Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneckle im Elchtest

Schneckle im Elchtest

Titel: Schneckle im Elchtest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ruehle
Vom Netzwerk:
mal nichts«, erklärte ich schwach.
    »Da hast du recht«, meinte Steve zufrieden. »Du denkst schon in den richtigen Bahnen. Nieder mit allen spießbürgerlichen Zwängen. Aber mein Vater ist einfach so zufrieden mit Martha, dass er nicht mehr ohne sie sein will.«
    »Er ist mit ihr zufrieden?«, fragte ich entgeistert. »Was ist sie? Eine Waschmaschine?«
    »Nein, nein«, lachte Steve. »Sie ist einfach eine tolle Frau. Hübsch und schlank für ihr Alter, sehr tolerant und überhaupt nicht eifersüchtig. Außerdem mit ihrer Galerie ziemlich erfolgreich – sie stellt dort auch immer wieder Projekte von meinem Vater aus und ist generell sehr hingebungsvoll in ihrer Art. Genau so stelle ich mir dich in dreißig Jahren vor.«
    Etwas ratlos schaute ich ihn an. Ich war zwar jetzt schon recht hübsch. Aber dafür, dass ich in dreißig Jahren meinen Hintern verloren haben würde, wollte ich meine Hand nicht ins Feuer legen. Außerdem: Was sollte ich mit einer Galerie, in der ich Steves Bilder ausstellte? Der Kerl konnte nicht mal einen Kreis malen. Und wieso sollte ich so bescheuert sein und einem offensichtlich ständig fremdgehenden Mann hingebungsvoll den Hintern nachtragen?
    »Ich glaube, es hackt«, empörte ich mich deshalb.
    »Du hast Recht, ich habe dich noch gar nicht in unsere neueste Errungenschaft einsteigen lassen. Du kannst schon mal Probe sitzen. In ein paar Tagen hast du dann um einiges länger das Vergnügen«, erklärte mir der Falschversteher.

    In der Tat hatte ich nun das Vergnügen schon um einiges länger, als mir lieb war. Vierhundert Kilometer zuvor hatte die Kühlerhaube zu qualmen begonnen, was Steve auf dem nächsten Parkplatz wieder hinbekommen hatte. Ich wollte gar nicht wissen, wie.
    Zweihundert Kilometer danach war uns ein Reifen geplatzt, den ich dann wechseln durfte.
    »Wir wechseln bei den Pannen einfach immer ab«, hatte Steve gescherzt.
    Sehr lustig.
    Und nun machte mir seit ungefähr fünfzig Kilometern ein klopfendes Geräusch Sorgen. »Was ist das denn?«, wollte ich deshalb von Steve wissen.
    »Keine Ahnung. Am besten, du ignorierst es einfach und genießt die Aussicht«, war die Antwort.
    Der Kerl hatte vielleicht Nerven!
    Wenigstens dauerte mein Martyrium im klopfenden Juristen-Stinkbomber nicht mehr allzu lange. Denn der aufgeregte Steve steuerte grinsend mitten in die Hamburger Straßenschluchten und sang vor sich hin: »Jetzt sind wir gleich daha, jetzt sind wir gleich daha.« Die alte Heimat schien sehr belebend auf ihn zu wirken.
    An einer der wohl größten und am meisten befahrenen Kreuzungen Hamburgs deutete er schließlich wild fuchtelnd auf einen zugegebenermaßen recht schönen Altbau. »Da! Da wohnt im Erdgeschoss Elke.«
    Ich war schon sehr gespannt auf die siebenhundertachtunddreißigste Frau von Hartmut, Steves Erzeuger, die ihren Lebensunterhalt als Synchronsprecherin verdiente, obwohl sie taub sein musste. Jemand, der nicht taub war, konnte schließlich schlecht an dieser Kreuzung im Erdgeschoss wohnen.
    »Und da schimpfen immer alle über die Neckarstraße und behaupten, die Kreuzung am Neckartor sei diejenige mit der höchsten Feinstaubbelastung in ganz Deutschland. Das ist hiermit ja wohl widerlegt«, brabbelte ich vor mich hin.
    Steve sah das ganz anders, ließ das Fenster komplett herunter und nahm eine tiefe Nase voll. »Riechst du das?«, wollte er von mir wissen und gab mir gleich die Antwort: »
Das
ist Hamburg!«
    Ah ja. Schön trocken und staubig.
    Das entsprach zumindest den Vorurteilen, die wir Schwaben gegenüber der Hamburger Mentalität hegten. Was die Parkplatzsuche anging, stellte ich jedoch schnell Parallelen zu Stuttgart fest: Wir brauchten fast eine Stunde, bis wir einen Parkplatz in Laufreichweite fanden.
    Nach einer weiteren halben Stunde klingelten wir dann bei Elke. Ohne Ergebnis.
    »Die ist sicher nur schnell mal um den Block«, erklärte Steve. »Komm! Hier gibt’s gleich um die Ecke ein sehr nettes Café mit hervorragendem Hamburger Butterkuchen.«
    Ich trottete hinter ihm her. Leider fanden sehr viele andere Leute auch, dass das Café sehr nett war: Es war bis zum letzten Platz besetzt. Und der Butterkuchen war längst aufgefuttert – und zwar von unzähligen, sich arrogant gerade haltenden Blondinen mit kinnlangem Bob. Sie alle trugen Perlenketten, wahlweise über weißen Blüschen oder gebügelten Polohemden und hatten jeweils eine schwarze Doctor Bag auf dem Stuhl neben sich stehen.
    »Wo bin ich denn hier gelandet?«, fragte

Weitere Kostenlose Bücher