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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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ist los?«
    Scobie erzählte ihr, was am Vormittag im Gericht passiert war. »Und nachdem Natalie jetzt weiß, dass du mit einem Bullen verheiratet bist, wird sie argwöhnisch sein.«
    Beth blinzelte ein paar plötzlich aufschießende Tränen fort, schüttelte den Kopf und ballte vor Enttäuschung und Schmerz die Fäuste. »Ich kämpfe an verlorener Front, Scobie«, sagte sie. Er wusste, was sie meinte: die ganzen Probleme in den heruntergekommenen Sozialsiedlungen von Waterloo, Rosebud und Mornington. Beth kannte die Familie Cobb, kannte dutzende anderer ähnlich gelagerter Fälle, und manchmal war das alles zu viel für sie. Zu viel Elend, zu viel Dummheit, zu viel Gleichgültigkeit.
    »Schsch«, machte Scobie, wiegte sie sanft und hörte zu, wie sie vom Seaview Estate berichtete, der Sozialsiedlung, in der die Cobbs lebten. Statt Meeresblick gab es allerdings nur eine Aussicht auf die Raffinerie, und über der Siedlung lag der Ruch von Niederlage.
    »Da gibt es den kleinen Gemeindesaal«, sagte Beth, »doch niemand in der Siedlung nutzt ihn. Versteh mich nicht falsch, der Saal ist jeden Tag ausgebucht, aber nur von Außenstehenden, die Gilbert and Sullivan Players zum Beispiel, die Pfadfinder, der Yoga-Club. Ich versuche die ansässigen Jugendlichen dazu zu bewegen, ihren Jugendtreff daraus zu machen, aber wir brauchen Gelder, um einen Sozialarbeiter für die Jugendarbeit zu bezahlen. Doch wenn ich mich an die Gemeinde wende, winken der Finanzverwalter und der Marketingchef ab. Am Ende läuft es immer nur auf Kosten hinaus. Ich versuche sie dazu zu bewegen, das Ganze auch mal von der emotionalen Seite aus zu betrachten, aber die haben einfach keine Gefühle. Das macht mich so was von wütend.«
    Aus dem Munde seiner Frau war das schon der stärkste Fluch.
    »Der einzige Hoffnungsschimmer in der Siedlung ist Natalie Cobb«, sagte sie.
    »Tut mir leid, dass ich das versiebt habe.«
    »Ach Scobie, hast du doch gar nicht.« Beth lächelte wieder. »Und warum bist du hier?«
    Er erzählte ihr von Janine McQuarrie und der Verbindung zu Mrs. Humphreys. Beth war entsetzt. »Janine McQuarrie?«
    »Kennst du sie?«
    »Alle Wohlfahrtsverbände kennen sie«, antwortete Beth und schwieg dann kurz. »Also, über Tote soll man ja nicht schlecht reden …«
    »Das ist schon in Ordnung«, sagte Scobie resolut. »Wir müssen so viel herausbekommen wie möglich, Positives wie Negatives. Erst dann können wir das Wichtige vom Unwichtigen trennen.«
    Beth rieb unruhig die Hände aneinander. »Also, das könnte schon wichtig sein«, sagte sie.
    »Dann erzähl es mir.«
    Scobie sah, wie der Blick seiner Frau in die Ferne schweifte und sie ihre Gedanken sammelte. »Es kam mir so vor, als habe sie es absichtlich darauf angelegt, Menschen zu verärgern und gegeneinander aufzuhetzen«, formulierte Beth vorsichtig. »Sie war autokratisch, musste stets ihren Willen kriegen.«
    Um seine Frau zu ermutigen weiterzusprechen, erwähnte Scobie: »So etwas haben wir schon heute Morgen von ihren Arbeitskollegen gehört.«
    Beth nickte. »Ich weiß von einem Fall, da ist ein fünfzehnjähriges Mädchen aus einer der Sozialsiedlungen zu ihr geschickt worden, weil sie daheim Probleme hatte. Sie riet dem Mädchen, sofort von zu Hause auszuziehen, hat die Klientin aber nicht weiter begleitet. Prompt ist das Mädchen an eine Bande von Ladendieben geraten und hat Drogen gekauft. Wie sich herausstellte, gab es zu Hause gar keine sonderlich gravierenden Probleme: Das Mädchen mochte nur nicht von ihrer Mutter gegängelt werden, das war alles. Wenn Janine McQuarrie eine vernünftige Mediation durchgeführt und Mädchen und Familie einbezogen hätte, dann hätte sie allen viel Kopfzerbrechen erspart.«
    Scobie nickte ermutigend.
    »Ihre Aufgabe bestand darin zuzuhören, Ratschläge zu erteilen und falls nötig die Klienten zu anderen Spezialisten zu vermitteln oder sie in der entsprechenden Einrichtung unterzubringen. Aber häufig genug war sie nur offen feindselig und handelte als Anklägerin und Richterin zugleich.«
    »Wie denn zum Beispiel?«
    »Nun, sagen wir, eine Frau kommt zu ihr, um sich beraten zu lassen, weil ihre Ehe unglücklich ist oder zerstritten. Janine wandte sich dann häufig gegen den Mann und griff ihn offen an.«
    »Aha«, brummte Scobie nachdenklich.
    »In einem anderen Fall, den ich mitbekommen habe, kam ein Mann zu ihr, weil seine Frau ihn schlug. Janine nahm einfach an, dass er log, um seine eigene Gewalttätigkeit zu vertuschen, und

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