Schnappschuss
Ende finden konnte. Ellen hatte wahrscheinlich einen Heidenspaß dabei, ihn aufzuziehen, eben weil sie wusste, dass er bei McQuarrie saß. »Sergeant Destry«, sagte er, »falls Sie sich wirklich zur Straßenpolizei versetzen lassen wollen, gebe ich Ihnen gern ein Empfehlungsschreiben.«
Ellen schnaubte. Der Super blickte auf, runzelte die Stirn und wandte sich wieder seinem Stapel Unterlagen zu. »Gute Neuigkeiten«, sagte Ellen und erzählte ihm von dem Unfall und dem Van voller Diebesgut, darunter auch seinem Laptop. »Es gibt keinen Zweifel.«
Challis’ Erleichterung war mit Händen zu greifen. »Sie sind ein Genie.«
»Hast du es schon dem Super erzählt?«
»Noch nicht.«
»Das brauchst du jetzt auch nicht mehr, Hal.«
»Okay.«
»Bis später.«
Challis war in Hochstimmung, hatte keine Angst mehr, ließ sich nicht mehr durch die Atmosphäre im obersten Stockwerk deprimieren, das geräuschgedämpft und fern der Straßen und Gerichte lag und wo kaum noch Polizeiarbeit geleistet wurde. Recht und Gesetz ging hier über Teppichböden, trug Anzüge und Universitätsgrade hinter dem Namen.
Challis streckte die Beine aus und sah sich um. Auf den Regalen lagen ledergebundene Berichte, es gab Fotografien vom Super, wie er Berühmtheiten die Hand schüttelte, einen Gummibaum, der so glänzend und gesund wirkte wie aus Plastik. Auf einer Ecke des Schreibtischs stand eine Ansammlung von kleinen Silberrahmen mit Fotos von Mrs. Super, von Robert und Georgia. Georgias Bild war aus einem größeren Foto herausgeschnitten worden. Sie hatte auf dem Schoß einer Frau gesessen. Janine?
Challis bemerkte endlich, dass der Super seinen Stift hingelegt hatte, ihn verächtlich und leicht verärgert ansah und dabei das Gesicht eines beschäftigten Mannes machte, der Wichtigeres zu tun hatte. »Sie haben meiner Sekretärin gesagt, es sei dringend?«
Challis sagte: »Tut mir leid, aber es gibt etwas Neues, Sir. Die Angelegenheit ist recht heikel.«
McQuarries Gesicht versteinerte, der Superintendent sagte kein Wort, schluckte aber, so als wolle er sich vor dem Schlimmsten bewahren. Gott sei Dank muss ich ihm nichts von dem Laptop erzählen, dachte Challis. Ich kann ihm die Fotos zeigen und weiter im Vorteil bleiben.
»Sprechen Sie weiter, Inspector.«
»Sir, wir haben das fehlende Handy gefunden.«
»Und? Na reden Sie schon.«
»Auf dem Handy waren einige Fotos gespeichert«, fuhr Challis fort, nahm sie aus seiner Aktentasche und breitete sie auf McQuarries Schreibtisch aus.
Der Super saß lange regungslos da, beugte sich ein wenig vor, um die Fotos zu mustern, rührte sie aber nicht an. Schließlich sah er auf und sagte mit gebrochener Stimme: »Wann?«
»Sie wurden wahrscheinlich vorletzten Samstag gemacht. Es ist natürlich durchaus möglich, dass –«
McQuarrie winkte verärgert ab. »Das meine ich nicht – wann haben Sie es gefunden?«
»Gestern am späten Nachmittag.«
»Und Sie fanden nicht, dass Sie mich früher darüber hätten informieren sollen?«
»Wir wollten Ihnen keinen unnötigen Kummer bereiten.«
McQuarrie sah ihn offen ungläubig an, wechselte dann aber das Thema. »Ich habe schon von Ihren Razzien heute Morgen gehört.«
McQuarries Spione. »Es handelte sich um die Männer auf den Fotos«, sagte Challis.
»Aber nicht bei Robert?«
»Wir haben uns gestern Abend mit ihm unterhalten.«
»Und?«
»Jeder von ihnen hat am Montag eine Kopie seines Fotos in der Post vorgefunden.«
»Hat Janine sie erpresst? Und hat einer von ihnen sie umgebracht? Sie hat doch diese Fotos gemacht?«
»Wir sind uns da nicht sicher.«
»Ich schon«, betonte McQuarrie.
»Sir«, fragte Challis, »hatten Sie den Verdacht, dass etwas im Gange war?«
McQuarries Fassade bröckelte. Er wirkte verwirrt, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und sah sich Hilfe suchend um. »Bei ihr hatte man stets den Eindruck, als sei etwas nicht richtig. Irgendetwas fehlte. Meine Frau und ich haben nichts unversucht gelassen, um sie willkommen zu heißen und in die Familie aufzunehmen, aber Janine schien uns abzulehnen, zu verachten. Sie war uns gegenüber recht kritisch. Ich weiß nicht, worum es dabei ging, Eifersucht vielleicht. Sie hatte eine ziemlich scharfe Zunge und hat meine Frau öfter zu Tränen getrieben. Sie ließ an niemandem ein gutes Haar.«
Er schaute Challis hilflos an. »Meine Frau darf davon nichts erfahren. Sie dürfen diese Fotos niemandem zeigen. Wie viele haben sie bisher schon zu Gesicht bekommen?«
»Nur die
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