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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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1992
    Staat in Gefahr. Der Viminale: Italien soll destabilisiert werden.
L’Unità
, 19. März 1992
Scotti warnt vor Staatsstreich
Putschpläne aufgeflogen, in deren Rahmen der Mord an den
Vertretern dreier großer Parteien vorgesehen war.
Der Minister bricht erst jetzt sein Schweigen, hat jedoch den
Quirinal nicht verständigt.
Warum nicht? Was befürchtet er?
    Corriere della Sera
, 19. März 1992
Putschgefahr in Italien
    Dann war die Situation in weniger als vierundzwanzig Stunden aus dem Ruder gelaufen. Es hatte sich herausgestellt, dass Ciolini wegen übler Nachrede und Verleumdung verurteilt worden war. Plötzlich galt er als unglaubwürdige Quelle. Der Alarm war plötzlich nur mehr eine Zeitungsente.
    La Repubblica
, 20. März 1992
Der Putsch: Viel Lärm um nichts
    L’Indipendente
, 20. März 1992
Komplott in Luft aufgelöst
    Corriere della Sera
, 20. März 1992
Falscher Putschalarm
    Die Information hatte sich auf ungeklärte Weise in die Medien verirrt: Niemand glaubte wirklich an das nach dem Vorbild von SPECTRE organisierte Treffen in Kroatien, in dessen Verlauf ein Haufen Schurken bei fröhlichem Geplauder angeblich ganz spontan einen derart ausgeklügelten Plan ausgeheckt hatte. Dennoch enthielt sie ein Körnchen Wahrheit.
    Falcone und seine Leibwache waren in die Luft geflogen.
    Borsellino und seine Leibwache waren in die Luft geflogen.
    Und zwar zwischen Mai und Juli.
    Alles, was Ciolini prophezeit hatte, war eingetreten.
    Und wo war er, Scialoja, gewesen, während all das im Gange war?
    Ach ja, er hatte die Unterlagen Vecchios studiert, sich mit dem Handwerk vertraut gemacht, war seinem Traum vom Ruhm nachgerannt. Anders gesagt, er hatte am Fenster gestanden. Während der Topf überkochte.
    Es gab nur eine einzige Erklärung für das Ganze. Irgendjemand, der von dem tatsächlich existierenden Plan wusste, hatte beschlossen, sich der unglaubwürdigen Quelle zu bedienen, um einen Warnschuss abzugeben. Ob er möglichen Komplizen galt oder jemandem, der die Ausführung des Plans eventuell hätte verhindern können, war nicht festzustellen. Die Enthüllung hatte derart obskure Hintergründe, dass ernsthafte Ermittlungen vonseiten der Richter unmöglich waren (je weniger sie sich mit den Grauzonen beschäftigten, desto besser für alle, hatte Vecchio immer gesagt), dass jedoch gleichzeitig offenbar wurde, wer in der einen oder anderen Hinsicht nützlich sein konnte: entweder um die Strategie zu erleichtern oder um sie zu verhindern.
    Vecchio hätte sofort verstanden, wem der Warnschuss galt.
    Wieder einmal ertappte sich Scialoja dabei, wie er zu sich selbst sagte: Du bist nicht Vecchio. Du bist nicht er, und du bist nicht einmal wie er. Geschichten wie die mit Ciolini drohten ihn aus der Bahn zu werfen. Sein Allmachtsgefühl, das noch so jung und brüchig war, hielt der Frage nicht stand: Warum zum Teufel hatte Vecchio ausgerechnet ihn ausgewählt? Als er ihn mit dem Amt betraut hatte, hatte ihm Vecchio einen seiner berühmten „Ordner“ überreicht. Darin befand sich Scialojas ganzes Leben. „Vernichten Sie ihn. Das ist sicherer.“
    Er hatte den Auftrag ausgeführt, zuerst jedoch den Ordner gelesen. „Intelligent. Loyal, aber zwanghaft. Triebgesteuert. Er wird vor die Hunde gehen.“ Diese Worte konnte er nicht vergessen.
    Wenn das seine Meinung war, warum hatte Vecchio dann ausgerechnet ihn ausgewählt?
    Es gelang ihm nicht, das Knäuel zu entwirren.
    Angelino Lo Mastro und seine Garde musste jemand hinter sich haben, der die Fäden zog.
    Aber wen?
    Corazza musste es wissen. Corazza war der Einzige, der Ciolini ernst genommen hatte. Corazza hatte wütende Interviews gegeben. Er hatte mit dem Finger auf die Amerikaner gezeigt, und die Amerikaner hatten beleidigt dementiert. Corazza hatte den Anschlag in Capaci vorhergesagt. Corazza und Vecchio hatten gegenseitige Achtung voreinander gehabt.
    Eine Krankenschwester in weißem Kittel kam aus dem Hauptgebäude der Klinik. Sie war ein hochgewachsenes Mädchen mit auffällig rotem Haar. Sie blickte sich suchend um. Als sie ihn entdeckte, lächelte sie ihm zu und winkte. Scialoja ging ihr entgegen.
    – Der Abgeordnete erwartet Sie.
    – Danke, antwortete Scialoja, und mit einem Blick auf das Schildchen, das sich an ihrem üppigen Busen befand, fügte er hinzu: Valentina.
    Sie lächelte. Wirklich ein schönes Lächeln. Und wirklich ein schönes Mädchen. Grüne Augen, lange Beine und ein blumiges, dezentes Parfum. Er phantasierte über sie, während er über

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