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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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der diversen Flyer und
     Internetauftritt. Auch ein Blog für die virale Werbung, von der ich immer noch keine klare Vorstellung hatte, wurde eingerichtet.
     Ich durfte meine Meinung sagen, wurde aber bei abweichendem Geschmack von Troll überstimmt,weil sie als Profi-Kreative zwei Stimmen hatte, während ich selbst mit nur einer Stimme wählen durfte. Demokratie geht anders,
     aber da ich auf sie angewiesen war und ihre professionelle Überlegenheit anerkannte, behielt ich meine Verfassungsbeschwerden
     für mich.
    Dann kam der große Tag, an dem meine Homepage online ging. Zehntausend Flyer waren gedruckt und in einschlägigen Geschäften,
     Cafés, Bars und Sportstudios ausgelegt.
    Etliche Anfragen trudelten ein und stellten meine Nerven auf eine harte Probe. Zum ersten Mal als verantwortliche Unternehmerin
     aufzutreten war schwieriger, als ich erwartet hatte. Ich wollte gleichzeitig freundlich, kompetent, verbindlich, selbstbewusst
     und professionell rüberkommen und schaffte es gerade mit Mühe, nicht zu stottern. Immerhin fühlte ich mich in meinem schwarzen
     Outfit annähernd wohl, wenn ich auch manchmal den Eindruck hatte, nicht ganz passend gekleidet zu sein. Außerhalb der Werbebranche
     bedeutet Schwarz nicht gleich cool. Ich nahm mir vor, in Zukunft wenigstens eine weiße Bluse zu schwarzer Hose und Jackett
     zu tragen. Trotz meiner Unsicherheiten erhielt ich die ersten Aufträge. Lauenstein war der fünfte. Lauenstein, von dem ich
     mir seit drei Tagen verzweifelt wünsche, ich hätte seinen Namen nie gehört.

6
    Ich fühlte mich gerädert, hatte Kopfweh und einen lautstarken Schnupfen, als ich zum ersten Treffen mit Rüdiger Lauenstein
     ging.
    Der Winter hatte mir eine dicke Erkältung eingebrockt und ich machte die interessante Erfahrung, dass man auch mit einer ausgewachsenen
     Bronchitis noch freiwillig arbeitet, wenn man selbstständig ist. Zu Angestellten-Zeiten hätte ich bei AIQ angerufen und mich
     für den Rest der Woche abgemeldet. Dieser Gedanke streifte mich nicht einmal im Vorübergehen. Ich hatte ein Business und das
     musste laufen.
    Lauensteins Haus lag in Oberrath, in einer der kleinen Seitenstraßen in Steinwurfweite des Waldes. Ein großes Haus, vermutlich
     aus den Sechzigerjahren, auf einem riesigen Grundstück. Die Sprossenfenster mit den gewölbten Scheiben und das viele dunkle
     Holz waren sicher früher einmal angesagt gewesen, ließen das Anwesen heute aber altmodisch und düster aussehen. Düster und
     unheimlich – aber es kann auch sein, dass mir das jetzt im Rückblick so scheint.
    Rüdiger Lauenstein jedenfalls wirkte darin seltsam fehl am Platz. Er war ungefähr Mitte dreißig und trug einenvöllig fusselfreien schwarzen Anzug, der seine blasse Hautfarbe noch blasser wirken ließ. Er war so groß wie ich, wirkte aber
     nicht sportlich und dynamisch, sondern eher wie ein Teddy – früher nannte man das auch pummelig. Sein Gesichtsausdruck war
     ruhig und eher ernst, sein kurzes Lächeln erhellte das ansonsten eher unauffällige Äußere aber auf ganz unerwartet charmante
     Art. Kurzhaarfrisur in Straßenköterblond, saubere, sehr kurze Fingernägel, alles picobello. Kein Ring. Meine Beobachtungsgabe
     hatte durch die Erkältung nicht gelitten.
    Ich hatte mir angewöhnt, mir schnell einen ersten Eindruck zu verschaffen und habe damit bisher meist richtig gelegen. Mein
     Urteil über Rüdiger Lauenstein: gepflegt, ordentlich, ohne übertriebenen Geltungsdrang oder Profilneurose, vielleicht ein
     bisschen bieder. War dieser Mann einer, der mit weißen Handschuhen über die Oberkante von Küchenschränken strich? Ich war
     mir nicht ganz sicher. Auf Anhieb war jedenfalls kein offensichtlicher Ablehnungsgrund zu erkennen.
    Ich fragte mich kurz, wo er auf mein Unternehmen aufmerksam geworden war. Sicherlich nicht in einem Fitnessstudio, nicht in
     einer Szene-Disco oder einem Internet-Blog.
    Seine Begrüßung an der Haustür war freundlich gewesen, ich meinte, einen kurzen Augenblick der Überraschung bemerkt zu haben.
     Er bestätigte diesen Eindruck, als er mir im Flur aus der Jacke half.
    »Ich hatte nicht gedacht, dass Sie so jung sind«, murmelte er mit einem verlegenen Lächeln. »Sie haben mir die Überraschung
     wohl angemerkt, was?«
    Ich nickte unverbindlich.
    Er räusperte sich. »Es geht in erster Linie darum, das Haus und den Garten in Ordnung zu halten«, erklärte Lauenstein, während
     er mich herumführte. Wir begannenim Obergeschoss, wo er mir diverse

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