Schnappschuss
hinaus in die Straßengräben und bemerkte, wie weit verbreitet Pittosporen auf der Peninsula waren. Seitdem sie zu den Buschratten gehörte, sah sie die Gegend mit ganz neuen Augen. »Hast du gewusst, dass Pittosporum zu den Unkräutern gezählt wird?«, fragte sie.
Tank schien wie aus einem Traum zu erwachen. »Was?«
»Ach nichts.«
Tank schaute mürrisch geradeaus. »Diese Frau in dem Passat, glaubst du, die hat sich über uns beschwert?«
Ach, darüber hatte er also gebrütet. »Lottie Mead? Nein. Ich an deiner Stelle würde mir darüber keinen Kopf machen.«
Sie näherten sich dem Kreisverkehr am Highway und bremsten am Ende der Fahrzeugschlange, die sich gebildet hatte. Pam sah auf ihre Uhr: noch zwei Stunden bis Dienstschluss. Dann schaute sie zufällig zum Coolstores-Parkplatz hinüber und sah einen Toyota-Van mit getönten Scheiben, der gerade in eine Parklücke einbiegen wollte. Der Wagen hatte Vorfahrt, hielt aber in letzter Sekunde an, und der Fahrer gab einer älteren, panisch wirkenden Dame in einem uralten Morris Minor ein Handzeichen. Die alte Dame winkte dankbar, lächelte erleichtert und lenkte ruckelnd in die Parklücke. Der Van blieb stehen, der Fahrer sah sich nach einer anderen Parklücke um.
»Was denkst du?«, fragt sie Tankard. »Diese Woche sind wir nicht gerade mit höflichen Fahrern überschüttet worden. Sollen wir dem da eine Tüte überreichen?«
Tankard rieb sich das Knie und löste eine Duftwolke von Mobilat aus. Er hatte sich beim Footballtraining verletzt und schien wie besessen davon. »Was? Ich hab nichts gesehen.«
Der alte Tankard, der gern an ihren Brüsten entlangstrich und blöde Kommentare zu ihren BHs abgab, war ihr fast lieber als diese niedergeschlagene Schnecke. »Wach auf, Tank, du hast den Rest deines Lebens noch vor dir«, sagte Pam, streckte die Hand aus und zog sanft am Lenkrad.
»Na, mach dir bloß keinen Knoten in den Schlüpfer«, sagte er, blinkte und bog auf den Parkplatz.
»Halt mal neben dem Van da«, sagte Pam und zeigte zu dem Toyota, der vor dem Fertighaus stand, das der örtlichen Radiostation gehörte. In den anderen Gebäuden befanden sich ein Showbusinessmuseum, ein paar Kunstgewerbeläden, ein Restaurant und ein Café.
Der Fahrer öffnete gerade seine Tür, als Pams Beifahrerseite neben ihm ins Blickfeld kam. Ein junger Bursche, glattrasiert, Sonnenbrille, frisch aus der Schule entlassen, wie Pam fand. Sie sah ihn sich genauer an und dachte, wie komisch es war, dass die erste Reaktion der Leute, die der Polizei begegneten, immer aus Besorgnis bestand, gemischt mit Panik und Resignation, so als hätten sie alle gegen das Gesetz verstoßen und als hätte die Polizei sie doch noch ertappt.
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte sie und kurbelte das Fenster herunter.
Der junge Bursche knallte die Fahrertür zu, gab Gas, setzte mit quietschenden Reifen zurück und schoss hinaus auf die Eramosa Road.
»Himmel!«, rief Tankard, und als Pam ihm einen fragenden Blick zuwarf, sah er auf seine zitternden Hände. Sie hatte es gewusst, beim geringsten Druck würde er zusammenbrechen. Sie traute ihm keine Verfolgungsjagd zu und schrie »Ich fahre!«, sprang aus dem Wagen, eilte zur Fahrerseite und zog ihn fast hinterm Lenkrad hervor. Sie rollte bereits rückwärts, als er auf den Beifahrersitz sprang.
Der Toyota war nicht auf den Highway gebogen, wo er leicht vom Hubschrauber aus entdeckt, von Verfolgern gestellt oder durch Straßensperren aufgehalten werden konnte, sondern fuhr zurück ins Hinterland. Pam, die fast zwanzig Sekunden verloren hatte, folgte ihm. Im nächsten Augenblick bog der Van in eine schmale Asphaltstraße, die durch flache, feuchte Weiden führte und von Bäumen und Gestrüpp gesäumt war. Pam folgte dem Wagen drei Kilometer weit, der Van fuhr manchmal hundertzwanzig und brach dabei ein wenig mit den Hinterrädern aus, der kleinere Sportwagen flatterte eher auf der unebenen Fahrbahn.
Tankard knallte mit der Pranke auf das Armaturenbrett. »Wenn du weiter so fährst wie ’ne Tussi, holen wir den Sack nie ein.«
Merkwürdiger Zeitpunkt für den alten Tankard, wieder aufzutauchen. Pam lenkte verbissen, zwang sich, ihn zu überhören und ganz nach Vorschrift vorzugehen. Dann befahl sie ihm, über Funk Fabrikat, Farbe und Kennzeichen des Vans durchzugeben, dazu ihre augenblickliche Position, Richtung, Straßenzustand und andere Einzelheiten.
Die Funkzentrale klang ruhig und besonnen. »Der Wagen wurde gestern als gestohlen gemeldet.
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