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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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trinken sollen, aber ich musste auch irgendwie zu mir kommen, also schüttete ich
     die dritte Tasse Kaffee in mich hinein, als es an der Tür klingelte. Nanu. Wenn überhaupt in den letzten Wochen jemand an
     der Tür geklingelt hatte, dann war das der Paketbote. Meist traf er mich gar nicht an, sondern gab die Sendung bei meinem
     netten Nachbarn Herrn Metzenrath ab, der mir damals die Wohnung gezeigt hatte.
    Der Paketbote kommt üblicherweise am späten Vormittag. Jetzt war es gerade halb neun.
    Ich öffnete die Tür.
    »Das riecht ja schon lecker nach Kaffee hier«, rief meineMutter und drückte die Tür ganz auf. »Du hast doch hoffentlich daran gedacht, dass dein Vater nur koffeinfreien trinkt?«
    Ich war viel zu verblüfft, um die Haustür zu verteidigen. Was wollten meine Eltern hier? Waren wir verabredet? Nicht, dass
     ich wüsste. Ich folgte meinen Eltern hinein.
    »Na ja, die Gegend ist ja nicht so schön«, sagte meine Mutter noch im Flur. »Und ein bisschen dunkel, die Wohnung, oder?«
    Es war noch früh an einem Wintermorgen mit tief hängender Wolkendecke, daher würde selbst eine Wohnung mit Rundum-Vollverglasung
     unter diesen Bedingungen ein bisschen dunkel wirken, aber ich sagte nichts.
    »Die Wohnung, die du mit diesem Amerikaner hattest, war großzügiger.«
    Meine Mutter hatte Greg nie ins Herz geschlossen, aber immerhin hatte sie seine Finanzkraft zu schätzen gewusst. Mein Vater
     betrat hinter meiner Mutter die Wohnung, küsste mich auf die Wange, drückte mich einmal kurz an sich und zuckte mit den Schultern,
     als wollte er sich für etwas entschuldigen. Das ist eine Angewohnheit, die mein Vater seit ungefähr zwanzig Jahren hat. Und
     seit zwanzig Jahren weiß ich nicht, wofür er sich wohl entschuldigen will. Ich habe ihn aber auch nie gefragt. Mein Vater
     spricht nicht viel. Das übernimmt meine Mutter. So wie jetzt wieder.
    »Du hast unsere Nachricht doch bekommen, oder?«
    »Nachricht?«, gab ich verwirrt zurück.
    »Wir haben gestern auf deinen Anrufbeantworter gesprochen. Ich mag diese Dinger nicht, zu meiner Zeit sprach man am Telefon
     noch persönlich miteinander, aber du bist ja sonst nicht zu erreichen. Ich verstehe nicht, warum du mir nicht wenigstens die
     Nummer von deinem Mobiltelefon gibst. Schließlich bin ich deine Mutter.«
    Langsam begann ich zu begreifen. Auf dem Anrufbeantworter, den ich gestern Abend abgehört hatte, waren die letzten drei Worte
     einer Nachricht, die offenbar vor dem Piepton gesprochen worden war. Die Worte lauteten: »Also, bis dann.« Ich hatte geglaubt,
     die Stimme meiner Mutter zu erkennen, war mir aber nicht sicher gewesen und hatte mir vorgenommen, sie in den nächsten Tagen
     zurückzurufen. Das hatte sich nun wohl erledigt.
    »Deine Nachricht war unverständlich«, sagte ich, während meine Mutter die Küche inspizierte und mein Vater verloren in der
     Diele herumstand.
    »Ach, dass diese Geräte aber auch immer so unzuverlässig sind«, erwiderte Mutter. »Ich weiß schon, warum ich eine Abneigung
     dagegen habe.«
    Ich unterließ es, sie darauf hinzuweisen, dass das Gerät sehr wohl in Ordnung sei. Natürlich hätte Mutter meine geschäftliche
     Mobilnummer, auf die sie offenbar so großen Wert legte, auf meiner Internetseite finden können, aber ich wusste, dass sie
     sich die Mühe, dort nachzusehen, nie machen würde.
    »Hier sieht es ein bisschen, na ja, zusammengewürfelt aus«, ertönte die Stimme meiner Mutter aus der Küche.
    »Es ist zusammengewürfelt, Mama.«
    »Aber warum hast du dir nicht eine von diesen schicken Küchenzeilen gekauft? Es gibt doch so schöne Angebote.«
    »Ich brauchte mein Kapital für die Unternehmensgründung.«
    »Ein paar Schrubber und Putzmittel werden ja wohl nicht die Welt gekostet haben.«
    Ich nahm ein weiteres Aspirin aus der Schachtel und schluckte es mit etwas Wasser herunter.
    »Du hättest uns ja nun schon lange mal einladen können,von dir aus, meine ich, immerhin wohnst du schon ein paar Wochen hier.«
    Meine Eltern hätten mir ja auch Hilfe beim Umzug anbieten können, aber das sagte ich besser nicht.
    »Wir wollen nicht stören, Kind, sag ruhig, wenn du keine Zeit hast«, sagte mein Vater, der immer noch in der Diele stand.
     Irgendwie wirkte er fehl am Platz. Wie meistens – außer in seinem Lesesessel, mit dessen Lederbezug er inzwischen vermutlich
     schon einige DN S-Bausteine ausgetauscht hatte.
    »Also, es ist wirklich so, dass ich dringend weg muss   …«, begann

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