Schnabel, Andreas
schien es ein Leben zu sein, für das es sich zu leben lohnte.
»Ich will Sie beide ja nicht stören«, hob der Comisario an, »aber ich würde schon ganz gern wissen, was Sie da gerade machen?«
»Wir haben unsere Computer zu einem zusammengeschaltet.«
»Und wozu?«
»Um die Kapazität zu erhöhen. Auf diese Weise kann ich von Camilas Account aus das Umfeld analysieren, in das sie vorgestoßen ist.«
Angela verstand deutlich mehr von dem ganzen IT -Kram als der Comisario, aber nun waren anscheinend auch ihre Grenzen überschritten. »Muss ich das so verstehen, dass Camila dich als eine Art Virus in ein anderes System hineinsetzt?«
»Nein.« Freaky schüttelte den Kopf, ohne seinen Blick vom Bildschirm abzuwenden. Dabei tippte er unaufhörlich und in einer unglaublichen Geschwindigkeit auf der Tastatur herum. »Sie hat mich zwar huckepack, aber nicht als Virus, sondern als eine Art Messsonde. Stell dir das bitte so vor, als würde Camila dem feindlichen Rechner eine Spritze geben. Dabei führt sie unmerklich auch eine Messsonde ein, mit der ich während dieser Injektion von meinem Rechner aus eine komplette Blutgasanalyse machen kann. Danach kann ich sagen, wer er ist, wo er wohnt und was er hat.«
Da sich die beiden auf Deutsch unterhielten, war sich der Comisario nicht ganz sicher, alles richtig verstanden zu haben, und bat Angela, es für ihn zu übersetzen.
»Aber warum«, wollte er danach wissen, »macht sich die Wirtschaft diese Möglichkeiten nicht zunutze?«
Freaky lächelte ihn freundlich an. »Was meinen Sie, woher ich den Quatsch habe? Das machen die schon längst.«
»Und warum ist das nicht bekannt?«
»Weil es eben keiner bemerkt, Señor.«
García Vidals Handy klingelte. Er sah auf das Display und nahm den Anruf besorgt entgegen. »Miguel, ist etwas angebrannt?« Nach kurzem Zuhören und einem knappen »Sí« war das Telefonat beendet.
»Angela, wir müssen zu dieser Wellness-Finca. Der Cortado-Riese schwimmt tot im Pool.«
»Mein Gott«, entfuhr es ihr. »Da habt ihr ja mit eurem Verdacht doch richtig gelegen!«
»Soll hin und wieder vorkommen.«
*
Der Knall, der entstand, als der Streifenwagen mit relativ großem Anlauf durch das Schiebetor krachte, ließ alle in der Finca hochschrecken. Als dann auch noch der Hubschrauber auf der Wiese landete und Liegen und Matten durcheinanderwirbelte, war das Chaos perfekt. Alles schrie und rannte durcheinander, und der Tote im Pool wurde gar nicht wahrgenommen, bis ein gellender Schrei die allgemeine Kakofonie übertönte. Ob die schöne Nackte, die hysterisch kreischend und zappelnd am Beckenrand stand, nun gerade Nachtigallenkot oder Babyschiss im Gesicht hatte, vermochte Berger nicht zu sagen. Er war der Erste, der bei ihr war, und konnte sie kaum beruhigen.
»Kinder«, stöhnte Marga bedient, als die Frau von einem Kollegen vom Pool weggebracht worden war. »Warum müssen manche Weiber immer gleich austicken, nur weil sie eine Leiche sehen?«
»Das lag nicht an der Leiche. Die hat im Wasser ihr Spiegelbild erblickt«, frotzelte Berger.
»Na dann«, Marga grinste, »ist das Entsetzen begründet.«
Der weibliche Kampfsport-Terrier, der normalerweise hinter dem Empfangstresen seinen Dienst versah, kam zu ihnen an den Pool gehastet. »Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen, hier mit einem Hubschr–« Entsetzt unterbrach sie ihre Schimpftirade, als sie den Toten im Pool entdeckte. »Um Himmels willen, das ist ja Peer. Wie kommt der denn da rein?«
»Dies zu ergründen, deswegen sind wir hier, junge Dame«, entgegnete Berger.
Sie sah ihn konsterniert an. »Da hätten Sie doch aber auch klingeln können.«
»Haben wir. Uns wurde aber nicht geöffnet.«
»Wer hat Sie überhaupt gerufen?«
»Ein gewisser Peer Gunnarsson.«
Ihre Augen versanken in Tränen. »Wie soll das denn gehen? Der schwimmt doch tot im Pool. Wer tötet denn bloß einen so wunderbaren Menschen?« Weinend setzte sie sich auf eine der Liegen, die überall herumstanden.
»Was war die Aufgabe von Herrn Gunnarsson?«
»Er war hier als Personal Trainer tätig, außerdem hat er mit Frau Svensson zusammen die Hotelseminare durchgeführt. Und wenn er etwas Luft hatte, half er gern am Empfang aus.«
Von überall her waren inzwischen Polizeisirenen zu hören, und kaum eine Minute später trafen auch García Vidal und Angela Bischoff am Tatort ein. Berger erstattete kurz Bericht.
Der Comisario sah sich fragend in der Runde um, zu der sich inzwischen auch Ramirez
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