Schmusekatze, jung, ledig, sucht
»Aber wie … wo …?«
Zwanzig Minuten lang stellten sie die Wohnung auf den Kopf, schauten in jede Ritze und unter jedes Möbelstück, überprüften jede Schranktür, ob sie noch geschlossen war, leerten den Wäschekorb aus, kontrollierten jedes Fenster, ob Lady Penelope irgendwo hatte entwischen können, aber die Katze war nirgends zu entdecken.
»Das ist doch nicht möglich«, murmelte Chrissy. »Sie kann nicht einfach verschwunden sein, so was gibt es doch nicht.« Dann erschrak sie. » Was ist, wenn sie schon gar nicht mehr in der Box war, als wir in die Wohnung kamen? Angenommen, sie ist aus dem Kasten entwischt und ins Treppenhaus entkommen !«
»Unsinn«, wehrte Sandra ab. »Sie ist nicht im Treppenhaus abhandengekommen, weil wir beide sie in der Box sehen konnten, als wir die ins Badezimmer gestellt haben. Offenbar waren wir so in unsere Unterhaltung vertieft, dass wir nicht gemerkt haben, wie deine Katze rausgekommen ist.«
»Das erklärt aber nicht, wo sie jetzt ist«, hielt Chrissy dagegen. »Sie kann sich ja nicht in Luft aufgelöst haben.«
»Das hat sie auch gar nicht gemacht. Wir haben jede Ecke abgesucht, wir wissen, sie kann nicht durch ein Fenster entkommen sein, und sie hat auch keine Schranktür aufgemacht, um sich da zu verstecken. Also …«
»Also was?«, fragte Chrissy ungeduldig.
»Also wird sie das gemacht haben, was unsere beiden gern tun. Die zwei suchen sich einen Platz, an dem man sie eigentlich sofort sehen müsste, aber sie sitzen so völlig reglos da, dass man sie einfach nicht wahrnimmt. Du gehst an ihnen vorbei und schaust hinter den Fernseher, dabei sitzen sie so starr wie Porzellanpuppen da und fallen nicht auf.« Sie hob die Schultern. »Ich muss sagen, ich finde das faszinierend. Unsere Katzen haben keine Tarnfarbe, und sie können ihr Äußeres auch nicht wie ein Chamäleon der jeweiligen Umgebung anpassen, und trotzdem fallen sie einem beim besten Willen nicht auf.«
Chrissy schnaubte ungeduldig. »Das mag ja faszinierend sein, Sandra, aber davon weiß ich noch immer nicht, wo meine Katze abgeblieben ist.«
Unwillkürlich begann Sandra zu lächeln.
» Was ist? Siehst du sie irgendwo?«
»Nein, aber … ich glaube, das ist dir gar nicht aufgefallen. Du hast eigentlich gar keine Katze haben wollen, du hast das Tier erst heute Morgen geholt, und trotzdem hast du gerade eben ›meine Katze‹ gesagt. Das ist doch ein gutes Zeichen.«
Chrissy fuhr sich durch die Haare und versuchte zu erfassen, was sich in ihrem Kopf abspielte. Ja, sie sah die Katze tatsächlich schon als jemanden an, der zu ihr und zu ihrem Leben gehörte. Und was noch bemerkenswerter war – ihre momentane Aufregung galt nur der Frage, ob es der Katze gut ging. Sie war um das Wohl des Tiers besorgt, ihr gingen tausend Gedanken durch den Kopf, was alles mit Lady Penelope geschehen sein könnte. Aber nicht eine Überlegung hatte etwas mit der Frage zu tun, was Robert dazu sagen würde, wenn sie ihm am nächsten Sonntag keine Katze präsentieren konnte, weil die schon am ersten Tag entwischt war.
»Das mag ja ein gutes Zeichen sein, trotzdem würde ich lieber wissen, wo sich Lady Penelope versteckt hält.«
»Komm, wir machen noch einen Rundgang durch deine Wohnung, irgendwo muss sich dieses kleine Ungeheuer ja versteckt haben.«
Wieder gingen sie von Raum zu Raum, diesmal aber nicht auf der Suche nach einer Ecke, in der die Katze sich versteckt haben könnte. Stattdessen sahen sie auf die Schränke, auf Fensterbänke und alle anderen Flächen, die sich dazu eigneten, dass Lady Penelope dort Platz genommen hatte und das Treiben der beiden Menschen interessiert verfolgen konnte. In der Küche angekommen, schüttelte Chrissy entmutigt den Kopf. » Vielleicht ist sie ja zur Wohnungstür rausmarschiert und hat das Weite gesucht, weil sie mich gar nicht mag.«
» Wenn sie dich nicht mögen würde, dann hätte sie sich beim Tierarzt bestimmt nicht so an dich gedrückt, wie du es mir geschildert hast.«
» Wahrscheinlich war ich da bloß das kleinere Übel, weil ich als Einzige nicht mit Spritzen auf sie losgegangen bin«, hielt sie dagegen. Sie lehnte sich leicht gegen den hohen Kühlschrank, den Valerie ihr nach ihrer Scheidung überlassen hatte, weil der in der Einbauküche ihrer neuen Wohnung keinen Platz mehr hatte. Frustriert atmete sie aus. »Dieses Tier muss doch irgendwo sei… autsch !«
» Was ist?«, rief Sandra erschrocken, die soeben noch einmal die Wasserkästen neben der Spüle nach
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