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Schnabel, Andreas

Schnabel, Andreas

Titel: Schnabel, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod inclusive
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Problem.«
    Sie hielt eine Weile inne und sortierte ihre Gedanken. »Du scheinst gar nichts über meine Geschichte wissen zu wollen. Wer ich war und wie ich zu dir kam. Warum nicht?«
    »Es gibt im Beduinenlager keinen Ort, an dem Malala nicht ihre Ohren hat. Selbst an der Oase hat man uns belauscht. Für jedes Wort darüber, welches Leid dir widerfahren ist, hättest du doppelt und dreifach zahlen müssen.«
    Sie schaute sich demonstrativ um. »Werden wir hier belauscht?«
    Er lachte auf. »Wie denn? Wir verstehen uns ja kaum gegenseitig.«
    »Und warum fragst du mich dann nicht jetzt?«
    »Weil ich mich schäme. Ich schäme mich dafür, in einer Kultur zu leben, in der es überhaupt möglich ist, einen anderen Menschen zu kaufen. Ich schäme mich dafür, zu denen zu gehören, die dein Leben zerstört haben.«
    Sie lächelte ihn an. »Aber du willst es mir doch zurückgeben.«
    »Selbst wenn du irgendwann wieder zu Hause bist, das Trauma des Erlebten wird wohl bleiben.«
    »Du wirst mir dabei helfen, es zu bewältigen.« Sie kuschelte sich dicht an ihn, denn es wurde empfindlich kalt in der Maschine.
    Er blickte sie traurig an. »Wie soll das gehen? Ich weiß ja nicht einmal, was nun mit mir wird.«
    »Wir werden das gemeinsam durchstehen.«
    »Ma chère«, sagte er tadelnd, »hast du etwas verpasst? Ich bin eine Schwuchtel und du eine heterosexuelle Frau. Wie soll das funktionieren?«
    »Ich wollte zum Beispiel schon immer mal mit einem Mann, der auch Freude daran hat, shoppen gehen. Außerdem habe ich das Gefühl, das du ein ganz feiner Kerl bist. Was hindert uns daran, erst einmal zusammenzubleiben? Wir beide haben uns mehr zu erzählen als viele heterosexuelle Paare. Du wirst in der Fremde sicher öfter mal das Bedürfnis haben, unter einen Flügel zu kriechen. Dann werde ich für dich da sein. Wenn du nicht eifersüchtig bist, wenn ich ab und zu mal jemanden mit nach Hause bringe, heißt das.«
    Yussuf lächelte amüsiert. »Wenn du auch auf schöne Männer stehst, könnte es da aber Interessenkonflikte geben.« Sie lachten beide herzlich. »Und nun sage mir, warum willst du das für mich tun?«
    »Weil du, mein lieber Yussuf, mich vor dem bewahrt hast, was mir in deinem Land ohne deine Hilfe widerfahren wäre. Dafür werde ich mich revanchieren. Und du wirst Unterstützung brauchen, wenn wir bei mir zu Hause sind. Schließlich arbeite und lebe ich in einem Land, dessen Sprache du nicht sprichst.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte er in fast akzentfreiem Deutsch. »Ich schwätze nur kein Trierisch.«
    Sie glaubte, ihren Ohren nicht trauen zu können. »Woher kannst du Deutsch?«
    »Ich habe meine fliegerische Ausbildung in Deutschland gemacht.«
    »Du hast eine deutsche Fluglizenz?«
    Er nickte. »Die Nachschulung für Rettungsflieger habe ich ebenfalls dort gemacht, auf einem Marinestützpunkt bei Kiel. Man hat mich dort auf der ›Sea King‹ ausgebildet.«
    Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Dann werde ich kurz telefonieren müssen, wenn wir zu Hause sind. Schließlich brauchst du in Deutschland auf lange Sicht einen Job.«
    Er sah sie mit bangem Blick an. »Werde ich dabei weiter fliegen können?«
    »Aber hallo!« Sie lächelte ihn an. »Mit dem neuesten und schönsten Eurocopter, den du jemals gesehen hast. Ausgebildete Rettungspiloten sind bei uns Mangelware.«

FÜNF
    El Padrón, wie er sich gern nennen ließ, lag zufrieden auf einer Liege neben dem Hotelpool in Cala Ratjada. Der weißhaarige alte Mann liebte die frühen Abendstunden, in denen er seinen gut gepflegten Körper von der Sonne bestrahlen lassen konnte, ohne dass er sich gleich einen Sonnenbrand holte. Dabei störte ihn eigentlich der kleinste Fetzen Kleidung am Körper, doch ganz nackt war selbst auf Mallorca nicht erlaubt. Also trug er eine recht knapp bemessene Badehose. Einen braun gebrannten Körper konnte nur Goldschmuck angemessen aufwerten, den er daher in sämtlichen Varianten und an allen nur erdenklichen Stellen seines Körpers trug. Der alte Mann lebte bis auf die Wintermonate das ganze Jahr über auf Mallorca. Er war so wohlhabend, dass er sich jederzeit Eigentum auf der Insel hätte leisten können, doch er wollte sich damit nicht belasten. Außerdem liebte er das Hotelleben, konnte sich nur nie auf eines festlegen, sodass er spätesten alle vier Wochen umzog. Keines seiner Domizile hatte unter fünf Sterne. Oftmals reichte ihm selbst das nicht, dann musste es noch exklusiver sein.
    Ganz egal, wo er abstieg, er

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