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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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Laura Wavell, beide Anfang vierzig, beide um viertel vor neun an einem Donnerstagmorgen zu Hause.
    »Wir arbeiten von daheim aus«, erläuterte Anton, als er sie ins Wohnzimmer führte. Er war ein dünner, leicht rothaariger, durchschnittlich aussehender Mann mit langen blassen Fingern, die ihm vom Gürtel an Mund und Hals flatterten.
    »Wir bieten IT-Support an«, erläuterte Laura. »System-Upgrades, Datenwiederherstellung, Webdesign, Virusbeseitigung. Sollten Sie jemals damit Probleme haben …«
    Sie kurbelt das Geschäft an, dachte Challis, obwohl sie ahnt, warum wir hier sind. Er betrachtete die Wavells. Er war schon seit längerem nicht mehr über die Ähnlichkeiten überrascht, die sich nach und nach bei Ehepaaren entwickelten. Auch Laura Wavell war leicht rothaarig. Ihr breites Gesicht war mit zahlreichen Sommersprossen gesprenkelt, und ihr dickes Haar wurde durch große Spangen gebändigt.
    »Soll ich es Ihnen zeigen?«, fragte sie und wies auf eine geschlossene Tür an der anderen Seite des Zimmers.
    Die Frage klang recht verzweifelt, so als würden Challis und Ellen vielleicht besser über die Wavells denken, wenn sie ein Zimmer voller modernster Technik als Beweis von einfacher, tagtäglicher harter Arbeit zu sehen bekamen. Nach Challis’ Erfahrung lagen Schuldgefühle stets an der Oberfläche, wenn es um die sexuellen Neigungen des durchschnittlichen Bürgers ging. Verstockte Pädophile waren die einzigen, die keinerlei Einsicht oder Reue zeigten. Die Wavells standen wahrscheinlich kurz davor, mürrisch und ängstlich zugleich zu protestieren, sie würden anderen ja nur dabei helfen, ein wenig Spaß zu finden. Was diese Partys anging, hatte Challis keinerlei moralische Meinung darüber. Es war ihm egal, was die Teilnehmer dort taten. Es war ihm nicht egal, wenn jemand auf einmal sein eigenes Spielchen spielte.
    »Ein andermal«, sagte er und setzte sich auf ein kissenweiches Sofa, was die anderen dazu zwang, es ihm gleich zu tun. In einer Zimmerecke stand ein Plasma-Widescreen-Fernseher, eine kleine Bar, eine Ansammlung von Ikea-Sesseln, hellen Teppichen und Sitzkissen, Lichtleisten an Wänden und Decke. Die Wintersonne ließ Stäubchen und Fingerabdrücke erkennen. Das Zimmer wirkte auch nicht im Entferntesten erotisch aufgeladen. Challis schob Janine McQuarries Fotos über einen Couchtisch, der aus wieder aufpolierten alten Bodendielen gezimmert war und die Form einer niedrigen breiten Kiste mit zwei flachen Schubladen hatte. »Diese Bilder wurden letzte Samstagnacht in zwei Ihrer Zimmer gemacht.«
    Eine Weile herrschte Schweigen. Antons Hände waren beschäftigt. Er schluckte. Laura setzte sich aufrecht hin, legte die Knie zu einer Seite und faltete ihre Hände auf dem schmalen Schoß. »Wir haben nichts Falsches getan«, betonte sie.
    »Wir haben diese Bilder ganz bestimmt nicht geschossen«, sagte Anton. »Durchsuchen Sie alles, wenn Sie wollen. Keine versteckten Kameras.«
    »Fotoapparate sind strikt untersagt.«
    »Gegen die Etikette.«
    »Ach ja, die Etikette«, sagte Ellen, und Challis sah, wie sich in ihrem Gesicht, in ihrer Stimme etwas Gefährliches zusammenbraute. Wenn Ellen erst einmal loslegte, dann war das ein Erlebnis für sich. Und ab und zu brachte es sogar zählbare Erfolge.
    »Wir legen Wert auf einen gewissen Standard«, betonte Anton.
    »Standard«, wiederholte Ellen.
    »Ja.«
    »Kennen Sie diese Männer?«
    »Sie kommen zu unseren Anlässen.«
    »Anlässe. Na, das ist ja Klasse«, sagte Ellen. »Ich will mal sehen, ob ich nicht meinen Ehemann heute Abend ›veranlassen‹ kann, falls er nicht zu müde ist.«
    Anton wurde rot. »Sie sind wie ein offenes Buch. Sie glauben, an unseren Partys sei etwas Schmutziges, weil Sie Sex an sich für etwas Schmutziges halten. Aber das ist er nicht.«
    »Ach, ich mag ein wenig Schmutz«, meinte Ellen. »Und Sie, Hal?«
    »Ich auch«, sagte er vorsichtig und fragte sich, ob ihre Wut der Tatsache entsprang, dass sie von ihm enttäuscht war. Gestern hatte er sie gewollt, auch am Tag davor, und sie hatte es bemerkt. Er hatte nicht gehandelt. Hatte sie gewollt, dass er den ersten Schritt macht?
    Er legte ein Foto von Janine McQuarrie auf den Tisch, das Porträt, das für die Bayside Counselling Services aufgenommen worden war. »Kennen Sie diese Frau?«
    Die beiden schauten mit pflichtbewusstem Stirnrunzeln hin. »Die war hier.«
    »Auf den Swingerpartys?«
    »Ja«, antwortete Anton kurz angebunden.
    »Eine der Ehefrauen«, fügte Laura hinzu, so

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