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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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eine Weile zu beschäftigen.

32
    Sie bildeten drei Teams und schlugen am frühen Donnerstagmorgen gleichzeitig bei dem Chirurgen, dem Buchhalter und dem Fondsmanager zu. Es war sechs Uhr früh, noch war keine Morgendämmerung am Himmel zu erkennen, die Menschen in den Häusern schliefen noch oder rührten sich gerade. Eine Stunde, in der die Gedanken noch undeutlich sind und die Lippen beredsam.
    Hinterher erfuhren Challis und Ellen von Scobie Sutton und den Detectives aus Mornington, dass der Chirurg und der Fondsmanager echte Bestürzung, Entsetzen und Wut gezeigt hatten. Also war klar, dass Robert McQuarrie sie nicht vorgewarnt hatte. Dem Wutausbruch folgten Scham und Angst. Sie baten um Verständnis, flehten darum, ihren Frauen die Wahrheit zu ersparen. Der Chirurg war mit seiner Schwägerin auf die Swingerpartys gegangen, der Fondsmanager mit seiner Sekretärin. Beide hatten Alibis. Beide bestätigten, dass sie Fotos von sich in der Montagspost vorgefunden hatten. Kein Begleitbrief, aber genau wie Robert McQuarrie hatten sie angenommen, dass jemand vom Progress die Bilder geschickt hatte, und befürchteten Erpressung und Bloßstellung in den Medien.
    Bei dem Buchhalter lag die Sache anders, nicht wie bei Robert McQuarrie, dem Chirurgen oder dem Fondsmanager. Er hieß Hayden Coulter und lebte allein in einem Lofthaus aus gestampftem Lehm an einem Hang oberhalb von Penzance Beach. Die Zufahrt war schmal, der Wendeplatz ungewohnt, also tat Challis, was er an unvertrauten Orten und unter unbekannten Umständen immer tat – er parkte den Wagen so, dass er in Richtung Straße zeigte und Ellen und ihm einen ungehinderten Fluchtweg ermöglichte.
    Coulter, der Hemd und Schlips, Hose und Hausslipper trug, empfing sie an der Tür. Sein Gesicht war von der morgendlichen Rasur sauber, in seinen duschnassen Haaren war noch das Muster vom Kamm zu sehen. Etwa vierzig, schätzte Challis, und daran gewöhnt, sich bedeckt zu halten. Er betrachtete sie ausdruckslos und bat sie aus der Kälte herein.
    Sie folgten ihm in die Küche in den Duft von frischem Kaffee und Toast.
    »Kann ich Ihnen etwas anbieten?«
    Ellen sah Challis kurz an und antwortete dann für sie beide.
    »Kaffee, bitte.«
    »Setzen Sie sich.«
    Coulter goss Kaffee ein und setzte sich ihnen gegenüber, korrekt, gefasst, aufmerksam, seine grauen Augen klar und unbesorgt. Er sagte nichts, verriet weder Neugier noch Furcht. Er will uns aussitzen, dachte Challis und schob ihm eine Fotografie über den Tisch zu. »Sind Sie das, Mr. Coulter?«
    »Ja.«
    »Haben Sie dazu etwas zu sagen?«
    »Ich habe Sex mit einer Frau auf einem Bett und werde dabei von anderen Männern und Frauen beobachtet.«
    »Haben Sie am Montag eine Kopie dieses Fotos per Post erhalten?«
    »Ja.«
    »Und was dachten Sie darüber?«
    »Gar nichts. Ich habe nichts zu verbergen. Man kann und wird mich nicht erpressen.«
    »Also haben Sie eine Forderung erhalten?«
    »Nein.«
    »Woher wissen Sie dann, dass es um Erpressung geht?«
    »Ich nehme an, dass mich jemand weich kochen und dann erpressen will«, antwortete Coulter und pustete den heißen Dampf von seinem Kaffee.
    »Sie sagten, man kann und wird Sie nicht erpressen«, sagte Ellen. »Wagemut?«
    »Man kann und wird mich nicht erpressen, weil mir das völlig egal ist«, erwiderte Coulter. »Ich gehe auf Swingerpartys, na und? Ich habe keine Familie, die sich deswegen schämen würde, und meinen Auftraggebern ist das völlig egal. Ich vertrete gewisse Interessen in der Rennpferd-Industrie, und meine Reputation beruht allein darauf, ob ich ihr Geld vermehre – und darin bin ich recht erfolgreich.«
    Challis missfiel die Kälte und Eitelkeit des Mannes. Er bemerkte Coulters schwielige Arbeitshände, die so gar nicht zu dem weichen, teuren Stoff seines Hemdes zu passen schienen, und fragte: »Haben Sie das Haus selbst gebaut?«
    »Ja, hab ich.«
    »Beeindruckend.«
    Coulter sagte nichts und behielt sein abwehrendes Schweigen bei.
    Ellen trank ihren Kaffee aus. »Haben Sie eine Ahnung, wer Ihnen die Fotos geschickt hat?«
    »Janine McQuarrie. Deshalb sind Sie doch hier, nicht? Glauben Sie, ich habe sie umgebracht?«
    »Und, haben Sie?«
    Coulter machte ein gelangweiltes Gesicht. »Warum sollte ich das tun?«
    »Sie hätte Ihren Ruf schädigen können.«
    »Vielleicht haben Sie nicht zugehört: Mein Ruf ist mir gleichgültig.«
    »Die Fotos – oder Janine selbst – waren auch in anderer Hinsicht eine Bedrohung.«
    »Ich habe die Frau nie kennen

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