüber zu kommen und sich an ihrem Mittagspicknick zu beteiligen.
    Edward rief ihnen zu: »Wir wollen zunächst die Aussicht genießen. Nach einer kleinen Weile werden wir bei euch sein.«
    Auf das Geländer der untersten Terrasse gelehnt betrachteten sie das Tal in seiner vollen Ausdehnung und die Berge dahinter. Vogelgesang akzentuierte das gleichmäßige Flüstern der Brisen.
    Betsy sagte: »Es ist hier so friedlich. Man möchte glauben, daß hier nichts passieren kann…«
    Edward versuchte, sich seinen Vater vorzustellen, wie er vor mehr als zwanzig Jahren an der Brüstung gestanden und wie ein Clown mit den Händen gefuchtelt hatte, als seine Mutter eine Aufnahme mit einer Polaroid-Kamera machte. Sie waren gerade dorthin aufgestiegen. Eine Stunde später waren sie schon

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