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Schneckle im Elchtest

Schneckle im Elchtest

Titel: Schneckle im Elchtest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ruehle
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Glückspilz!«
    Steve strahlte nicht ganz so sonnig. »Sabine, jetzt warte mal. Die sind alle völlig begeistert, du wirst sehen, jetzt sind sie nur etwas, nun, überrascht.«
    »Ha!« Hartmut schüttelte eine Faust Richtung Himmel. »Die sind eher wie vom Donner gerührt, würde ich sagen!«
    Da überraschte mich eine freundliche Stimme: »Das mit dem Sekt halte ich für eine großartige Idee. Wenn ihr mir sagt, wo ich ihn finde, kann ich auch gleich ...«
    Am Tisch hatte sich der gescheitelte, ältere Herr erhoben, der mir vorher so nett zugenickt hatte und der sich in dieser Runde auch sonst recht merkwürdig ausnahm: Er war nicht nur gut gekleidet, konnte sich anscheinend normal artikulieren, war glatt rasiert und auch sonst sehr gepflegt. Nun blickte er auffordernd und sehnsuchtsvoll in die Runde.
So
stellte sich mein Vater seinen Gegenschwieger vor. Was machte der denn hier?
    Noch während ich mir den Kopf darüber zerbrach, fuhr ihm eine der Frauen, die vorher auf Steve zugestürmt war, über den Mund: »Papa, setz dich bitte. Du weißt, dass es erst an meinem Geburtstag etwas zu trinken gibt. Der Alkohol in Schweden ist zu teuer. Und die paar Flaschen, die wir hierhergeschmuggelt haben, sind einfach zu wenig, um sie vorher sinnlos zu verschleudern.«
    »Wer ist die Hyäne? Und warum gibt’s hier nix zu trinken?«, zischte ich Steve zu.
    »Jetzt sei doch nicht so zickig«, zischte der zurück. »Ich stelle dir ja schon alle vor. Kannst du nicht verstehen, dass sie ziemlich überrascht sind?«
    »Das sieht aber ganz und gar nicht nach Überraschung aus«, erklärte ich trocken. »Sondern mehr nach Trauma. Schau dir die langen Gesichter doch mal an!«
    »Für die langen Gesichter können die nix. Irgendwo in der Familie war ein Pferd unterwegs. Das ist vererbt. Und jetzt komm endlich. Wenn sie dich erst näher kennen, werden sie begeistert sein«, entgegnete mein Holder ungeduldig. Mit »Fangen wir doch bei meiner Mutter an. Martha, das ist Sabine, Sabine, meine Mutter, Martha« eröffnete mein Herzallerliebster den bunten Reigen fröhlicher Vorstellungen.
    »Sabine, mhm.«
    Die kleine, zierliche Frau, die Steve vorher um den Hals gefallen war, schielte mich über den oberen Rand einer mächtigen, getönten Eulenbrille mit Eulenaugen streng an. Die einzige Familienähnlichkeit mit ihrem Filius bestand zum Glück in den außergewöhnlichen Haaren: Auch wenn ihre nur noch strähnchenweise hellrot, ansonsten grau und weiß waren, zählte sie doch nach wie vor unverkennbar zu den ein bis zwei Prozent der Weltbevölkerung, die tatsächlich mit roten Haaren gesegnet waren. Und ganz offensichtlich hatte sie die »Ginger«-Gene an Steve weitergegeben. Die Locken dagegen hatte Hartmut beigesteuert.
    Kurz schauderte es mich bei dem Gedanken, dass mein Verlobter eine Mischung aus diesen beiden Vorlagen war. Zumal Martha einen wenig kleidsamen weiten Kaftan in grellbunten Farben trug.
    Sie schüttelte einen der Ärmel. Wundersamerweise erschien daraus eine schlaffe kalte Hand, deren Fingerspitzen sie mir gnädigerweise entgegenhielt. Ich ergriff beherzt die schlaffen Fingerspitzen, die sich fatal nach totem Fisch anfühlten. Diesem drückte ich erst einmal die Luft ab.
    »Ich freue mich sehr, Sie kennen zu lernen«, log ich, ohne rot zu werden. »Steve hat schon viel von Ihnen erzählt. Von Ihrer Galerie und wie, äh, tolerant und hingebungsvoll Sie sind.«
    »Mhm.« Jetzt blickte sie über den Rand ihrer Brille strafend in Richtung Steve, der versuchte, mir auf den Fuß zu treten. Feixend hüpfte ich aus seiner Reichweite.
    Als Nächstes wies er auf das andere Pferdegesicht, das ihm um den Hals gefallen war. »Das ist meine Schwester Edith, das Geburtstagskind und unsere Gastgeberin.«
    Edith, die ebenfalls in ein bodenlanges, buntes Gewand gehüllt war – das sie, anders als Martha, mehr als ordentlich ausfüllte –, quälte sich ein bittersüßes »Hallo« ab und reichte mir ihrerseits einen toten Fisch.
    Die Familienähnlichkeit mit Martha war frappierend! Dabei war sie doch gar nicht ihre Tochter. Edith musste dem Alter nach aus Hartmuts dritter oder vierter Ehe sein. Wer wohl ihre Mutter war? War das ein Kuddelmuddel!
    Verstohlen suchte ich nach einem ungefähr siebzigjährigen Pferdegesicht mit fettigen, schwarzen Schnittlauchlocken, die einen wunderbar freien Blick auf abstehende Ohren gestatteten – und landete gleich mehrere Treffer. Die Lüftung des Rätsels musste wohl noch etwas warten. Bis dahin durfte ich

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