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Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall

Titel: Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P Gibert
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die Brüder wohnen?«, fragte Lenz nach einer kurzen Pause weiter.
    »Soweit
ich weiß, leben sie in einem Container auf dem Gelände eines Schrottplatzes,
gar nicht weit von hier.«
    Hain schrieb sich die
ungefähre Adresse auf. »Und Sie sind in den ganzen Jahren nicht auf die Idee
gekommen, zur Polizei zu gehen, Herr Melchers?«
    Der Mann am Küchentisch
sah ihn an wie einen Außerirdischen. »Sind Sie irre? Ich hänge an meinem Leben,
auch wenn es eigentlich ein Scheißleben ist und Sie das bestimmt nicht
verstehen können. Aber ich würde die Füchse nicht dadurch reizen wollen, dass
ich sie anzeige oder so was. Das würden die nämlich gar nicht gut finden.« Er
putzte sich die Nase. »Was die mit mir machen, wenn ich ihnen begegne, weiß
ich, weil ich es seit mehr als 30 Jahren kenne. Die beiden sind furchtbare
Menschen und echte Schweine, aber sie lassen mich am Leben. Ob das noch so
wäre, wenn ich sie irgendwann angezeigt hätte, weiß ich nicht.«
    »Trauen Sie den beiden
einen Mord zu?«
    »Den beiden, Herr
Kommissar«, antwortete Melchers überzeugt, »traue ich alles zu.«

     
    *
     
    Lenz
drehte sich um und warf noch einmal einen Blick auf das Haus, in dem Melchers
lebte. »Was für ein armes Schwein«, meinte er, und meinte es durchaus ernst.
    »Nun werd mal nicht zum
Sozialromantiker, Paul«, bremste Hain den sentimentalen Anflug seines Chefs
aus. »Gib mir den Schlüssel, ich fühl mich wieder richtig gesund«, erklärte er
ihm stattdessen mit einem Griff zu seiner Beule am Kopf. »Fahren wir allein zu
diesem Schrottplatz oder lassen wir das Mobile Einsatzkommando kommen?«
    »Lass uns erstmal allein
hinfahren. So schlimm wird es schon nicht werden. Was mich aber viel mehr
interessieren würde, ist, warum du auf diesen Louis so gezielt reagiert hast.
Kanntest du ihn?«
    Hain fing an zu grinsen
und nickte. »Seit meinem ersten Tag bei der Sitte. Mein damaliger Chef hatte
ihn gerade hopsgenommen und war dabei, ihn zu verhören. Danach hat er mir ein
paar Takte zu ihm erzählt.«
    »Und?«, bohrte Lenz,
nachdem Hain keine Anstalten machte, fortzufahren.
    »Ein fixender kleiner
Drecksack, der schon damals, und da war er noch keine 17, auf den Strich ging.
Seine Spezialität war Beischlafbetrug. Die Freier sind reihenweise auf sein
Engelsgesicht reingefallen.«
    »Von dem ja nicht viel
übriggeblieben ist.«
    »Und von seinem einstmals
güldenen Haar ist auch nicht mehr viel vorhanden.«
    Sie erreichten den Mazda,
stiegen ein und fuhren Richtung Müllheizkraftwerk. Auf Höhe des alten Hafens
klingelte Lenz’ Telefon.
    »Lenz«, meldete er sich und
bedeutete Hain gleichzeitig, ein wenig langsamer zu fahren.
    »Hallo, Paul, hier ist
Lemmi vom KDD. Wir haben eure Anfrage zu den Adressen bearbeitet. Die Jungs von
der Nachtschicht haben mir gesagt, dass es bei dir ziemlich eilig ist, deswegen
rufe ich gleich an.«
    Horst
Lehmann, ehemaliger Profifußballer, Hauptkommissar beim Kriminaldauerdienst,
und von allen im Präsidium nur Lemmi gerufen, raschelte mit ein paar Blättern.
    »Ja, das ist richtig«,
bestätigte Lenz. »Schön, dass du dich gleich meldest.«
    »Also«, begann Lehmann,
ȟber die eine Frau, die auf der Liste steht, haben wir noch nichts
herausgefunden, wir arbeiten aber mit Hochdruck dran, dass sich das ändert. Die
andere lebt seit 1999 in Almeria in Spanien, soweit sich das rekonstruieren
ließ. Eine Anfrage an die spanischen Kollegen läuft, aber du weißt ja, wie das
in Iberien so geht. Bei den beiden Männern sieht es so aus, dass der eine vor
langer Zeit gestorben ist. Der andere …«, Lemmi blätterte in seinen Unterlagen,
»lebt in Vellmar.«
    Er nannte Lenz die
Adresse. Der Hauptkommissar versuchte, so gut es auf dem Schoß ging,
mitzuschreiben.
    »Kannst du dafür sorgen,
dass ein paar uniformierte Kollegen an dem Haus des Mannes postiert werden? Es
könnte sein, dass ihm jemand nach dem Leben trachtet.«
    »Derjenige, der auch die
beiden anderen Erzieher abgeknipst hat, vermute ich«, erwiderte Lehmann
gelassen. »Deshalb habe ich die blauen Jungs schon losgejagt. Aber um den Rest
müsst ihr euch doch noch selbst kümmern.«
    »Danke, Lemmi, du bist
der Beste.«
    »Immer wieder gern für
die Jungs von Mord- und Totschlag«, lachte sein Kollege und legte auf.

     
    Kurze
Zeit später umrundete Hain das riesige Gelände des Müllheizkraftwerks, bog
links von der Straße ab und parkte den Mazda in der Einfahrt des

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