Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
Vom Netzwerk:
einem der Typen auf den Fotos, die er auf dem Laptop gefunden hatte. Robert McQuarrie. Der Sohn eines Bullen. Der Sohn eines hochrangigen Bullen. Und der Story zufolge trauernder Gatte einer Frau, die ermordet worden war.
    Und, schwups, sind alle, die diesem Typen eine Geldforderung schicken, mordverdächtig, oder?
    Höchste Zeit für meiner Mutter Sohn, sich rar zu machen.
    Seine Flucht war eher bedächtig als schnell. Andy war umgehend in die High Street gegangen und hatte sein Sparkonto abgeräumt, die gesamten zwölftausend Dollar. Dann grübelte er, ob er noch mal nach Hause gehen sollte, aber was, wenn sie seine Bude überwachten? Er stand auf dem Gehsteig und schaute sich betont lässig auf der High Street um. Das Problem war nur, dass jeder und jede wie ein Zivilbulle aussah.
    Also nicht nach Hause. Er ging ins Reisebüro und kaufte sich ein Virgin-Blue-Ticket zur Goldküste. Kein Rückflug. Das war auch schon der schnelle Teil der Flucht. Zum Flughafen ging es dann ganz bedächtig. Er war zum Bahnhof gegangen, hatte dort eine Stunde auf den Zug nach Frankston gewartet, war dorthin gefahren, war durch die Geschäfte in Richtung Nepean Highway geschlendert, hatte anderthalb Stunden auf den Minibus gewartet, der weitere neunzig Minuten bis zum Flughafen brauchte, und hatte dann zwei Stunden auf seinen Abflug gewartet. Dabei war er durch die Flughafen-Shops gewandert und hätte sich beinahe neue Klamotten gekauft, doch dann hatte er sich ermahnt, nicht so blöd zu sein, am Flughafen war doch nichts billig. An der Gold Coast würde er in einen Jeansladen gehen und sich eindecken.
    Er wollte eine Woche an der Gold Coast bleiben und sich dann weitertreiben lassen bis nördlich von Cairns. Er konnte so weitermachen. Am Strand zu schlafen kostete ja nicht die Welt.

53
    Am Mittwoch kurz nach der Mittagspause tauchte Ellen in der Einsatzzentrale auf, doch von ihrer üblichen lockeren Art war nichts zu spüren. Sie trug noch immer den Hals in Gips und bewegte sich steif, und ihr Gesicht war vor Erschöpfung ganz bleich und faltig. Aber sie war fröhlich und ganz wild darauf, wieder zu arbeiten – und zu erfahren, wie es Challis ging. Doch Hals Innerstes blieb ihr verschlossen. Er setzte sie und Scobie Sutton daran, die Reaktionen der Öffentlichkeit auf Joe Ovens’ Beschreibung des Commodore und des Fahrers zu durchkämmen. Es dauerte nicht lange, bis sie den Job leid war. Offenkundig waren die Ermittlungen von dem Punkt, wo die Öffentlichkeit keine Hilfe war, an den Punkt gelangt, wo die Hilfe zu viel wurde – wie meistens, wenn Phantomzeichnungen und Fahrzeugbeschreibungen an die Öffentlichkeit gelangten.
    »Der hier ist gut«, sagte sie und las eine Telefonnotiz vor, »Zitat: ›Die Hypnose hebt die Person in eine andere Dimension, und alles, was Mr. Ovens sah, bezieht sich auf einen anderen Ort und eine andere Zeit.‹«
    Scobie brummte. Genau wie Ellen hatte er die seit Montag eintreffenden Notizen auf zwei Stapel gehäuft: »Sofort bearbeiten« und »Zweifelhaft«. Letztlich würden sie alle Hinweise durchgehen. Selbst die Irren und die Gierigen sagen ab und zu die Wahrheit. »Die Hälfte von denen hier will wissen, ob es eine Belohnung gibt«, sagte er.
    »Und die andere Hälfte schwärzt Ehemänner, Brüder oder Exfreunde an«, fügte Ellen hinzu. »Hier ist noch so eine Anruferin, wollte ihren Namen nicht nennen: ›Der Mann auf dem Bild ist ein bekannter Al-Qaida-Agent. Er trägt weiße Schminke, um seine dunkle Hautfarbe zu verbergen.‹« Sie warf Scobie einen Blick zu und hoffte auf ein Kichern, doch Scobie machte nur ein trauriges Gesicht, so als wolle er all den Verrückten und Einsamen auf der Welt helfen. Ellen wäre es lieber gewesen, wenn sie sich diese Arbeit mit Challis hätte teilen können. Da hätten sie wenigstens etwas zu lachen gehabt. Sie legte die Notiz auf den Stapel »Zweifelhaft« und murmelte: »Schätzchen, dein Fernseher hat mal wieder mit dir gesprochen.«
    Ellen warf einen Blick zu Challis’ Büro hinüber. Die Tür stand offen. Hal ging eine Liste von möglichen Buchstaben- und Zahlenkombinationen von Nummernschildern durch, die zu Holdens aus den Achtzigern gehörten. Er wirkte angespannt.
    Ellen sortierte weiter, plötzlich hielt sie inne. »Ah«, murmelte sie.
    Scobie schaute auf. »Wieder so ein armes Geschöpf?«
    Ellen antwortete nicht darauf, sondern ging schnurstracks zu Challis, klopfte an und zog den freien Stuhl an seinen Schreibtisch heran. Challis telefonierte,

Weitere Kostenlose Bücher