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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Schlafzimmer und Badezimmer zeigte. In einem Schlafzimmer hing ein Morgenmantel, im dazugehörigen
     Bad standen Toilettenartikel. Beides gehörte unzweifelhaft einer Frau.
    »Meine Mutter wohnt gelegentlich hier, wenn sie in der Stadt ist«, erklärte Lauenstein angesichts meines fragenden Blicks.
    Ich nahm mir vor, den Auftrag abzulehnen.
    »Allerdings nur noch sehr selten.«
    Nun, ich konnte ja noch mal darüber nachdenken.
    Vom Arbeitszimmer im ersten Stock konnten wir den Garten überblicken. Die Anlage war sehr gepflegt. Rasenfläche, Teich und
     Staudenrabatten, außen herum Sträucher und Laubbäume. Im hinteren Bereich standen einige behauene Steine und Figuren, denen
     ich keine weitere Beachtung schenkte. Mich interessierte an seinem Garten nicht der Dekostil der Putten, sondern der Pflegeaufwand
     des Grünzeugs.
    Das Erdgeschoss bestand aus einem riesigen Wohnzimmer auf zwei Ebenen mit Kamin, über dem eine offenbar alte, mit verwitterter
     Inschrift versehene Steinplatte angebracht war, die ich mit einem kurzen Blick streifte. Für den Reinigungsaufwand nicht von
     Bedeutung. Weiter gab es ein Esszimmer, ein zweites Arbeitszimmer, Gästebad, Gästetoilette, Küche mit Speisekammer und Kühlhaus.
    »Ein Kühlhaus?«, fragte ich nach, da ich glaubte, mich verhört zu haben.
    Lauenstein öffnete eine Tür an der Schmalseite der Küche, die von der Küchenseite her wie eine normale Holztür aussah, auf
     der anderen Seite jedoch aus gebürstetem Edelstahl bestand.
    »Es ist meistens nicht in Betrieb«, erklärte er. »Aber für größere Feiern ist es natürlich sehr praktisch.«
    Ich konnte mir den schwarz gewandeten Herrn Lauensteinmit der pummeligen Figur nicht auf »größeren Feiern« vorstellen, nickte aber freundlich und trat einen Schritt vor. Das Kühlhaus
     war mehr ein Kühlraum mit einer zweiten Tür, die direkt nach draußen zur Einfahrt führte.
    »Der   … ähem, frühere Besitzer war Jäger«, erklärte Lauenstein. »Er brachte das Wild direkt von draußen ins Kühlhaus.«
    Beim Blick in den überdimensionierten, ganz in Edelstahl ausgekleideten Kühlraum, in dem früher wahrscheinlich die erlegten
     Rehe und Wildschweine hingen, erschrak ich nur wenig. Da ich praktisch auf Omas Bauernhof groß geworden bin, bin ich tote
     Tiere gewöhnt. Wenn auch nicht gleich neben der Küche.
    Wir setzten uns ins Wohnzimmer und gingen die Details durch. Putzen, Wäsche waschen, bügeln, Garten in Schuss halten. Einkaufen
     nach Liste der Grundausstattung, die noch zusammenzustellen sei. Vorbereitung einer einfachen Verköstigung für die monatliche
     Skatrunde, also Eintopf im Winter und Frikadellen mit Kartoffelsalat im Sommer.
    Ich durchlitt das Gespräch schniefend und hustend, entschuldigte mich mehrfach dafür, hatte Verständnis, dass Herr Lauenstein
     mir zum Abschied lieber nicht die Hand gab, und brachte seinen Schlüssel, den er mir anvertraute, direkt zu Lisbeth. Dann
     verschwand er aus meinem aktiven Gedächtnis so wie die anderen, langsam zahlreicher werdenden Kunden, deren Aufträge Lisbeth
     abwickelte und die ihre monatlichen Rechnungen pünktlich bezahlten.
    Bis zu dem Tag Anfang März, an dem mein Leben als unbescholtene Bürgerin endete und im Chaos versank.
     
    Die Grippewelle hatte auch meine unbeugsame, starke Lisbeth überrollt. Sie hatte sich am Tag zuvor krankgemeldet und so musste
     ich ihre Aufgaben zusätzlich erledigen. Ichhatte selbst bereits einen schrecklichen Tag hinter mir und fühlte die überstanden geglaubte Erkältung zurückkehren, als ich
     endlich in Oberrath ankam. Zwar dämmerte es noch nicht, aber die graue Wolkendecke lag tief und schwer über der Stadt. Nach
     ein paar helleren Tagen Ende Februar war der Winter mit aller Macht erneut über uns hereingebrochen und große, nasse Schneeflocken
     fielen nicht fröhlich tanzend, sondern feucht platschend auf die Straßen. Das Licht war fahl und die Stimmung unter den blattlosen,
     gestutzten Bäumen unheimlich. Obwohl ich die ganze Situation irgendwie beklemmend fand, deutete ich sie nicht als Vorzeichen
     des Unheils, das unaufhaltsam auf mich zuraste. Ich war einfach nur müde, wollte diesen Einsatz hinter mich bringen, einen
     heißen Tee trinken und dann endlich in mein warmes Bett.
    Als ich auf Lauensteins Grundstückseinfahrt zufuhr, sah ich etwas Unförmiges, Dunkles neben dem Tor stehen oder liegen, eine
     Art großer Müllsack, der sich aber plötzlich regte, als ich ausstieg und das Tor zur Seite

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