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Schneckle im Elchtest

Schneckle im Elchtest

Titel: Schneckle im Elchtest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ruehle
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ich entsetzt. »Sind das die Frauen von Stepford? Oder bekommt ihr hier in Hamburg nur Besenstiele mit Rizinusöl zu essen, wenn der Butterkuchen alle ist?«
    »Bitte?« Steve verstand kein Wort.
    »Na, die geklonten Mutantentussis da.« Ich wies vage in den Raum. »Die sehen grässlich verspannt aus. Ist es denn in Hamburg vorgeschrieben, sich so uniform zu kleiden? Ist das eure Tracht? Blüschen und Perlenkette? Da gefallen mir Bollenhüte besser.«
    Steve seufzte. »Das bringt hier nichts. Am besten, wir gehen zurück.«
    »Au ja. Ich bin müde und will eine Dusche«, nörgelte ich, während wir die humorfreie Zone verließen.
    »Das mit der Dusche musst du mit Elke besprechen«, merkte Steve zu meinem Erstaunen recht zögerlich an. »Elke wohnt in einer WG. Und soweit ich weiß, haben die strenge Regeln, was das Duschen angeht. Vielleicht kannst du ja ein paar Euro in die WG-Kasse stecken und die Regeln dadurch lockern ...«
    Das waren ja herrliche Aussichten. Ich wollte es trotzdem wenigstens versuchen. »Komm, Steve. Vielleicht ist WG-Elke ja jetzt da.« Auf dem Rückweg wollte ich dann noch wissen: »Wie alt ist Elke eigentlich, wenn sie in einer WG wohnt?«
    »Och, irgendwas um die fünfzig, höchstens Anfang sechzig, glaube ich, wieso?«, fragte Steve.
    Ich pfiff durch die Zähne. »Soweit ich weiß, ist dein Vater um die achtzig, oder?«
    »M-hm. Schon Mitte achtzig. Aber gefühlte fünfzig«, antwortete Steve.
    »Trotzdem. Ein ganz schöner Altersunterschied ...« Ich rechnete weiter. »Da hattest du es im Kindergarten und in der Schule auch nicht leicht, oder?«
    »Wieso?«, fragte Steve verwundert.
    »Na, hat dich denn nie jemand gefragt, ob dich immer dein Opa abholt?«, wollte ich wissen.
    Steve schaute mich verständnislos an. »Jeder kennt doch meinen Vater. Das hätte sich keiner getraut.«
    Ich schaute skeptisch. »Hast du denn wenigstens eine junge Mutter?«
    »Meine Mutter ist sogar sehr jung«, empörte sich Steve. »Gefühlte vierzig, höchstens!«
    »Dann wäre sie bei deiner Geburt ganze acht Jahre alt gewesen«, klärte ich den Wunderknaben auf. »Und das gibt’s noch nicht mal in den Ländern, in denen Achtjährige verheiratet werden.«
    Steve verdrehte entnervt die Augen. »Ich meinte ja auch, dass sie
gefühlte
vierzig ist. Martha ist fünfundsechzig. Zufrieden jetzt? Können wir die Rechnerei mal sein lassen? Du lernst die doch alle morgen kennen.«
    »Ja, oder übermorgen. Oder überübermorgen, wenn die blöde Rostlaube unterwegs schlappmacht«, maulte ich vor mich hin.
    Steve zog es vor, mein Gemotze zu überhören, und klingelte noch einmal bei Elke.
    Nichts.
    »Das ist mir jetzt zu blöd. Hast du ihr denn nicht Bescheid gegeben, wann wir kommen?«, wollte ich wissen.
    »Doch, schon. Aber wir sind ein paar Stunden zu spät dran. Wahrscheinlich wollte sie nicht die ganze Zeit zuhause herumhängen. Mir fällt da aber noch ein anderes Café ein, in dem es sehr leckeren ...«
    »Ich will’s nicht wissen«, klärte ich Steve auf. »Da ziehe ich es vor, mich auf den Gehweg zu setzen und auf Elke zu warten.«
    »Das musst du gar nicht«, grinste Steve. »Ich kenne nämlich Elkes heimlichen Eingang über die Terrasse. Da können wir mit einem Griff ganz leicht die Tür aufhebeln und es uns schon mal im Wohnzimmer bequem machen. Außerdem muss ich mal. Also komm schon! Wir müssen auch gar nicht so viel klettern.« Er zog mich hinter sich her.
    Klettern, auch das noch. Ich trottete seufzend hinter Steve her, der mich zum Mülltonnen-Abstellplatz führte, der von einer schmucken Betonmauer eingefasst war.
    »Da müssen wir jetzt hoch. Ich geh zuerst. Du gibst mir dann die Tasche, die kann ich schon mal in den Garten werfen. Dann springen wir runter. Fertig.« Er strahlte mich an wie ein Dreijähriger den Weihnachtsbaum.
    Aus der Nummer kam ich nicht raus, auch wenn ich etwas skeptisch war. Steve kletterte bereits unelegant auf eine Restmülltonne. Ein großer Sportler war er nicht. Aber das hätte sich ja wohl auch kaum mit seinem Zigarettenkonsum vertragen.
    Die Sache mit den Mülltonnen stank auf jeden Fall im wahrsten Sinne des Wortes. Doch ich hatte kaum eine andere Option und reichte Steve schließlich unsere Tasche, die in den Garten segelte. Steve streckte mir auffordernd seine Hand entgegen. Wenn ich nach dieser Aktion keine Dusche bekam, würde ich einen Mord begehen, beschloss ich innerlich, während ich ebenso unelegant ächzend wie Steve auf die Mülltonne kletterte. Auch als

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