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Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall

Titel: Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P Gibert
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Einweghandschuhe von den Fingern. »Schönen
Tag noch.«
    Damit verließen die
beiden bunt gekleideten Männer die Wohnung. Einer der Uniformierten hatte zuvor
über Funk Brachts Namen an die Kollegen im Präsidium durchgegeben und lauschte
nun angestrengt der Antwort.
    »Er ist zur Fahndung
ausgeschrieben«, gab er knapp an die Runde weiter. »Wegen mehrerer voneinander
unabhängiger Sachverhalte.«

     
    Martin
Melchers saß wie ein Häufchen Elend mit einem Glas Wasser in der Hand auf einem
Stuhl in seiner Küche und weinte. Die Festnahme und der Abtransport seines
Freundes hatten ihm schwer zugesetzt.
    »Wir
sind vorhin unterbrochen worden, Herr Melchers«, nahm Lenz den Faden wieder
auf. »Frau Soffron war also, genau wie Sie, von 1974 bis 1978 im Karlshof
untergebracht?«
    Melchers
stierte einen imaginären Punkt neben der seit Monaten nicht mehr gereinigten
Spüle an. »Nein«, antwortete er apathisch, »die Petra war ein Jahr länger drin
als ich. Sie ist seit ’73 dort gewesen. Als ich hinkam, war sie schon da.«
    »Und Sie beide haben sich
von Anfang an gut verstanden?«
    »Ja, warum nicht?«
    »War nur so ’ne Frage«,
beschwichtigte der Hauptkommissar.
    Melchers schnäuzte sich
und sah den Kommissar an. »Aber warum wollen Sie das denn alles von mir wissen?
Nur, weil ich hier in der Wohnung wohne? Was hat das denn mit der Liebusch und
diesem blöden Bauer zu tun?«
    »Darüber sprechen wir später.
Kannten Sie Herrn Bauer gut?«
    »Nein, Gott sei Dank
hatte ich mit dem nicht viel zu tun. Ein- oder zweimal im Jahr hat er bei uns
Vertretung gemacht, wenn einer unserer Erzieher krank geworden ist. Aber dann
haben wir uns immer alle in die Stuben verzogen und irgendwas gemacht, weil
diesen Typen keiner leiden konnte. Und alle haben sich darauf gefreut, wenn es
abends 22 Uhr geworden ist, weil er Feierabend hatte und nach Hause gefahren
ist.« Wieder lief eine dicke Träne über sein Gesicht.
    »Aber Sie sind sich
sicher, dass Frau Soffron in den Jahren nach ihrer Entlassung aus dem Karlshof
nicht in irgendeiner Verbindung zu Frau Liebusch oder Herrn Bauer gestanden
hat?«
    Melchers schüttelte so
energisch den Kopf, dass die nächste Träne auf dem fleckigen Tischtuch landete.
»Nein, ich sage es Ihnen doch. Warum sollte Petra was mit denen zu tun gehabt
haben? Die war doch genauso froh wie ich, als sie aus dieser elenden Kaserne
raus war. Ich weiß noch, was wir für eine Party gemacht haben, als es endlich
so weit gewesen ist.«
    »Sind Sie gemeinsam
entlassen worden?«
    »Nein, ich war ein paar
Wochen früher dran als sie. Aber dann war es irgendwann auch bei ihr so weit.«
    »Und Frau Soffron ist
ebenfalls nach Kassel gezogen?«
    »Ja, sie hatte damals
eine Freundin aus Kassel.«
    »Eine Freundin?«
    »Spreche ich undeutlich? Sie
hatte eine Freundin
. Petra hat sich
ihr ganzes Leben lang nichts aus Männern gemacht. Deshalb haben wir uns auch so
gut verstanden. Wir waren uns in vielen Dingen ganz ähnlich.«
    »Aber nicht bei
Männern?«, wollte Hain wissen.
    Melchers funkelte ihn
böse an. »Nein, bei denen nicht.«
    »Wissen Sie zufällig,
warum Frau Soffron im Karlshof gelandet ist, Herr Melchers?«, fragte Lenz
weiter.
    »Warum wohl? Das waren
doch bei den meisten, die dort waren, die gleichen Gründe. Mieses Elternhaus,
Karriere auf der Straße, nicht in die Schule gegangen, und zum guten Schluss
noch ein paar Dinger gedreht.«
    »Und es war bei Frau
Soffron auch so?«
    Melchers nickte. »Ja,
soweit ich weiß, schon. Petra war zwar in den meisten Dingen offen und ehrlich
zu mir, aber über ihr Leben vor dem Karlshof hat sie nicht gern geredet. Da war
sie richtig verschlossen. Manches wolle sie einfach für sich behalten, hat sie
gesagt.« Er fuhr sich durch die fettigen Haare. »Aber ich weiß, dass sie ganz schön
was auf dem Kerbholz hatte. Einbrüche und so. Eine Erzieherin der Mädchengruppe
hat einmal beim Kartenspielen so eine Andeutung gemacht, was Petra furchtbar
aufgeregt hat. Wenn sie nicht in den Karlshof gegangen wäre, hätte sie in den
Jugendknast gemusst, das weiß ich genau.«
    »Und Sie beide, also
Petra Soffron und Sie, sind irgendwann zusammengezogen?«
    »Vor ein paar Jahren. Es
ging ihr gesundheitlich nicht gut, da haben wir das einfach beschlossen.«
    »Was hat ihr gefehlt?«
    »Sie hatte es am Herzen.
Und hohen Blutdruck.«
    »Hat sie etwas
gearbeitet?«
    »Petra war Schneiderin,
das konnte sie perfekt. Wenn sie

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