Schnabel, Andreas
ebenso deutlich die Züge der Leiche.
»Unser Stinker ist also echt«, sagte Berger grinsend. »Sie haben den Schwarzen Peter, Konsulin Flach.«
»Und nicht nur das«, schob Carmen nach. »Ich denke mal, dass Ihre Firewall ungebetene Besucher reinlässt.«
»Das kann nicht sein. Unsere Firewall ist das Modernste vom Modernen«, widersprach Wirz.
Carmen überlegte kurz. »Dann hat vielleicht irgendein helles Köpfchen Ihre Telefonanlage gehackt.« Ihr Handy meldete eine SMS . Sie öffnete sie und erklärte: »Unser kalter Freund aus dem Beton hat eine Identität bekommen. Es handelt sich um einen gewissen Franck de Flaboix aus Frankreich. Er ist Kapitän zur See der französischen Kriegsmarine.«
»Hat er Geld?«
»Woher soll das das Einwohnermeldeamt wissen?«
»Egal.« García Vidal stand auf. »Der Residente und ich fahren jetzt blitzartig in die Avenida Argentina zum französischen Konsulat. Señora Flach, es wäre nett, wenn Sie Ihren französischen Kollegen in Kenntnis setzen und uns ankündigen könnten. Carmen, du beorderst bitte unseren IT -Experten aus der Zentrale her, dass der sich hier mal die Festplatten genauer ansieht, und Sie, Capitán Ramirez, haben ja auch noch einen Experten an der Hand. Den will ich umgehend im Konsulat der Franzosen.«
»Und was ist mit mir?« Ewald Wirz befürchtete wohl, beim Comisario in Ungnade gefallen zu sein.
»Sie haben den härtesten Job, junger Mann. Sie sorgen bitte dafür, dass möglichst alle Konsulate Vorkehrungen treffen, damit ihre Publikumsräume videoüberwacht und die Netzwerke und Telefonanlagen gesichert werden.«
»Aber wer soll dafür aufkommen?«
»Die Konsulate selbst. So teuer ist das nicht, und es liegt bei der Behörde zu beweisen, dass sie ihre Legitimationen nicht nach Lust und Laune ausstellt.«
*
Als die Lockheed CH 130 Herkules auf der Startbahn des Militärstützpunkts Reggane Vollgas gab, glaubte Annmarie, im Zentrum des Weltuntergangs zu sitzen. Die alte Maschine dröhnte und bebte, als würde sie jeden Augenblick auseinanderbrechen. Yussuf ergriff ihre Hand und hielt sie fest in der seinen.
»Jetzt rollen wir an«, brüllte er direkt neben ihrem Ohr. »Halt dich gut fest, gleich wird’s turbulent.«
Das Dröhnen, Beben und Ächzen aneinanderreibender Metallteile wurde immer unerträglicher. Trotz der Gurte, mit denen sie sicher angeschnallt waren, hatte Annmarie das Bedürfnis, sich mit beiden Händen an der rutschigen Kunststoffpritsche, auf der sie saßen, festzukrallen. Als sich die Maschine vom Boden löste, hörte das Rumpeln schlagartig auf, dafür ging es jetzt steil bergauf. Ein alter Lkw-Reifen löste sich aus der Verankerung und flog an ihnen vorbei in Richtung Heck. Es musste einen mörderischen Knall geben, als der riesige Reifen gegen die scheunentorgroße Druckausgleichsklappe knallte, aber das Dröhnen der Motoren übertönte alles.
Annmarie beugte sich zu Yussuf. »Wenn so ein Flugzeug abstürzt, kann man auch nicht heftiger durchgeschüttelt werden. Die Angst vor der Landung ist bei mir jedenfalls wie weggeblasen.«
»Tut mir leid, wenn es etwas rau war. Reggane liegt in einer Art Talkessel, und so eine olle Kiste muss ganz schön Gas geben, um da hochzukommen …«
Als das Flugzeug waagerecht in der Luft schwebte, konnte Annmarie sich wieder entspannen. Nun war auch das Dröhnen der Motoren auszuhalten.
Sie erwiderte seinen Händedruck. »Ich danke dir für die Aufmunterung. Man muss wohl selbst Militärpilot sein, um dabei so cool zu bleiben.«
Er lachte. »Ich bin eben eine tapfere Tunte.«
»Red doch keinen Blödsinn. Du bist überhaupt keine Tunte, sondern ein wunderbarer und tapferer Mann, der eben Männer mag. Hast du eigentlich einen Freund?«
»Nein, jedenfalls keinen offiziellen.«
»Und was machst du mit deinen Hormonen?«
»Homosexualität ist im arabischen Raum weiter verbreitet, als es den Mullahs lieb ist. Dabei machen die selbst auch nicht weniger mit als viele Priester bei den Christen. Mir fehlt aber gar nicht so der Sex, sondern ich vermisse es, mich zu meiner Homosexualität bekennen zu dürfen.«
»Ist Homosexualität in der Armee überhaupt ein Thema?«
»Latent ja. Als Rekrut hat man es nicht einfach, wenn man gut aussieht und eigentlich nur duschen will.«
»Und als Offizier?«
»Da steht man hinter den Dingen, wenn du verstehst, was ich meine. Man tut es, aber man spricht nicht drüber.«
Sie sah ihn betroffen an. »Wie soll denn da Liebe aufkommen?«
»Genau das ist das
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