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Schmusemord

Schmusemord

Titel: Schmusemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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erholte sich bei der Lektüre der Berichte über Evergislus Lanzerath. Was er dort las, glaubte er sofort, auch wenn ein »angeblich« dem anderen »wie es heißt« folgte, unter gelegentlicher Einmischung eines »wird gemunkelt« sowie häufiger Zitierung gut informierter Kreise. Lanzerath hatte offenbar mit allem Geld gemacht, was sich nicht wehrte oder nicht schnell genug weglaufen konnte. Kneipen, Bordelle, Striplokale wurden erwähnt und verworfen, öffentliche Bauaufträge genannt, bei denen Konkurrenten sich halblaut wunderten, daß Lanzerath den Zuschlag erhalten hatte, etliche niedergeschlagene oder eingestellte Verfahren, Mängelklagen, unbewiesene aber »wahrscheinliche« Fälle von Bestechung, Nötigung, Einschüchterung … Am Anfang der Laufbahn stand ein kleines Immobilienbüro, das er zusammen mit einem Partner betrieb; als dieser eines Tages von einem marodierenden Einbrecher erstochen wurde, ging der Laden komplett an Lanzerath über, der ihn mit Gewinn verscherbelte und an seinem Aufstieg häkelte. Man hatte wohl gewisse Zweifel an der Darstellung gehabt, aber ein Nachbar, dessen Büro für geschäftliche Immobilien und deren Verwaltung gleich nebenan war, bestätigte Lanzeraths Aussage. Und da der Nachbar in den Meldungen EJ abgekürzt war und Matzbach inzwischen wußte, daß Jüssen zur fraglichen Zeit in der fraglichen Gegend ein solches Büro unterhalten hatte, war ihm sofort klar, daß Lanzerath unschuldig sein mußte, denn der gute Mensch von Köln konnte sich ja nicht geirrt haben. Nicht einmal, was Lanzerath anging.
    »Ein Mann nach meinem Geschmack«, sagte Matzbach schließlich sehr laut; er zündete sich eine Partagás an, inhalierte, hustete und blickte zur Decke des Philosophensilos. »Du da oben, wer auch immer du bist – falls du irgendwas geschaffen hast, was mit dem Gesamtzustand der Welt vereinbar wäre, dann diesen netten Menschen. Die Grundprinzipien der Schöpfung scheinen in ihm vereinigt zu sein. Sagen wir mal: wohlgetan!«
    Aber dann ermahnte er sich zur Skepsis. Es konnte kaum einen so guten Menschen wie Jüssen geben – war ein so düsterer Finsterling wie Lanzerath nicht ebenso unglaubwürdig? Mußte er nicht verborgene Qualitäten haben, war vielleicht ein liebevoller Vater, prügelte die Kinder (hatte er welche?) nur dreimal täglich, aber nie öfter? Tätschelte die vierte Frau mit den Fäusten, während er die dritte noch getreten und die zweite bisweilen gestochen hatte?
    Er ging noch einmal alles durch, und wie er über Jüssen nichts Schlechtes finden konnte, so gab es über Lanzerath offenbar nichts Gutes. Sogar eine der großen politischen Parteien, Sammelbecken aller kriminellen Energien des Landes, Verein zur Verhinderung der Willensbildung des Volkes, Bewegung zur Versorgung der Mitglieder mit Pfründen und Einfluß – sogar eine der großen Parteien hatte Lanzerath vor ein paar Jahren ausgeschlossen: »wegen parteischädigenden Verhaltens«.
    »Ei sieh da.« Matzbach trank den letzten Schluck kalten Kaffees und zündete die Zigarre wieder an. »Wie recht ich doch hatte. So schlecht kann keiner sein; und wenn er aus einer Partei ausgeschlossen wurde, besteht die Chance, daß er noch eine zweite Tugend hat.«
    Vielleicht Widerstandskraft, sagte er sich. Um einer Partei als unverträglich zu erscheinen, mußte man schon einiges aufbieten.
    Und da es ihm so gelungen war, eine gute Seite an Lanzerath zu ermitteln, zweifelte er nicht daran, daß Jüssen irgend einen Schmutzfleck hatte, den man bestimmt auch noch finden konnte.
    Als er zu diesem Punkt gelangt war, rief er einen Hacker an, der ihm schon mehrfach bei der Beschaffung unzugänglicher Informationen geholfen hatte.
    »Ein paar Leute haben von einem Gutmenschen Geld gekriegt«, sagte Baltasar nach der Begrüßung. »Und von einem bösen Typen wahrscheinlich nicht. Kann man da was machen? Kontobewegungen der letzten Jahre checken oder so?«
    »Dauert, Mann, das dauert«, sagte die näselnde Stimme. »Fünf Riesen.«
    »Na schön. Ich schieb’s gleich ins Fax.«
    »Immer noch nix mit E-Mail?«
    »Immer noch kein Computer.«
    »Allmächtiger!« Es klang wie eine Reaktion auf die Mitteilung, der Mond sei doch aus Emmentaler.
    Abends kam es zu einer empfindlichen Störung der Geruhsamkeit. Hermine lag dekorativ auf der Couch in ihrem Wohnzimmer und las; Matzbach saß in einem der alten Ohrensessel, erfand Bücher und Autoren und fütterte gelegentlich den CD-Spieler mit südamerikanischen Lärmsorten. Dazu

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