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Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall

Titel: Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P Gibert
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aufzubauen, dessen
Mittelpunkt seine Zeit hier in Wabern ist. Und der den armen Dieter Bauer zum
Schuldigen für all seine Probleme gemacht hat.«
    »Wieder eine gewagte These«, konterte Hain.
    »Sicher, für den, der damals nicht dabei war, junger Mann.
Wer allerdings zu jener Zeit hier Dienst geschoben hat, für den ist diese These
alles andere als gewagt.«
    »Haben Sie noch Kontakt zu ehemaligen Heimbewohnern aus
dieser Zeit?«
    Sie lachte laut auf. »Nein, Gott bewahre.«
    »Gibt es jemanden«, wollte Lenz wissen, »der Ihnen als
besonders bedrohlich oder gewalttätig in Erinnerung geblieben ist?«
    Erika Schäfer atmete schwer ein und wieder aus, sodass sich
ihre flache Brust deutlich sichtbar anhob und absenkte. »Natürlich gibt es
einige Ehemalige, bei deren bloßem Gedenken selbst mir ganz anders wird. Aber
jetzt einen zu benennen, dem ich einen Mord zutraue, das würde zu weit gehen.
Ich weiß, dass der eine oder andere sich nach seiner Entlassung aus dem
Karlshof in der Gegend niedergelassen hat, aber auch das will nichts heißen.«
    Lenz beugte sich in seinem Stuhl nach vorne und entla stete seine vom Sitzen mittlerweile schmerzende
Wirbelsäule. »Nur um ein ungefähres Bild zu erhalten, Frau Schäfer: Von wie
vielen Personen sprechen wir hier? Und sind es ausschließlich Jungs gewesen,
die Sie und Ihr Kollege Bauer damals zu betreuen hatten?«
    Sie dachte ein paar
Sekunden nach. »Die genaue Zahl kann ich Ihnen natürlich nicht sagen, aber
hochgerechnet sollten es zwischen 150 und 200 Personen sein. Alle männlich
übrigens, die Mädchengruppe war in einem anderen Teil der Anlage untergebracht.«
    »Und zu der hatte Herr
Bauer auch keinen Kontakt?«
    »Nein, nie.«
    Der Hauptkommissar kratzte
sich hörbar in seinem unrasierten Gesicht. »Ich muss noch einmal auf Ihre
Freundschaft zu Frau Bauer zurückkommen. Bitte erzählen Sie uns doch etwas mehr
darüber, was Sie beide auseinanderdividiert hat.«
    Erika Schäfer beugte sich nach vorne, sah den Polizisten an,
als wolle sie ihn mit ihrem Blick rösten, und faltete die Hände erneut vor der
Brust. »Ich könnte jetzt sagen, dass ich nicht darüber sprechen möchte. Oder
ich könnte Ihnen erklären, dass ich den Grund unseres Zerwürfnisses vergessen
oder verdrängt habe, aber das möchte ich alles nicht. Ich sage Ihnen frei
heraus, dass es Sie einfach nichts angeht.« Ihre Augen funkelten, während sie
weitersprach. »Es tut mir nicht leid, dass sie so elendig gestorben ist,
genauso wie ich es nicht bedauere, dass ihr Mann umgebracht wurde. Wir hatten
unsere Zeit, eine schöne Zeit, aber das ist lange vorbei. Nennen Sie mich
hartherzig oder arrogant oder was immer Sie möchten, es ist mir egal.«
    Lenz schluckte.
    »Und wo wir gerade dabei sind, meine Herren: Ich war gestern
Abend zu Hause, allein. Bezeugen könnte das höchstens meine Katze, aber wie wir
wissen, kommt sie als Zeugin leider nicht infrage.«
    »Wohnen Sie hier im Ort?«
    »Nein, ich bin vor ein paar Jahren nach Kassel
gezogen.«
    »Dann wären ja alle unsere Fragen zu unserer vollsten
Zufriedenheit beantwortet«, entgegnete Lenz süffisant, stand auf und hielt der
Frau die rechte Hand hin. Sie griff danach und erwiderte seinen Händedruck mit
einer Kraft, die der Hauptkommissar ihr nicht zugetraut hätte.

     
    Während die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel,
gingen Lenz und Hain langsam nebeneinander die Treppe hinunter.
    »Wow«, machte der Oberkommissar, »das war doch mal eine Zeugenvernehmung.«
    »Da hast du recht«, bestätigte Lenz, »aber lass uns das
später besprechen. Jetzt möchte ich gern noch einmal kurz mit Herrn Pander
reden.«
    Sie fanden den Sozialpädagogen in seinem Büro, zu dem sie von
einem netten jungen Mädchen geführt wurden, die offensichtlich eine
Heimbewohnerin war.
    »Herr Pander, wir hätten noch ein paar Fragen an Sie«, begann
Lenz.
    »Wenn ich Ihnen helfen kann, gern.« Der Pädagoge grinste
verschmitzt. »Sie ist ein wenig … schwierig, unsere Frau Schäfer, nicht wahr?«
    »Na ja«, gab Lenz zurück. »Wie man es nimmt. Sie konnte uns
schon ein wenig weiterhelfen. Allerdings gibt es ein paar Dinge, nach denen wir
lieber Sie fragen würden.«
    »So? Was denn?«
    »Wir hätten gern alle Namen von denjenigen Heimbewohnern, die
der Erzieher Dieter Bauer betreut hat.«
    Pander verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
»Der arme Kerl. Ich habe, während Sie oben waren, mal ein bisschen im Internet

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