Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall
Peters«, erklärte er dem Anrufer ruhig. »Solange Sie es nicht schaffen,
mit Hilfe einer vernünftigen Technik klar formulierte und logisch aufgebaute
Fragen zu formulieren, kann ich Ihnen beim besten Willen keine Auskünfte
erteilen.«
Er deckte für einen Moment das Mikrofon des
Telefons ab, weil er loslachen musste. »Also, wir machen das jetzt mal so: Sie
üben ein bisschen, vielleicht mit ein paar Kollegen zusammen, wie man einen
potenziellen Informanten ausfragt. Aber zuerst müssen Sie sich überlegen, was
Sie eigentlich fragen wollen. Wenn das alles geklappt hat, können Sie mich gern
wieder anrufen. Aber nicht vorher, versprochen?«
Wieder eine Pause.
»Ja …, nein …, Herr Kommissar … Ich weiß doch ganz genau, was
ich Sie …«
»Das klang aber gerade ganz anders, Herr Peters.
Amateurhaft irgendwie, um nicht zu sagen stümperhaft. Wie gesagt, üben Sie ein
wenig, vielleicht helfen ja Rollenspiele mit den Kollegen, und dann versuchen
Sie es noch einmal.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, drückte Lenz die rote Taste und
steckte das Gerät zurück in die Jacke.
»Peters, der Schmierfink?«, wollte Hain mit angewidertem
Gesichtsausdruck wissen.
»Genau der«, bestätigte Lenz. »Es scheint sich bereits zur
Lokalpresse herumgesprochen zu haben, wer letzte Nacht in meinem Bett gelegen
hat.«
»Was willst du …?«
Wieder klingelte Lenz’ Telefon. Der Hauptkommissar griff
danach.
»Ja, Lenz«, meldete er sich erneut, diesmal mit deutlich
genervtem Ausdruck in der Stimme.
»Herr Lenz, hier ist noch mal Peters, bitte legen Sie nicht
gleich wieder auf. Ich habe wirklich nur ein paar kurze Fragen an Sie, aber die
sind, wie gesagt, sehr privater Natur.«
»Dann fragen Sie doch, Herr Peters.«
Der Journalist schien kurze Pausen zu mögen, denn er machte
wieder eine.
»Stimmt es, dass Sie und die Frau von Oberbürgermeister
Zeislinger ein Paar sind?«
»Warum wollen Sie das denn wissen, Herr Peters?«
»Nun, das interessiert unsere Leser, meine ich.«
»Verstehe ich nicht. Was ist denn so interessant daran?«
»Na ja, Sie und die Frau des OB? Das wäre schon eine
Sensation in unserem beschaulichen Kassel.«
»Für wen?«
»Für unsere Leser, das sagte ich doch.«
»Das wiederum glaube ich nicht, Peters.«
»Wie? Warum?«
»Weil es niemanden zu interessieren hat, ganz einfach. Was
ich in meiner Freizeit mache, und mit wem ich sie verbringe, ist ganz allein
meine Sache. Und darüber will ich auch nichts in der Zeitung lesen. Haben Sie
das verstanden?«
Die obligatorische Pause.
»Ja, schon, aber ganz so einfach, wie Sie sich das denken,
geht das nicht. Wir haben immerhin den Auftrag, die Bevölkerung darüber zu
informieren, was wichtig ist.«
»Und Sie meinen, das sei wichtig?«
»Durchaus.«
»Dann schreiben Sie halt darüber. Aber versichern Sie sich,
dass alles, was dann in der Zeitung zu lesen ist, auch wasserdicht ist. Oder am
besten kugelsicher. Weil, wie ich schon erwähnte, ich nichts über mein
Privatleben in der Zeitung lesen möchte. Und wenn dann Dinge drinstehen, die
Sie nicht belegen können, kann das ziemlich unangenehm werden für Sie.«
»Sie wollen mir drohen?«, echauffierte Peters sich.
»Gar nichts will ich«, schnauzte Lenz seinen Gesprächspartner
an. »Ich will Sie nur vor einer großen Dummheit bewahren. Und ich bitte Sie,
mich nicht mehr mit Fragen nach meinem Privatleben zu nerven, weil ich Ihnen
ohnehin nichts dazu sagen werde. Verstanden?«
»Ja, ja, das habe ich schon verstanden. Aber ich muss Ihnen
sicher nicht erklären, dass Sie sich durch diese Haltung keine Freunde machen,
Herr Lenz. Ganz sicher nicht.«
Der Kommissar atmete tief durch. »Wenn ich Freunde brauche,
Herr Peters, gehe ich mit einer großen Packung Futter in den Streichelzoo. Sie
glauben gar nicht, wie schnell man dort Freundschaften schließt.«
Damit beendete er das
Gespräch.
»Wow«, sah Hain ihn
bewundernd an. »Dieser Satz ist ja was für die Geschichtsbücher.«
»Welchen meinst du?«,
fragte Lenz grinsend zurück.
»Na, den mit dem
Streichelzoo. ›Wenn ich Freunde brauche‹. Stark, echt stark.«
»Ja, da bin ich auch
richtig stolz drauf. Klang doch gut, nicht?«
»Ja, sag ich doch. Aber
die eigentliche Frage ist leider, wie du weiterhin mit diesem Problem umgehen
willst.« Der junge Oberkommissar startete erneut den Motor und legte den
Rückwärtsgang ein. »Die Medienfuzzis werden sich mit Verve auf dich und deine
Maria
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