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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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sehen, Angelino. Gib mir Zeit.
    Als sich der Abend dem Ende zuneigte, bot ihm Stalin Kokain an, Angelino lehnte es beleidigt ab. Diesen Dreck hatte er noch nie ausprobieren wollen! Das Zeug war für Idioten, Männer machen Nägel mit Köpfen und ruinieren sich nicht das Leben. Stalin bat ihn mehr oder weniger überrascht um Entschuldigung. Angelino begriff, dass das Angebot mit den roten Augen zu tun hatte, der rinnenden Nase und was auch immer, und brach in Gelächter aus.
    – Ach, ich verstehe … aber mit Koks hat das nichts zu tun, mein Freund. Die verdammten Pollen quälen mich. Jedes Jahr dasselbe!
2.
    Beim Begräbnis des Abgeordneten Corazza waren nur wenige Vertraute. Und Argenti. „Arge’, lass dich von deinen Genossen nicht übers Ohr hauen. Schließen wir ein Abkommen, sonst landen wir alle in der Scheiße.“ Wohlerzogen wie immer. Zeit, ihn kennenzulernen, war keine geblieben, der Krebs war zu schnell gewesen. Und so blieb ihm nichts anderes übrig, als dem alten Bastard die Ehre zu erweisen. Die gesichtslose Kirche Balduina war vom schweren, ekelerregenden Geruch der Blumen erfüllt. Ein zerstreuter Priester lobte die moralischen und politischen Tugenden des Verstorbenen, eines Mannes, der sich ganz der Familie, der Religion, der Heimat verschrieben hatte. Wenn er seinem eigenen Begräbnis beiwohnen hätte können, hätte Corazza sich vor Lachen auf die Schenkel geklopft. Scialoja und Patrizia saßen zwei Bänke hinter Argenti und Beatrice. Nach dem Treffen mit Angelino hatte Scialoja alle seine Heiligen, seine Schützlinge und seine Schutzheiligen angerufen, um irgendeine für den Mafioso günstige Maßnahme herauszuschlagen. Camporesi, den man auf die betreffende Staatsanwaltschaft losgelassen hatte, kam mit eingezogenem Schwanz zurück. Ein Hinweis auf die Sache hatte gereicht, um eine Haftandrohung zu kassieren. Dasselbe spielte sich bei den Politikern ab. Sie machten alle große Versprechungen, waren sich alle bewusst, dass es sich um einen kritischen Zeitpunkt handelte. In Wirklichkeit wollte jedoch keiner die Verantwortung auf sich nehmen, etwas in Gang zu setzen oder auch nur einen Finger zu rühren. Alle hatten Angst, sich gegen die Richter zu stellen. Die Richter hingegen waren inzwischen außer Kontrolle. Sie führten sich auf, als säßen sie in der Regierung. Sie vernichten uns, hatte ihm ein alter Haudegen der Ersten Republik gestanden, wir haben ihnen zu viel durchgehen lassen. Sie vernichten uns, weil sie wissen, dass die Kommunisten gewinnen werden. Und sie sind selber Kommunisten. Scialoja, der in seiner Karriere Dutzende Richter kennengelernt hatte, angefangen beim ängstlichen Doktor Borgia, der ihn einmal daran gehindert hatte, Vecchio ins „Hotel Regina“ zu schmeißen, wusste, dass die Richter nicht von einem Tag auf den anderen Kommunisten geworden waren. Sie hatten sich vielleicht auf die Seite der Linken geschlagen, das schon, aber eher instinktiv. Angeekelt von den widerwärtigen Dingen, die sie Tag für Tag ausgruben, angewidert vom langsamen, unaufhaltsamen Fäulnisprozess des Staates. Und das machte sie extrem gefährlich, weil sie autonom agieren konnten. Ein weiterer Grund dafür, die Kontakte auf das Notwendigste zu reduzieren. Aber der wahre Holzwurm (knie dich nieder, sagte Patrizia und puffte ihm mit dem Ellbogen in die Rippen, da er als Einziger sitzen geblieben war, als der Kelch hochgehoben wurde) … der wahre Holzwurm war Argenti. An seiner calvinistischen Strenge zerschellte jedes humanitäre Argument. Alle Genossen fürchteten seine Zornausbrüche. Argenti legte sich bei allen seinen Vorhaben quer. Fähige und skrupellose Genossen, Genossen, die auf den Respekt vor dem Rechtsstaat und die Tradition des Rechtsstaates pfiffen, gab es genug in der preisgekrönten Firma
Botteghe oscure & Co
. Aber alle neigten das Haupt vor Argenti. Zumindest im Augenblick. Und so musste Scialoja aufs Neue an den Sturschädel herantreten. Sobald die traurige und langweilige Messe vorbei war.
    Patrizia, die sich in der Kirche immer unwohl fühlte, war hinausgegangen, um auf dem Vorplatz eine Zigarette zu rauchen.
    – Hast du Feuer?
    Argentis Freundin, Beatrice. Patrizia reichte ihr das Feuerzeug. Sie dankte mit einem kaum merklichen Lächeln. Mario, erklärte sie ihr, Mario Argenti hasste Zigarettenrauch. Wie bei allen Bekehrten offenbarte seine Intoleranz gewisse obsessive Charakterzüge. Denn wie sonst sollte man jemanden bezeichnen, der wie ein Hund am Kostüm seiner

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