Schmusekatze, jung, ledig, sucht
einen Mann wiedersehen zu können, der vielleicht gar nicht an ihr interessiert war … oder besser gesagt : der wahrscheinlich gar nicht an ihr interessiert war.
Zugegeben, hin und wieder war da ein Ausdruck in seinen Augen zu beobachten gewesen, der mehr anzudeuten schien als bloße Freundlichkeit und Höflichkeit. Aber inwieweit das der Tatsache zuzuschreiben war, dass sie ihm rund zwei Stunden einen aus seiner Sicht zweifellos verlockenden Blick auf ihren Busen erlaubt hatte, konnte sie natürlich nicht sagen.
Mit Valerie konnte sie also nicht reden, zumal die alles bestätigen würde, was diese Frau da drinnen ihr an den Kopf geworfen hatte. Ja, okay, grundsätzlich stimmte es ja, dass sie die Katze brauchte, weil sie sich selbst in die Lage gebracht hatte, eine Devon Rex präsentieren zu müssen, wenn sie nicht als Lügnerin dastehen wollte. Der Augenblick, in dem sie ihm die Wahrheit hätte sagen können, war längst verstrichen, und ganz gleich, welche Erklärung sie jetzt noch nachschob, Robert würde sicher nichts mehr von ihr wissen wollen.
Selbst wenn sie ihm gesagt hätte, dass es ihr eigentlich nur darum ging, ihn wiederzusehen, weil sie schon lange keinen so sympathischen Mann mehr kennengelernt hatte, wäre sie doch als das verzweifelte Mauerblümchen rübergekommen, das nicht mal im entscheidenden Augenblick auf die Macht der Wahrheit vertraute. Die Macht der Wahrheit?, ging es ihr durch den Kopf. Au weia, geht es noch hochtrabender?
Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende geführt, fiel ihr etwas ein, und wie auf ein Kommando hin meldete sich wieder diese nervtötende, besserwisserische Stimme in ihrem Kopf, die erstaunlich lange geschwiegen hatte. Du kommst nicht mal zur Vernunft, wenn die Leute dir die Wahrheit ins Gesicht schleudern, wie?
Von wegen ! Es ging jetzt schließlich genau um das Thema Vernunft. Was sie hier versuchte, war das Richtige, das Vernünftige. Sie wollte diesen Mann nicht einfach aus ihrem Leben verschwinden lassen, sie musste ihm beweisen, was sie tun wollte, um ihn …
Gib es auf, du kriegst doch sowieso kein vernünftiges Argument zustande, weil das gar nicht geht. Der Zug ist längst abgefahren. Du hast gelogen und willst dich nicht dabei erwischen lassen. So einfach ist das. Du benimmst dich wie eine Fünfjährige, die ihrer Mutter fünf Euro aus der Geldbörse geklaut hat und die jetzt versucht, das Geld irgendwie zu beschaffen, um dann so zu tun, als hätte der Fünfer in Wahrheit die ganze Zeit unter dem Wohnzimmertisch gelegen.
» Was ist denn das für ein dämlicher Vergleich?«, murmelte sie.
Frag mich doch nicht, das ist immer noch dein Kopf, in dem sich das alles abspielt, konterte die Stimme vergnügt.
Eines war klar : Sie konnte niemanden um Rat fragen. Sie brauchte auch nicht ihre Mutter anzurufen, sie konnte nicht mit Magdalena reden (was sie ohnehin nicht gern getan hätte, weil die ihre Angestellte und dieses Thema nun doch eine Spur zu persönlich war), sie konnte sich auch an keine ihrer anderen Freundinnen wenden – sobald sie die Vorgeschichte erzählte, würden sie alle sagen, sie solle sich keine Katze anschaffen, sondern dem Mann die Wahrheit sagen. Oder ihn einfach vergessen und ihm eine Mail schicken, dass sie es sich anders überlegt hatte und seinen Kater nun doch nicht bei sich einquartieren würde.
Aber das waren die Ratschläge, die sie nicht hören wollte, weil die alle das Risiko beinhalteten, dass Robert mit ihr nichts weiter zu tun haben wollte.
Aber wenn er nichts mehr mit dir zu tun haben will, zeigt dir das doch, dass er nicht an dir interessiert ist.
»Blödsinn«, sagte Chrissy, während sie in ihren Wagen einstieg und erst da bemerkte, dass sie im Schneckentempo zu ihrem Golf zurückgekehrt war, obwohl es nach wie vor wie aus Eimern schüttete. So durchnässt, wie sie jetzt war, musste sie erst mal nach Hause zurückfahren und sich umziehen, um sich nicht bei diesem kalten Wind den Tod zu holen – oder zumindest eine Erkältung.
Was denn? Ist das schon alles? Einfach nur »Blödsinn«? Ohne irgendeine wunderbar einleuchtende Erklärung?
» Wenn er nichts mehr mit mir zu tun haben will, zeigt das nur, dass er nichts für Frauen übrig hat, die ihm Lügen auftischen«, erklärte sie an eigentlich niemanden gerichtet, während sie den Motor anließ und losfuhr. » Was für einen ersten Eindruck hat er denn von mir, wenn ich ihm gleich beim ersten Date eine solche Lüge erzähle?«
Es war doch gar kein Date.
»Das weiß
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