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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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Psychologin?«
    »Hat … hatte ihre eigene Praxis in Mount Eliza«, sagte McQuarrie. »Ein sehr intelligentes Mädchen.«
    »Wir haben uns bereits mit ihren Angestellten und Kollegen unterhalten.«
    »Natürlich.«
    »Hat sie ihre Klienten zu sich bestellt oder hat sie sie aufgesucht?«
    »Beides, nehme ich an. Ich weiß es nicht.«
    »Und heute?«
    McQuarrie wurde ungeduldig. »In Georgias Schule war heute Lehrertag, mit anderen Worten, ihre Lehrer hatten frei, und weil Janine keine Kinderbetreuung organisieren konnte, musste sie Georgia mitnehmen.«
    »Wollte Ihre Schwiegertochter hinterher in die Praxis fahren oder noch andere Klienten aufsuchen?«
    »Hal, ich bitte Sie, das ist reine Routine. Fragen Sie ihre Sekretärin, schauen Sie in Janines Kalender.«
    »Sir.« Challis dachte einen Augenblick über die nächste Frage nach. Es gab keine leichte Art, sie zu stellen. »Würden Sie sagen, dass Robert und Janine eine glückliche Ehe geführt haben?«
    Der Superintendent presste zwischen zusammengekniffenen, blutleeren Lippen hindurch: »Sehen Sie? Das genau ist die Art von Anspielung, auf die die Medien sich nur so stürzen. Janine hatte einen Liebhaber, und Robert hat sie erschossen. Oder Robert hatte eine Geliebte und wollte Janine aus dem Weg räumen.«
    »Wir müssen alle Szenarien durchgehen«, sagte Challis, der das Wort »Szenario« hasste, auch wenn es manchmal ganz nützlich war und zum Standardvokabular der Polizei gehörte.
    »Ach, zum Teufel damit. Ich hoffe, Sie werden meinem Sohn nicht dieselbe Frage stellen.«
    Challis neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Es tut mir leid, Sir, aber das wird sich nicht vermeiden lassen.«
    Wie Sie wissen ,ging der Satz unausgesprochen weiter.
    McQuarrie fauchte: »Vergessen Sie nur nicht, wer ich bin, wer mein Sohn ist und wer Sie sind, Mister.«
    »Um noch mal auf Janine zurückzukommen«, ging Ellen hastig dazwischen.
    »Nettes Mädchen.«
    Challis schätzte, dass wohl nicht mehr aus McQuarrie herauszuholen war. Der Superintendent schien nicht in der Lage zu sein, einzelne charakterliche Besonderheiten zu erkennen. Janine stammte aus einer angesehenen Familie, war erfolgreich im Beruf, sein Sohn hatte sie sich ausgesucht, also bedurfte es keiner weiteren Nachforschungen. Sie hatte die einzigen Prüfungen bestanden, die wirklich wichtig waren.
    Die arme Frau. Hatte sie sich abstrampeln müssen, um in dieser Familie überhaupt wahrgenommen zu werden?
    »Hat Janine jemals einzelne Klienten erwähnt, die ihr gedroht oder sie beschimpft haben?«
    Challis sah zu, wie dem Superintendent langsam die Vielschichtigkeit dieser Frage aufging. »Nein, aber das ist ein vielversprechender Ansatz, Hal, sehr vielversprechend. Bleiben Sie dran.«
    Challis nickte, trotz seiner eigenen Bedenken. »Glauben Sie, dass Mrs. McQuarrie dem noch etwas hinzuzufügen hätte? Nicht jetzt, morgen vielleicht?«
    »Halten Sie meine Frau aus der Sache raus.«
    »Sir, es ist nicht mein Wunsch, jemanden aufzuregen, aber wäre es nicht möglich, dass sie Dinge weiß, von denen Sie nichts ahnen? Schließlich sind Sie sehr beschäftigt. Standen sich Schwiegermutter und Schwiegertochter nahe?«
    »Janine war für uns beide wie eine Tochter.«
    »Ja, Sir. Was ist mit ihren Eltern? Wissen die schon Bescheid?«
    »Die sind beide leider schon verstorben – vor ein paar Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen. Aber da ist noch Meg, ihre Schwester. Ist das jetzt alles?«
    »Ich danke Ihnen, Sir«, sagte Ellen.
    Auf halbem Weg zu ihrem Wagen holte McQuarrie sie ein, packte Challis am Arm und sagte: »Zeit, sich den Medien zu stellen.«
    Challis und Ellen sahen sich an, dann folgten sie dem Superintendent die Zufahrt hinauf zur Straße und zu den Reportern, die bei dem starken Wind mit hochgezogenen Schultern dastanden. McQuarrie hob eine Hand und verkündete: »Ich möchte eine kurze Erklärung abgeben.« Dann bestätigte er den Anwesenden, dass seine Schwiegertochter gegen 9 Uhr 30 früh erschossen worden war. Challis und Ellen ließen das Ganze über sich ergehen. Blitzlichter flammten auf. McQuarrie hatte offenbar allen Kummer und alle Anstrengung vergessen. Jetzt war er wieder der McQuarrie, der einen teuren Anzug trug und sich wie ein hoher Militär benahm: aufrecht und mit furchtlosem Blick, ganz der stocksteife britische Offizier in einem typisch britischen Film der Fünfzigerjahre. Den Kameras machte das Eindruck, doch Challis schien es fast, als wüsste der Mann mehr über Golf als über

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