Schmusekatze, jung, ledig, sucht
darauf hatte Sandra sie zwar vorbereitet, aber keine noch so schillernde, detaillierte Beschreibung konnte es mit der Realität aufnehmen.
Die schmale Devon Rex sah die Maus durch die Luft fliegen, ihr überdimensionierter Kopf zuckte hoch, die Ohren stellten sich nach vorn, und dann konnte Chrissy deutlich erkennen, wie sich unter dem welligen Fell die Muskeln anspannten. Das alles dauerte nur Sekundenbruchteile, dann schoss Lady Penelope auch schon wie eine Rakete in die Höhe, drehte sich in der Luft in Richtung der näher kommenden Maus und stieg immer noch weiter und weiter auf. Sie bekam das Stofftier in dem Moment zu fassen, als sie an Schwung verlor, als hätte sie beim Anblick der Maus genau vorausberechnet, wie viel Kraftaufwand höchstens erforderlich war, um die fliegende Beute zu schnappen. Dann landete die Katze mitten auf dem Sofa, warf sich auf die Seite und begann, die Stoffmaus abzulecken und in den robusten Cordstoff zu beißen.
Chrissy ging zum Sessel, der nur zwei Schritte von ihr entfernt stand, setzte sich und beobachtete fasziniert, wie sich ihre Katze mit der Stoffmaus vergnügte. Es war ein einzigartiges Schauspiel, weil sich Lady Penelope vor lauter Eifer förmlich selbst überholte. Sie rollte sich hin und her, schleuderte die Maus mit der einen Pfote weg, nur um sie mit der anderen gleich wieder zu fangen. Sie drehte sich auf den Rücken, hielt das Stofftier mit den Vorderpfoten fest und traktierte es mit den Hinterpfoten.
Bei diesem Anblick wollte sich Chrissy lieber nicht vorstellen, wie es einer echten Maus anstelle der Stoffmaus ergangen wäre, aber sie würde schon dafür sorgen, dass Lady Penelope keine lebendige Beute zwischen die Krallen bekommen würde, um diese Aktion zu wiederholen.
Die Katze schleuderte die Maus abermals weg, jetzt aber mit so viel Schwung, dass die hinter der Rückenlehne des Sofas verschwand, was Lady Penelope wie ein willkommener Anlass erschien, sich so schnell auf alle viere zu drehen und über die Lehne in die Tiefe dahinter zu springen, dass Chrissy dem Ganzen kaum noch folgen konnte.
Sie lehnte sich zurück, während sie die Katze hinter dem Sofa toben hörte. Plötzlich kam sie auf der linken Seite hervorgeschossen und schickte die Maus mit einem Pfotenhieb durch die Luft, als würde ein Werfer beim Baseball einen Ball von sich schleudern. Das Stofftier flog wie ein Geschoss an Chrissys Nase vorbei, gleich darauf gefolgt von der Katze, von der sie rücksichtslos überrannt wurde. Chrissy stieß ein gequältes »Aua !« aus, da Lady Penelope nichts Besseres zu tun hatte, als die Hinterkrallen in ihren Oberschenkel zu bohren, um beim fliegenden Absprung vom Sessel noch einmal Schwung zu holen.
Kopfschüttelnd stand Chrissy auf und ließ die Katze weiter ihre Stoffmaus jagen. Sie ging ins Schlafzimmer und zog ihre Jeans aus, um sich ihren Oberschenkel anzusehen. Tatsächlich waren dort ein paar Schrammen zu erkennen, wo Lady Penelope sich bei ihr abgestoßen hatte. »Und noch mehr Kriegsverletzungen«, murmelte sie, froh darüber, dass sie in nächster Zeit nicht vorhatte, irgendwo Urlaub zu machen, wo sie ihren Bikini hätte tragen wollen. Wahrscheinlich hätte sie sich verhüllen oder zumindest ein T-Shirt mit dem Aufdruck »Meine Katze liebt es, mich zu kratzen« tragen müssen, um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, eine Ritzerin zu sein.
Im Badezimmer besprühte sie die Male vorsichtshalber mit Desinfektionsspray. Dabei sah sie, dass mindestens drei Krallen tief genug in die Haut eingedrungen waren, um Blut zum Vorschein kommen zu lassen. Na wunderbar, das sah ja dann noch besser aus. Sie klebte ein großes Pflaster auf die Stelle, damit das Blut nicht von der Jogginghose aufgenommen wurde, die sie aus dem Schlafzimmer mitgenommen hatte und nun anzog, weil das für zu Hause einfach viel bequemer war.
Sie begab sich in die Küche, um für Lady Penelope Futter in einen Napf zu geben, den sie dann auf den Platz im Flur stellte, der mittlerweile schon als angestammt bezeichnet werden konnte. Chrissy richtete sich auf und drehte sich nach rechts, um ihre Katze zum Essen zu rufen, da nahm sie links von sich lautes Schmatzen wahr : Lady Penelope saß bereits an ihrem Napf und schlang so wie bei den letzten Fütterungen das Katzenfutter herunter.
» Wo kommst du denn her?«, wunderte Chrissy sich, was von der Katze mit einem lauten Rülpsen beantwortet wurde, da sie durch ihre hastige Art nicht nur Futter, sondern auch jede Menge Luft schluckte.
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