Schmusekatze, jung, ledig, sucht
»Also, dann entschuldigen Sie bitte die Störung, ich werde Herrn Clauser anrufen und einen Termin mit ihm vereinbaren.«
»Keine Ursache«, gab die Frau zurück und nahm ein eingehendes Gespräch an.
Zurück in der großen Eingangshalle des Guts, bog Chrissy nach links in den Seitengang ein, auf den die junge Frau im Glaskasten beim Hereinkommen gezeigt hatte. Ein Ehepaar kam ihr entgegen, umgeben von einer Wolke aus viel zu süßem Parfüm und viel zu herbem Rasierwasser. Ein paar Meter weiter entdeckte sie auf der rechten Seite vor einer offen stehenden Glastür ein Stehpult, dahinter stand ein älterer Mann mit glatt nach hinten gekämmtem Haar und einer Brille mit feinem Goldrand. Er trug einen dunklen Anzug, der blau oder schwarz sein konnte, was angesichts der etwas schummrigen Beleuchtung nicht so genau zu erkennen war.
Natürlich, überlegte sie. Ohne Reservierung ging hier gar nichts, außer es tauchte ein richtig wichtiger Gast auf, der spontan hier essen wollte. Jemand, den man von allen Titelseiten kannte. Jemand aus einer Kategorie, von der sie selbst Lichtjahre entfernt war. Sie hatte keine Reservierung, und selbst wenn sie einen Tisch hätte reservieren wollen, wäre sie wohl auf das nächste Jahr vertröstet worden. Vorausgesetzt natürlich, sie musste sich nicht erst registrieren lassen und mit Einkommensnachweisen der letzten drei Jahre belegen, dass sie in der Lage war, ein Essen in diesem Lokal zu bezahlen.
Aber auch ohne Reservierung musste sie in dieses Restaurant gelangen.
Als Chrissy sich ihm näherte, hob der Mann den Kopf und sah sie an. Sie ging in gleichbleibendem Tempo weiter und blickte stur geradeaus. Für diese Gäste hier war er niemand, dem man Beachtung schenkte, und wenn sie nicht auffallen wollte, musste sie sich genauso ignorant verhalten – was ihr eigentlich zuwider war, schließlich war er kein Mensch zweiter Klasse.
Der Trick funktionierte. Sie war noch zwei Schritte vom Pult entfernt, jetzt nur noch einen Schritt, und dann konnte sie …
»Entschuldigen Sie, junge Frau«, sprach der ältere Mann sie an. »Auf welchen Namen haben Sie reserviert?«
Aha, sie würde also nicht unbehelligt an ihm vorbeikommen. Na gut, dann eben noch einmal Eddie Murphy.
Chrissy zwang sich zu einem Gesichtsausdruck, der sich irgendwo zwischen herablassend und tödlich beleidigt bewegte, dann wandte sie sich zu dem Mann um. » Wie bitte?«
»Auf welchen Namen Sie reserviert haben, muss ich wissen«, erklärte er freundlich, aber bestimmt. »Sonst kann ich Sie nicht durchlassen.«
»Haben Sie vor einer halben Stunde nicht hier gestanden?«, gab sie forsch zurück.
»Ich bin seit zwölf Uhr hier und …«
» Vielleicht sollten Sie sich dann mal angewöhnen, sich die Gesichter Ihrer Gäste zu merken«, fuhr sie ihn an. »Ich bin vor zehn Minuten mit einigen meiner Geschäftspartner nach draußen gegangen, um sie zu verabschieden, und dann habe ich die Gelegenheit genutzt, noch ein wichtiges Telefonat zu führen. Ich wusste nicht, dass ich mich bei Ihnen erst abmelden muss.«
Der Mann kniff die Augen ein wenig zusammen. Ihm war anzusehen, dass er überlegte, ob er sie zuvor schon einmal gesehen hatte.
» Muss ich mich erst bei Ihnen abmelden?«, hakte sie nach, da er noch nichts gesagt hatte.
»Ähm … natürlich nicht«, sagte er verdutzt.
In diesem Moment kamen zwei Frauen vorbei, denen er freundlich zunickte. Als sie hinter Chrissy ins Lokal gingen, warf sie ihnen einen Blick hinterher, dann sah sie wieder den älteren Mann an. »Sagen Sie, habe ich das nur nicht gehört, oder haben Sie die beiden gerade einfach so vorbeigehen lassen?«
Kopfschüttelnd machte sie einen Schritt zur Tür und winkte in Richtung eines Tischs hinten rechts, dann rief sie : »Ich bin gleich wieder da, das kann sich nur noch um Stunden handeln.« Wie der Zufall es wollte, winkte einer der Gäste zurück, vielleicht weil er sie mit jemandem verwechselte, vielleicht aber meinte er auch den Kellner, der soeben aus der Küche kam.
Der Mann am Stehpult sah das und zuckte mit den Schultern. »Ich … ich bitte um Entschuldigung, aber ich hätte schwören können, dass ich Sie noch nie hier gesehen habe.«
» Vielleicht liegt’s ja an meiner neuen Frisur«, gab sie in versöhnlichem Tonfall zurück.
»Ja, das ist möglich«, sagte er. »Die steht Ihnen übrigens gut«, fügte er hinzu, offenbar um sich bei ihr einzuschmeicheln.
»Danke«, erwiderte sie und lächelte gerade lange genug, um es nach einer
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