Schnabel, Andreas
Armee? Dein Vater ist ein hoher Offizier. Die Macht seines ganzen Apparates würde uns beide zermalmen.«
»Dann sei es so.«
Sie saßen noch eine Weile eng umschlungen und weinten gemeinsam.
*
Marga Santo und Jordi Vidal hatten Bereitschaftsdienst und waren sichtlich froh darüber, dass der Comisario Michael Berger gebeten hatte, sie dabei zu unterstützen. Der Dienstapparat war auf Margas Handy umgestellt, und so konnten sie den Leerlauf, den sie bei den Ermittlungen hatten, in der Bar Sa Plaça genießen.
Margas Handy klingelte. Sie nahm den Anruf entgegen, schlug ihren Block auf und begann, sich Notizen zu machen. Nach einem kurzen: »Sí, wir kommen«, beendete sie das Gespräch.
»Das war die Leitstelle. Man befürchtet, dass auf der Finca Zarzarrosa eine Gewalttat geschehen wird. Ein gewisser Peer Gunnarsson hat den Notruf gewählt und um Hilfe gebeten.«
Sie zahlten und machten sich auf den Weg.
Bei der Wellness-Finca angekommen, fanden sie zwei ratlose Beamte der Policía Local vor der Gegensprechanlage am Haupttor vor.
Marga ging auf sie zu. »Gibt es Probleme?«
»Die da drin meinen, es gäbe keine. Wir sollen wieder fahren, es hätte sich jemand einen Spaß erlaubt.«
Marga wollte gerade erneut klingeln, als der Residente sie stoppte. »Bitte nicht, Marga. Wir sollten das für den Moment so hinnehmen und zum Observationsbus fahren. Die müssten von einer Gewalttat ja etwas mitbekommen haben.«
Nach nur dreiminütiger Fahrt trafen sie beim Bus ein. Capitán Ramirez hatte seit einer halben Stunde Dienst.
»Hola, Capitán« begrüßte ihn Berger. »Wir haben von der Leitstelle einen seltsamen Notruf bekommen. Ein gewisser Peer Gunnarsson hat eine Gewalttat gemeldet, die auf der Finca geschehen würde, wenn er keine Hilfe bekäme.«
Ramirez nickte. »Den Notruf haben wir auch registriert, aber von einer entsprechenden Bedrohung haben wir nichts mitbekommen. Dabei hätten wir es über die Mikrofone sogar in den Räumen ohne Kamera gehört, wenn jemand um Hilfe gerufen hätte.« Er gab Berger ein Zeichen, dass er ihm bitte folgen solle, und verließ den Bus. »Señor Residente«, sagte er, als sie draußen allein waren, »ich möchte den Kollegen García Vidal nicht in Frage stellen, aber mit dieser Observationsnummer hat er sich völlig verzockt.«
»Ihre Erfahrung in allen Ehren, Señor Capitán, aber er hat das nicht allein zu verantworten, ich hatte ebenfalls das Gefühl, dass auf der Finca nicht alles koscher ist.«
Die Tür des Busses öffnete sich, und ein kreidebleicher Beamter winkte Ramirez zu. »Señor Capitán, wir bräuchten Sie mal bitte, schnell.«
Ramirez hastete in den Bus, Berger hinterher.
Der Polizist zeigte auf einen der Bildschirme, der einen Teil des Pools zeigte. Darin schwamm in einer roten Wolke, mit dem Rücken nach oben, ein extrem gut gebauter Mann mit einem weißen Polohemd und einer kurzen weißen Bademeisterhose.
»Der Cortado-Kellner«, entfuhr es Berger. »Wie kommt der denn da rein?«
»Die eigentliche Frage ist: Wie kommt der denn nur da rein?« Der Beamte tippte auf einen anderen Bildschirm, der das gesamte Schwimmbecken zeigte.
»Seltsam«, murmelte Ramirez. »Da schwimmt niemand, und beide Bilder sind angeblich live.«
Berger legte nachdenklich die Stirn in Falten. »Was meinen Sie, Capitán, ist die Liegewiese groß genug, dass da ein Polizeihubschrauber landen kann?«
»Ich denke schon.«
»Dann beordern Sie so schnell wie möglich einen her, um uns aufzunehmen. Die Kavallerie kommt jetzt nämlich aus der Luft.«
Marga guckte ungläubig. »Und was machen wir mit den Kollegen der Policía Local?«, fragte sie.
»Die sollen, kurz bevor wir dort einschweben, auf das Grundstück fahren. Die hören ja, wenn wir kommen.«
»Das Tor wird mit Sicherheit geschlossen sein.«
»Dann müssen sie eben ordentlich Anlauf nehmen.«
Ramirez sah ihn ratlos an. »Und wozu, Señor Berger, wollen Sie jetzt die Keule auspacken?«
»Weil ich denke, dass es sich bei dem, was bei der Aktion krampfhaft versuchen wird, das sinkende Schiff zu verlassen, um eine Ratte handelt.«
*
Der Comisario hatte schon im Krankenhaus das Gefühl gehabt, dass bei Camila und Freaky die Chemie ganz offensichtlich stimmte. Nun saßen sie sich im Rathaus an zwei verschiedenen Schreibtischen gegenüber, und dennoch spürte man, dass die beiden eine Einheit bildeten. Mit jedem Tastendruck schien Camila wieder mehr ins Leben zurückzukehren, und so, wie sie Freaky hin und wieder ansah,
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