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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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unterwegs nach Hause. Damit endete die letzte glückliche Zeit seiner Kindheit. Als Kind hatte er zum letzten Mal gefühlt, daß er glücklich hätte sein können.
    Er berührte Betsys Arm und lächelte ihr zu. »Die beste Aussicht der Welt«, sagte er.
    »Ein Platz in der Haupttribüne«, pflichtete ihm Betsy bei und beschattete sich die Augen gegen die starke Sonne. Sie standen einige Minuten lang an der Kante, die Arme umeinander geschlungen. Dann machten sie kehrt und gingen zu den Zelten zurück zu Minelli und Inez.
    Der Nachmittag verging langsam und müßig. Minelli hatte im Laden eine Stange trockener Salami gekauft und zwei Laib Brot. Inez hatte irgendwie einen großen Keil Cheddar-Käse mitgebracht. Sie sagte: »Vor ein paar Tagen hatten wir noch ein ganzes Rad davon. Fragt nicht, wie wir es gekriegt haben.« Ihr Lächeln war keß und kindlich und süß zugleich.
    Minelli verteilte Bierdosen, warm, aber doch willkommen; und sie aßen langsam, redeten wenig und lauschten dem Rauschen des Windes in den Bäumen hinter ihnen. Als sie fertig waren, breitete Edward einen Schlafsack auf dem Gras aus und lud Betsy ein, sich mit ihm hinzulegen und zu schlummern. Der Aufstieg hatte sie nicht erschöpft, aber die Sonne war warm, die Luft angenehm, und große, dicke Bienen summten in lässigen Kurven um sie herum. Beide waren gut gesättigt, und das Bier hatte Edward etwas schläfrig gemacht.
    Betsy lag neben ihm. Ihr Kopf ruhte in seiner Armbeuge. »Glücklich?« fragte sie ihn.
    Edward öffnete die Augen und schaute zu den weißen Wolken vor einem strahlend blauen Himmel auf. »Ja«, sagte er. »Das bin ich wirklich.«
    »Ich auch.«
    Ein paar Dutzend Meter weiter weg sangen andere Camper Folksongs und Lieder aus den sechziger und siebziger Jahren. Ihre Stimmen schwebten in der bewegten, warmen Luft und vermischten sich schließlich mit dem Wind und dem Summen der Bienen.

 
68
     
    Walter Samshow feierte seinen sechsundsiebzigsten Geburtstag an Bord der Glomar Discoverer, die ihre Kreise zog jenseits der Zone, wo gewaltige Sauerstoffmassen vorher an die Meeresoberfläche aufgestiegen waren. Die Blasenbildung hatte vor drei Tagen aufgehört.
    In der Kombüse des Schiffs war ein zwei Meter langer Geburtstagskuchen in Gestalt einer Seeschlange hergerichtet – oder eines Heringskönigfisches, je nachdem, ob man den Koch fragte oder Chao, der in seinem Leben schon mehrere Heringskönige gesehen hatte, aber keine Seeschlangen.
    Um fünf Uhr nachmittags wurde der Kuchen einigermaßen feierlich unter dem Sonnensegel am Heck angeschnitten. Dicke Stücke wurden auf dem besten Porzellan des Schiffs serviert. Dazu gab es Champagner oder alkoholfreien Punsch für die Diensthabenden.
    Sand toastete seinem Partner mit einem erhobenen Glas Champagner im Heck zu. Samshow lächelte und kostete den Kuchen. Er versuchte herauszubringen, welches Aroma der eigenartige schlammfarbene Zuckerguß hatte – den jemand als gesüßten Agar bezeichnet hatte. Da leuchtete der Ozean ringsum in einem hellen Blaugrün auf, das sogar unter der starken Sonne auffiel.
    Samshow fühlte sich an seine Jugend erinnert, wie er am Vorabend des vierten Juli bei Cape Cod am Strand gestanden hatte und seine Feuerwerkskörper in die Brandung geworfen hatte in dem Augenblick, wo die Zünder fast abgebrannt waren. Die Knaller waren unter der Oberfläche mit einem lautlosen Blitz elektrischgrünen Lichts explodiert.
    Die Besatzung auf dem Achterdeck verstummte. Einige sahen ihre Schiffskameraden verwundert an, weil sie das Phänomen verpaßt hatten.
    Kurz hintereinander erhellten weitere Lichtblitze vom nördlichen bis zum südlichen Horizont den Ozean.
    Samshow sagte in seinem besten professoralen Ton: »Ich glaube, wir werden jetzt die Lösung verschiedener Mysterien bekommen.« Er kniete sich hin, um seine Teller und das Glas mit Champagner aufs Deck zu stellen und trat dann mit Sands Hilfe an die Reling.
    Im Westen begannen das ganze Meer und der Himmel zu brüllen.
    Ein Vorhang aus Wolken und blendendem Licht stieg vom Westhorizont auf und kringelte sich langsam wie eine gepeinigte Schlange. Das eine Ende des Vorhangs glitt mit erstaunlicher Geschwindigkeit über das Meer auf sie zu. Samshow duckte sich. Er wollte gerade jetzt noch nicht, daß alles zu Ende ginge. Es gab noch mehr, das er sehen wollte, und noch mehr Minuten, die er leben wollte.
    Der Schiffskörper bebte heftig, und die Stahlmasten und Drähte begannen zu singen. Die Reling vibrierte

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