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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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gearbeitet, hat immer wieder gesagt, sie würde einen Urlaub für mich buchen. ›Ich mach Ihnen einen guten Preis‹, hat sie gesagt.«
    »Familie, Freunde?«
    »Keine Ahnung, tut mir leid.«
    »Sie sagten, seit sechs Monaten sei sie nicht mehr aufgetaucht. Wissen Sie, warum nicht?«
    »Nicht den leisesten Schimmer. Ich habe Einmalkunden und Dauerkunden. Die teilen mir ja nicht unbedingt alle ihre Pläne mit. Aber ich denke, sie hat den Wagen verkauft und ist weggezogen.«
    »Oder hat den Wagen mitgenommen?«
    Der Automechaniker schüttelte verneinend den Kopf. »Der Wagen ist immer noch hier, nur fährt sie ihn nicht mehr.«
    Ellen erstarrte. »Immer noch hier?«
    »Ja. Ich seh ihn immer mal wieder irgendwo.«
    »Vorbeifahren? Tanken?«
    »Hier und da.«
    »Und wer fährt den Wagen?«
    »So ein Typ.«
    »Name? Adresse?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, tut mir leid.«
    »Können Sie ihn beschreiben?«
    »Mal sehen … Nicht sonderlich alt, rasierter Schädel, ein wenig schmuddelig und übergewichtig.«
    »Fällt Ihnen sonst noch etwas ein?«
    »Das ist wohl alles, tut mir leid.«
    »Sie waren uns eine große Hilfe«, sagte Challis. Dann fuhren sie zu Nora Gents Adresse, wo eine groß gewachsene Äthiopierin ihnen eine kleine weiße Karte an einer Garderobe im Flur zeigte. Darauf stand in großen Buchstaben der Name Nora Gent und eine Anschrift in Neuseeland.

54
    Challis, der einen dunklen Anzug und eine schwarze Krawatte trug, berief Donnerstag früh als Erstes ein Briefing ein. Tessa Kanes Beerdigung war um 10 Uhr, und er war einer der Sargträger. Challis stand wie üblich am Kopfende des langen Tisches, aber Zimmer, Kollegen und Ermittlungen schienen ihm fremd. Becher mit Tee und Kaffee dampften auf dem Tisch; in Griffweite stand ein Korb mit Croissants. Heute kam kein Nebel vom Meer herein, nur ein böiger Wind, der dicke Wolkenmassen vor eine niedrig stehende, schwächelnde Sonne schob.
    »Nora Gent«, begann er, »siebenundzwanzig, wohnhaft in Neuseeland. Sie arbeitet für JetAbout Travel, die sie vor sechs Monaten nach Auckland versetzt haben. Ihr gehörte ein 83er Commodore, eierschalweiß mit blassgelber Tür, verkaufte ihn vor ihrer Abreise allerdings an ihren Cousin. Nathan Gent, dreiundzwanzig, ehemals Navy, diente 2003 am Persischen Golf, verlor dort einen Finger bei einem Unfall. Danach fehlte es ihm an innerer Stabilität, und er verließ die Navy. Wohnhaft in Dromana, Weiteres ist nicht bekannt. Offenbar hat er es versäumt, den Wagen auf seinen Namen umzumelden, und hat die Zulassung für den Wagen verfallen lassen.«
    »Wie der Super schon sagte«, murmelte Scobie, »wir haben es hier nicht mit Raketenwissenschaftlern zu tun. Kassieren wir ihn ein?«
    Challis nickte. »Wir haben Haft- und Durchsuchungsbefehle für Haus und Auto.«
    »Wollen wir nur hoffen, dass er so dumm war, den Wagen zu behalten.«
    Challis legte die Hände auf die Rückenlehne seines Stuhls und sagte: »Möglich, dass er die Biege gemacht hat. Die Polizei in Neuseeland hat Nora Gent erst heute Morgen erreicht. Ich habe vor ein paar Stunden mit ihr telefoniert, habe mir von ihr die Adresse ihres Cousins geben lassen und bin dort vorbei gefahren. Kein Auto, Vorhänge zugezogen, jede Menge Postwurfsendungen im Briefkasten.«
    Ellen trank ihren Kaffee aus und wollte sich ein Croissant nehmen, doch durch die Bewegung schmerzte ihre Wunde, sie wimmerte kurz auf und überlegte es sich anders. »Das Auto macht mir Sorgen«, gab sie zu bedenken und ließ sich in ihren Stuhl zurücksinken. »Es ist seit dem Mord nicht mehr gesichtet worden, wurde nicht aufgefunden oder in Brand gesteckt. Ist er vielleicht damit abgehauen und weiter nordwärts nach Queensland gefahren?«
    »Wenn er so dumm ist, wie wir annehmen, dann schon«, antwortete Scobie. »Vielleicht ist er am selben Tag abgehauen und hat den Wagen später jenseits von Mount Isa stehen lassen oder abgefackelt.«
    »Ich habe eine landesweite Suchmeldung herausgegeben«, sagte Challis. »Aber Sie haben Recht, vielleicht finden wir ihn nie.«
    »Oder er hat die Beschreibungen in der Zeitung gelesen«, meinte ein DC aus Mornington, »und hat gestohlene Schilder und eine farblich passende Tür angeschraubt.«
    »Auch möglich«, meinte Challis. »Aber erst mal müssen wir ins Haus, ihn festnehmen, wenn er sich versteckt hält, und das Haus und sein Leben auf den Kopf stellen.« Nach kurzem Schweigen fügte er hinzu: »Auch der Hinweis auf die Navy muss weiterverfolgt

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